![](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/modal-user-780w.jpg)
Regenwald: Günzburger Verein spricht von einer Vernichtungswelle
![Blick auf ein Waldgebiet, in dem der linke Teil des Waldes durch Waldbrände komplett zerstört wurde. Blick auf ein Waldgebiet, in dem der linke Teil des Waldes durch Waldbrände komplett zerstört wurde.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Die Urwaldschützer aus Günzburg sind tief berührt vom Schicksal der Regenwälder Amazoniens.
Seit der Gründung im Jahr 2003 bemüht sich der Günzburger Verein Faszination Regenwald um den Schutz der tropischen Regenwälder. Der Vorsitzende Bernhard Lohr hat viele Jahre als Wissenschaftler im Amazonas-Regenwald von Französisch-Guayana gearbeitet. „Ich bin deshalb auch persönlich tief berührt von der derzeitigen Vernichtungswelle der Regenwälder Amazoniens.“
Noch immer, schreibt der Vereinsvorstand in einer Stellungnahme, wird die Dramatik nicht erkannt. „Sich auf die Löschung der Brände zu beschränken und im Anschluss über Möglichkeiten zur Wiederaufforstung nachzudenken, wie vor wenigen Tagen von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem G7-Gipfeltreffen in Biarritz gefordert, ist bei Weitem nicht ausreichend.“
Viel mehr als die grüne Lunge der Welt
Der erdballumspannende tropische Waldgürtel sei sehr viel mehr als ein riesiger Kohlenstoffspeicher. „Die Bedeutung des tropischen Regenwaldes übersteigt seine Funktion als die grüne Lunge unserer Erde. Mit den derzeit stattfindenden gigantischen Waldbränden in Amazonien werden nicht nur Milliarden an Tonnen Kohlendioxid freigesetzt und der Klimawandel weiter angeheizt, sondern darüber hinaus wird die derzeitige globale Artenkrise aufs Massivste verschärft.“
Das liegt Lohr zufolge daran, dass ein Großteil der landgebundenen Artenvielfalt seinen Lebensraum in den tropischen Regenwäldern hat. „Man kennt heute 1,8 Millionen an unterschiedlichen Tier-, Pflanzen-, Pilz- und Mikroorganismen-Arten. Die Wissenschaft geht davon aus, dass aber insgesamt mehr als 30 Millionen an unterschiedlichen Arten auf der Erde vorkommen, die meisten davon noch unentdeckt in den Kronen tropischer Urwaldriesen“, sagt der promovierte Biologe.
Artensterben wird vom Menschen angeheizt
Mit der gigantischen Brandrodung der tropischen Regenwälder werde nicht nur das Ökosystem Erde infrage gestellt, das ohne tropische Regenwälder nicht funktioniere. „Es wird das sechste große, vom Menschen verursachte, Artensterben in der Geschichte des Lebens auf ungeahnte Weise weiter angeheizt.“
Der Motor für die Zerstörung der globalen Regenwälder sei überall der gleiche: Erst würden die wertvollen tropischen Urwaldriesen gefällt und als zweiter Schritt würden Brände gelegt, um das Land von der restlichen Vegetation zu „befreien“. Derzeit erledigen das allein in Amazonien ungefähr 82000 Brände.
Soja für Europas Ställe
Auf diesen so vorbereiteten Flächen werden Grassamen ausgebracht, damit Rinder weiden können (allein in Brasilien über 215 Millionen) oder sie werden als Anbaufläche von Soja verwendet. Soja wird als Viehfutter in der chinesischen Schweinezucht oder als wertvolle Proteinquelle für die Millionen Tiere in Europas Ställen verwendet. „Ohne Sojaimporte aus den Tropen ist die europäische Massentierhaltung in den derzeitigen Dimensionen nicht denkbar.
Deshalb sind die Ansätze der deutschen Bundeskanzlerin und des französischen Staatspräsidenten nur Pflaster auf akute Wunden. Wenn Europa es ernst meinen würde mit einem Schutz der tropischen Regenwälder, müsste es seine Exportorientierung und Massenproduktion in der Landwirtschaft zugunsten einer lokalen und ökologisch orientierten Nahrungsmittelproduktion aufgeben.“
Wo sich Politik radikal ändern muss
Ähnliches gelte für die Energiepolitik. Hier würden Millionen Tonnen an Biodiesel aus tropischen Ölpalmen eingesetzt. Die Ölpalme wird in riesigen Mengen vor allem in Malaysia und Indonesien angebaut. Auf Flächen, die zuvor durch Brandrodung „gereinigt“ werden müssen. Europa reduziert seine Kohlendioxid-Emissionen durch vermeintlichen „Biodiesel“ und dafür lösen sich an anderer Stelle die Lebensräume von Millionen Tier- und Pflanzenarten in Rauch auf“, sagen die Verantwortlichen von Faszination Regenwald und fordern „eine radikale Änderung in der europäischen Agrar- und Energiepolitik zum Schutze der letzten noch verbliebenen tropischen Regenwälder mit ihrem unglaublichen Artenreichtum“. (zg)
Die Diskussion ist geschlossen.