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Landkreis Günzburg: Ökumenischer Religionsunterricht hat seine Grenzen im Kreis Günzburg

Landkreis Günzburg

Ökumenischer Religionsunterricht hat seine Grenzen im Kreis Günzburg

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    In Bayern dürfen aktuell katholische und evangelische Kinder gemeinsam im Religionsunterricht sitzen und über Jesus, den guten Hirten und andere biblische Geschichten reden. Möglich ist auch, dass Ethik und Religion zusammengefasst werden und so die ganze Klasse zusammenbleiben kann.
    In Bayern dürfen aktuell katholische und evangelische Kinder gemeinsam im Religionsunterricht sitzen und über Jesus, den guten Hirten und andere biblische Geschichten reden. Möglich ist auch, dass Ethik und Religion zusammengefasst werden und so die ganze Klasse zusammenbleiben kann. Foto: Sandra Kraus (Symbolbild)

    Reli und Ethik, das waren immer Unterrichtsstunden, in denen sich die Klasse neu sortierte und katholische, evangelische, andersgläubige und konfessionslose Schüler neue Gruppen bildeten. Jetzt könnte es grundsätzlich auch gemeinsam gehen – im Landkreis aber geht man damit unterschiedlich um.

    Kirchen und Kultusministerium haben in Bayern temporäre Kooperationsformen entwickelt. Vier Modelle gibt es während der Pandemie, manche schließen den Ethikunterricht mit ein. Ihnen gemeinsam ist, dass alle betroffenen Lehrkräfte und Eltern zustimmen müssen. Ihr Ziel ist, dass sich weniger Kinder am Coronavirus anstecken, wenn sie in Religion oder Ethik nicht klassenübergreifend unterrichtet werden. An der Realschule in Krumbach wird wohl keines dieser Modelle umgesetzt werden. Konrektor Hermann Bicker erklärt: „Nicht alle Lehrer waren dafür. Religion ist nicht umsonst konfessionsgerichtet.“

    Bicker ist selbst Religionslehrer und verweist auf die Missio canonica, die jeder katholische Religionslehrer erworben habe, und auf die Vocatio, den kirchlichen Auftrag der evangelischen Kirche an ihre Religionslehrer. Man könne die Konfession doch nicht einfach abstreifen. Im Zweifel sei es besser, mit Religionsstunden zu pausieren.

    In der Not unterrichtet Günzburger Pfarrer dieses Schuljahr nicht

    Christian Hörtrich ist Schulleiter von Maria-Ward-Gymnasium und Maria-Ward-Realschule in Günzburg. Beide Schulen gehören zum Schulwerk der Diözese Augsburg, der christliche Religionsunterricht gehört zum Schulprofil. Ethik wird nicht unterrichtet. Konfessionslose, islamische, jüdische oder orthodoxe Schüler entscheiden sich beim Schuleintritt für katholische oder evangelische Religion. Das Kooperationskonzept wird an den Maria-Ward-Schulen in Günzburg realisiert. Hörtrich sagt: „Religionsunterricht hat einen hohen Stellenwert. Und wir haben am Gymnasium wegen der Fremdsprachen und an der Realschule wegen der Wahlpflichtfächer immer klassenübergreifenden Unterricht. Das Hygienekonzept ist darauf abgestimmt.“

    Pfarrer Christoph Wasserrab, Leiter der Pfarreiengemeinschaft Günzburg, unterrichtet dieses Schuljahr nicht. Er findet: „In dieser außergewöhnlichen Lage müssen wir Kompromisse schließen. Es ist eine Notlösung.“ Für den Unterricht sei es eine Herausforderung, wobei katholisch und evangelisch einfacher zusammengingen, während der Ethikunterricht andere Schwerpunkte setze. Auch müssten Lehrpläne erfüllt werden. „Auf jeden Fall bietet sich die Chance, von den anderen Religionen zu hören“, gewinnt Wasserrab der Ausnahmesituation Positives ab.

    Auch die Muslime sollen eingebunden werden

    Noch im November startet die Grundschule Reisensburg mit Reli für alle. Der evangelische Pfarrer Alexander Bauer wird sich mit dem katholischen Kaplan Norbert Rampp wöchentlich abwechseln. Für Pfarrer Bauer ändert sich einiges. „Wir sind hier in der Diaspora. Normalerweise unterrichte ich die evangelischen Kinder der 3a, 3b, 4a und 4b in einer Stunde. In Zukunft ist es konfessionsgemischt die 3b.“ Auch Bauer findet, dass katholisch und evangelisch locker zusammengehe. Bibelgeschichten und Lehrpläne seien sich ähnlich, trotz mancher Ausnahmen. „Man bricht sich keinen Zacken aus der Krone, beide Konfessionen zusammen zu unterrichten“, findet er. Man müsse der Not gehorchen. Auf jeden Fall sei es ein spannendes Experiment. „Wichtig ist, dass man sich versteht. Hier in Günzburg haben wir eine wunderbare Ökumene. Und wer weiß, vielleicht bleibt es ja bei ökumenischen Unterrichtseinheiten?“

    Bauer und Rampp werden abwechselnd im November über Tod und Sterben reden und im Dezember im Advent mit Geschichten über die Heiligen Barbara, Lucia und Nikolaus in Richtung Weihnachtsfest gehen. „Wir werden auch fragen, wann die Muslime Geschenke bekommen und so das islamische Zuckerfest kennenlernen, auch wenn es nicht im Dezember, sondern am Ende der Fastenzeit stattfindet.“

    Große Veränderungen für eine Religionslehrerin

    Wird ein evangelischer Pfarrer Erstkommunionunterricht geben? Pfarrer Bauer sagt: „Das kommt darauf an, wie lange das Modell des kooperativen Religionsunterrichts geht. Nicht alles wird gehen. Aber ich könnte auf jeden Fall von der evangelischen Konfirmation erzählen oder von der jüdischen Bar-Mizwa für Buben und von der Bat-Mizwa für Mädchen.“

    Große Veränderungen gab es für Gemeindereferentin Gabi Pohl. Die katholische Religionslehrerin unterrichtet in Günzburg seit Kurzem an der Grundschule Süd-Ost eine dritte Klasse konfessionsverbindend in evangelischer und katholischer Religion. An ihrem zweiten Einsatzort, der Grundschule Auf der Bleiche, gibt sie einer kompletten vierten Klasse Ethikunterricht. „Die erste Stunde war spannend. Die Themen wurden so gesucht, dass sie auch in jedem Lehrplan enthalten sind. In der vierten Klasse wählten wir Weltreligionen, in der dritten Klasse Exodus, das zweite Buch Mose.“

    "Die Kinder sind aufgeschlossen und neugierig"

    Etwas Wehmut schwingt mit, als Pohl von der letzten Religionsstunde ausschließlich mit katholischen Drittklässlern erzählt: „Wir waren eine kleine Gruppe und gut unterwegs in Richtung Erstkommunion. Ganz klar, wir machen das Beste draus, die Kinder sind aufgeschlossen und neugierig. Je nachdem wie lange die Ausnahmeregelung gilt, wird es eine Herausforderung für den Kommunionunterricht im Frühjahr. Und eigentlich unterrichte ich schon gerne katholische Religion.“

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