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Landkreis Günzburg: Schwarzarbeit: Ex-Bauunternehmer muss in Haft

Landkreis Günzburg

Schwarzarbeit: Ex-Bauunternehmer muss in Haft

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    Ex-Bauunternehmer Peter Leitenmaier wurde gestern vor dem Landgericht Augsburg zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Er hatte systematisch Kranken- und Sozialkassen geprellt.
    Ex-Bauunternehmer Peter Leitenmaier wurde gestern vor dem Landgericht Augsburg zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Er hatte systematisch Kranken- und Sozialkassen geprellt. Foto: Bernhard Weizenegger (Archivfoto)

    Zwei Jahre und vier Monate Haft – so lautet das Urteil des Landgerichts Augsburg gegen Peter Leitenmaier. 372 Fälle von Veruntreuens von Arbeitsentgelt, 120 Fälle von Betrug sah die 10. Strafkammer um Richter Wolfgang Natale als erwiesen an. Unter der Regie des ehemaligen Unternehmers und Thannhauser Ex-Stadtrats sei in dem Unternehmen ein System geschaffen worden, um Scheinselbstständige zu beschäftigen und die Sozial- und Krankenkassen zu prellen.

    Scheinselbstständige bei Firma Leitenmaier beschäftigt

    Zwischen April 2006 und Mai 2012 arbeiteten für die Firma neben ihren 400 regulären Mitarbeitern auch noch selbstständige Maschinenführer, die bei starker Auftragslage zum Einsatz kamen. Doch in der Verhandlung zeigte sich, dass diese Männer keineswegs eigenständige Unternehmer waren, sagte Richter Natale: „Wenn die Männer nicht gebraucht wurden, gingen manche in den Wald und haben Holz geschlagen. Wir hatten auch einen Fall, wo der Zeuge nebenberuflich Elektroartikel verkauft hat.“

    Die angeblich Selbstständigen trugen kein unternehmerisches Risiko, sie bekamen die Arbeitsgeräte gestellt, arbeiteten nach den Weisungen des Unternehmens und hatten Vorgaben für Krankmeldungen. All diese Faktoren sprächen für eine Scheinselbstständigkeit: „Hier liegt auch kein Grenzfall vor, sondern das ist eindeutig so zu qualifizieren“, sagte Natale. Aufgrund der langen Dauer müsse man von einem systematischen Vorgehen ausgehen.

    Sozialkasse um eine halbe Million Euro betrogen

    Dazu gehören auch Fälle von „Lohnsplitting“: Dabei wurden reguläre Mitarbeiter bei einer zweiten Firma der Unternehmensgruppe als 450-Euro-Jobber angemeldet und bekamen über diesen Weg Überstunden und Wochenendvergütungen ausbezahlt. Zum beiderseitigem Vorteil – die Mitarbeiter und die Firma sparten dadurch Abgaben. Insgesamt entstanden Kranken- und Sozialkassen sowie der Sozialkasse Bau ein Schaden von 550000 Euro. Durch Anstellungen in verschiedenen Firmen der Gruppe wurden zudem die Kontrollmechanismen der Kassen umgangen. Dadurch unterscheide sich der Fall auch von anderen Fällen von potenzieller Schwarzarbeit: „Hier wurden bewusst entsprechende Systeme und Verschleierungsmechanismen geschaffen“, sagte Natale. Peter Leitenmaier sei voll ins Tagesgeschäft involviert gewesen und habe von den Praktiken zumindest gewusst.

    Motiv seien finanzielle Überlegungen gewesen, konstatierte der Richter. Das Unternehmen habe sich keinen maßgeblichen Wettbewerbsvorteil verschafft. „Es ist auch nicht gesagt, dass es bei anderen Firmen nicht ähnliche Systeme gegeben hat“, sagte Natale. Aber durch die Kunstgriffe habe man sich mehr Flexibilität verschafft. Bei legaler Vorgehensweise hätte der Unternehmer mehr Risiko und Kosten gehabt, sagte der Richter.

    Daher kam das Gericht trotz des bisher unbescholtenen Lebens des Unternehmers und der geleisteten Wiedergutmachung des Schadens zum Strafmaß von zwei Jahren und vier Monaten Haft. Leitenmaier bekam einen „Rabatt“ von zwei Monaten, weil sich das Verfahren über vier Jahre hinzog und er bereits in Untersuchungshaft gesessen hatte.

    Firmenchef gesteht vor Gericht zu spät und muss ins Gefängnis

    Eine mildere Strafe hat sich der Angeklagte wohl auch mit seinem Aussageverhalten verbaut. Beim ersten Prozesstermin im April hatten sich die Parteien bei Vorgesprächen geeinigt, dass Leitenmaier ein Geständnis ablegt im Gegenzug für eine milde Strafe – vermutlich eine, die noch zur Bewährung hätte ausgesetzt werden können. Diese Vereinbarung ließ der Angeklagte aber platzen. Im gestrigen Prozess räumte er die Taten zwar ein, aber erst spät in der Beweisaufnahme: Das habe sich nicht strafschärfend ausgewirkt, aber „ein Geständnis zu Beginn wird natürlich mehr berücksichtigt als eines, das erst kommt, wenn die Beweisaufnahme ungünstig gelaufen ist“, sagte der Richter.

    Gegen das Urteil kann Revision eingelegt werden. Leitenmaiers Verteidiger Florian Engert und Walter Rubach haben eine Woche Zeit, um die Überprüfung auf Rechtsfehler zu beantragen.

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