Gut 600.000 Euro hatte es gekostet, den BRK-Standort an der Günzburger Parkstraße zu sanieren und zu erweitern. Im Sommer 2018 war die Einweihung gefeiert worden, da war der damalige Kreisgeschäftsführer Werner Tophofen, in dessen Amtszeit die Planung fällt, bereits seines Amtes enthoben. Wirklich glücklich war man insbesondere in den Reihen des Rettungsdienstes mit dem Projekt ohnehin nicht gewesen, die Verbesserungen wurden als marginal bezeichnet. Der Nach-Nachfolger von Tophofen, Daniel Freuding, hat von Anfang an die Notwendigkeit gesehen, hier grundsätzlich etwas zu ändern. Und nun sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung: Er will einen Neubau in Günzburg. Einen Standort hat er bereits im Blick.
Dass das Geld für die Sanierung „für die Tonne war“, gibt er unumwunden zu. Aber eine Zukunft am bisherigen Standort könne es aus mehreren Gründen nicht geben. Zum einen sei der Altbau energetisch gesehen ein großes Problem und verschlinge viel Geld. Zum anderen seien die Arbeitsbedingungen gerade für den Rettungsdienst nicht tragbar. So müsse etwa nach Fahrten mit hoch infektiösen Patienten die Dienstkleidung noch in der Garage zur Reinigung abgelegt werden und man sich danach duschen. Doch hier gehe das Personal nach dem Ablegen der Kleidung zunächst in Einmal-Schutzanzügen über den Hof und dann zu den Duschen, weil es solche nicht in der Garage gibt.
Der BRK-Standort im Wohngebiet ist nicht mehr tragbar
Auch breche die Stromversorgung für die Einsatzfahrzeuge mitunter zusammen, und es sei davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren die Wagen noch größer werden – und die Räume somit zu klein. Auch werde der Rettungsdienst angesichts der wachsenden Bevölkerung in der Region und dem zunehmenden Verkehr auf der A8 sicher mehr Fahrzeuge bekommen. Welcher Träger sie erhält, sei eine andere Frage. Auch in einem Wohngebiet mit spielenden Kindern eine Rettungswache zu haben sei nicht unproblematisch; den Nachbarn ist er dankbar, dass sie das bislang noch so mittragen. Die Wachen-Räume seien früher Wohnungen gewesen und daher nur bedingt für den jetzigen Zweck geeignet, die Waschhalle habe sogar wegen Schimmelbefalls zeitweise gesperrt werden müssen.
Freuding will daher nun prüfen, ob die Option weiter gilt, auf einem Grundstück der Bezirkskliniken bauen zu dürfen. Planungen dafür stammen bereits aus dem Jahr 2010, das Areal liegt an der Ludwig-Heilmeyer-Straße südlich des Parkplatzes. Angedacht gewesen sei, dort einen gemeinsamen Standort für BRK und Feuerwehr zu schaffen, was angesichts des Neubaus der Wehr so natürlich obsolet sei. Neben dem Rettungsdienst solle auch die Verwaltung dorthin ziehen, Vorbild ist für ihn ein Neubau des Roten Kreuzes in Neu-Ulm.
2023 könnte das Rote Kreuz innerhalb von Günzburg umziehen
Der Geschäftsführer denkt darüber nach, dass das BRK die Räume mietet. Das bisherige Grundstück könnte für die Finanzierung des Projekts, dessen Kosten er noch nicht beziffert, genutzt werden. Die Gebäude selbst seien wohl eher uninteressant. Nach seinem Plan will er im nächsten Jahr die Zustimmung des Präsidiums des BRK-Landesverbands einholen, zudem stehen auch auf Kreisebene 2021 Neuwahlen an, sodass ein neuer Vorstand von Anfang an in das Projekt involviert wäre. Wenn alles klappt, könne man 2023 in den wohl dreistöckigen Neubau umziehen.
In diesem Jahr, 2020, würden die Weichen gestellt, denn im vergangenen sei der Gesamtfehlbetrag des Kreisverbands nach bisherigen Berechnungen auf knapp 1,4 Millionen Euro angewachsen. Wenn dieses Jahr die Trendwende gelinge, stünden die Chancen gut, die Zustimmung zu bekommen. Wenn nicht, sei die Zukunft des BRK im Landkreis offen. Es entscheide sich jetzt, wie es weitergeht – beim Roten Kreuz in der Region und für ihn selbst, eben ob die Gremien auch weiter Vertrauen haben, dass er das Ruder herumreißen kann.
Vorheriger Geschäftsführer wollte sogar die Temperatur absenken
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Mathias Wenzel, der sogar die Weihnachtsfeier abschaffen und die Temperatur in den Räumen an der Parkstraße habe senken wollen, um Kosten zu sparen, geht Freuding einen anderen Weg. Man müsse zwar darauf achten, bei den Ausgaben Maß zu halten – er geht mit gutem Beispiel voran und hat einen sparsameren Dienstwagen für sich beschafft, einen Dacia Duster. Aber Freuding will den Umschwung mit einem Ausbau der Tätigkeiten schaffen. So habe Wenzel den Bereich der Sozialstation zusammengestrichen, er will ihn behutsam wieder vergrößern. 2021 soll der Weg in Richtung schwarzer Null gehen und mit einer neuen Kampagne sollen wieder mehr Fördermitglieder gewonnen werden, deren Zahl derzeit weiter sinke.
Zum Richtungswechsel gehört aber auch, wieder genauer hinzusehen. Zeitweise sei das eigene Handeln nicht mehr reflektiert worden, zeitweise seien Controlling und Buchhaltung im Wechsel von 2017 auf 2018 vakant gewesen. Teils seien Rechnungen jahrelang nicht bezahlt worden, weil man sie immer und immer wieder habe juristisch prüfen lassen. Das sei nun abgestellt. Und da die Zeichen auf Wachstum stünden, sehe er derzeit auch keinen Bereich, den man aufgeben müsse.
Auch in Krumbach müsste dringend eine neue Rettungswache her
Derweil steht nicht nur in Günzburg ein Neubau auf der Prioritätenliste ganz oben, sondern auch in Krumbach für die dortige Rettungswache. Dort seien die räumlichen Bedingungen noch schlimmer, gefühlt sei dort nie mit einem Plan etwas instandgehalten worden. „Und jetzt hat es auch noch einen Ausfall der Heizung gegeben.“ Dass dem Kreisverband, der als Sanierungsfall gilt, noch solch große Projekte von den höheren Ebenen bewilligt werden könnten, wäre nach Freudings Worten nicht ungewöhnlich. Aber es werde genau auf die Kreisebene geschaut. So habe man sich zu lange und zu intensiv Geld vom BRK-Landesverband geholt, weshalb es nun lieber gesehen werde, stattdessen den freien Markt zu nutzen.
Ein Zeichen des Aufbruchs ist indes auch, den neuen Standort in Kötz (wir berichteten) in Betrieb zu nehmen. Ende März ende der Mietvertrag für die Fahrzeuge auf dem Ex-Münz-Areal in Günzburg, und bis dann solle der Umzug über die Bühne gegangen sein. Auch will Freuding die Entlastung des Ehrenamts durch die Verwaltung vorantreiben, das gegenseitige Kennenlernen fördern – auch mit dem „Reinschnuppern“ in andere Arbeitsbereiche – und die Wahlen nächstes Jahr vorbereiten. Der Geschäftsführer will übers Ehrenamt informieren und „Menschen in Verantwortung locken, die sie sich nicht zutrauen würden“.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Christian Kirstges:
Neuer Chef bringt Rotes Kreuz im Landkreis auf richtigen Weg
Und lesen Sie hier weitere Artikel zum Roten Kreuz im Landkreis Günzburg:
Nach großen Problemen: Demenz-WG des BRK ist fast voll belegt
Kleinkötz wird größter BRK-Standort im Landkreis
Neuer Chef: BRK im Kreis Günzburg "hat ein Eigenleben entwickelt"
BRK unterliegt erneut: RTW bleibt bei Johannitern in Kötz
Nach den Querelen: Wieder mehr Zuversicht für BRK im Landkreis
Neuer Geschäftsführer hat „oberste Priorität“