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Landkreis Günzburg: Mordfall Mirco: Firma aus Offingen liefert den entscheidenden Tipp

Landkreis Günzburg

Mordfall Mirco: Firma aus Offingen liefert den entscheidenden Tipp

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    Nur einen Millimeter groß ist das Stück der Faser, die bei der Aufklärung des Mordfalles Mirko geholfen hat. Die BWF Group Offingen gab mit der Analyse der Originalfaser, die die beiden Textillaborantinnen Marianne Aschenbrenner (vorne) und Sabine Porzel in 80-facher Vergrößerung auf dem Bildschirm betrachten, der Soko der Polizei den entscheidenden Hinweis auf den Täter. Gestern wurde das Urteil in dem Fall gesprochen.
    Nur einen Millimeter groß ist das Stück der Faser, die bei der Aufklärung des Mordfalles Mirko geholfen hat. Die BWF Group Offingen gab mit der Analyse der Originalfaser, die die beiden Textillaborantinnen Marianne Aschenbrenner (vorne) und Sabine Porzel in 80-facher Vergrößerung auf dem Bildschirm betrachten, der Soko der Polizei den entscheidenden Hinweis auf den Täter. Gestern wurde das Urteil in dem Fall gesprochen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Das Krefelder Landgericht hat den 45-jährigen Olaf H. für den Mord an dem zehnjährigen Mirco aus Grefrath am Niederrhein gestern zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht stellte zugleich die besondere Schwere seiner Schuld fest. Damit ist eine Entlassung aus der Haft nach 15 Jahren so gut wie ausgeschlossen.

    Was aber kaum jemand weiß, ist, dass in den spektakulären Fall, der bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hat, auch ein Unternehmen aus dem Landkreis Günzburg eingebunden war. Die BWF Group aus Offingen hat bei der Aufklärung im Mordfall Mirko entscheidend geholfen.

    Etwa 1300 Mitarbeiter

    Entsprechend froh und stolz ist man bei dem führenden Hersteller von textilen Filtermedien für die industrielle Entstaubung, Kunststoffprofilen, technischen Filzwerkstoffen und Wollfilzen. Sie hat weltweit zehn Produktionsstandorte und etwa 1300 Mitarbeitern und verfügt nach eigenen Angaben über die deutschlandweit führende technische Laborausrüstung zur Faseranalyse.

    Anfang Dezember 2010 erhielt der Zentralbereich Forschung & Entwicklung der BWF Group in Offingen einen ungewöhnlichen Anruf: Die Sonderkommission (Soko) Mirko der Polizei Mönchengladbach rief an und bat um Mithilfe bei der Faseranalyse der gefundenen Spuren in diesem Mordfall. Ein Laborgerätehersteller hatte die Beamten der Soko Mirko an die Offinger Firma verwiesen. Diese verfüge über eine Hightech-Laborausrüstung, mit der Faseranalysen auf höchst wissenschaftlichem Niveau durchgeführt werden könnten.

    Faser aus dem Sitzpolster des Täterfahrzeugs

    Fälle getöteter Kinder in Deutschland

    Februar 2002: Am Rosenmontag 2002 steigt ein junger Mann in das Haus einer Familie in Gersthofen und ermordet die zwölfjährige Vanessa. Der Täter wird gefasst und zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt.

    6. Mai 2004: Die achtjährige Levke aus Cuxhaven verschwindet nach der Schule. Dreieinhalb Monate später wird ihre skelettierte Leiche in einem Sauerländer Waldstück gefunden. Der Täter tötet am 30. Oktober 2004 auch den achtjährigen Felix. Er wird 2005 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt.

    Juni 2004: In Metzels (Thüringen) erwürgt und ersticht ein 38 Jahre alter vorbestrafter Kinderschänder die sechsjährige Jessica. Die Kleine war auf dem Heimweg vom Kindergarten.

    13. Oktober 2004: Die siebenjährige Angelina wird vom 17-jährigen Bruder ihrer Freundin vergewaltigt und anschließend ermordet.

    17. Februar 2005: Der der neunjährige Peter wird in München ermordet aufgefunden. Die Polizei nimmt einen 28-jährigen vorbestraften Kindesmörder fest, der mit Peters Vater bekannt war.

    17. Mai 2005: Ein 37-Jähriger zerrt die sechsjährige Ayla in Zwickau in sein Auto und tötet sie.

    22. Februar 2007: In Leipzig wird der neunjährige Mitja wahrscheinlich sexuell missbraucht und erstickt. Der Täter wird nach einem Suizidversuch festgenommen und 2007 zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.

    7. September 2007: Die achtjährige Jenisa verschwindet in Hannover auf dem Weg zu ihrer Tante. Vier Tage später findet die Polizei Kleidungsstücke und Schuhe eines Mädchens, die zur Beschreibung der Bekleidung Jenisas zum Zeitpunkt ihres Verschwindens passen. Von dem Mädchen fehlt bis heute jede Spur.

    18. August 2008: Die achtjährige Michelle aus Leipzig kehrt nicht von der Ferienbetreuung in der Grundschule nach Hause zurück. Drei Tage später wird am Stötteritzer Wäldchen im Südosten Leipzigs ihre Leiche entdeckt. Der geständige Täter, ein 19-Jähriger, wird im Oktober 2009 zu einer Jugendstrafe von neuneinhalb Jahren verurteilt.

    12. Januar 2009: Die achtjährige Kardelen aus Paderborn verschwindet auf dem Weg zu einer Freundin. Drei Tage später wird ihre Leiche am rund 60 Kilometer entfernten Möhnesee gefunden. Der 29-jährige mutmaßliche Täter, ein Nachbar, wird vier Wochen nach der Ermordung in der Türkei gefasst. Im Dezember 2009 wird er dort zu lebenslanger Haft verurteilt.

    Juli 2009: Polizisten finden die Leiche der neunjährigen Corinna aus Eilenburg (Sachsen) in einem Nebenarm der Mulde. Das Kind fiel einem Sexualverbrechen zum Opfer.

    3. September 2010: Der zehnjährige Mirco aus Grefrath verschwindet abends auf dem Heimweg. Die Polizei geht bald von einem Verbrechen aus. Erst im Januar 2011 können die Ermittler einen Verdächtigen festnehmen. Der 45-jährige aus dem nahe gelegenen Schwalmtal ist geständig und führt die Ermittler zu Mircos Leiche. Er wird später verurteilt.

    15. November 2010: Die 14-jährige Nina aus Bodenfelde in Niedersachsen kehrt nicht nach Hause zurück. Wenige Tage später verschwindet der 13 Jahre alte Tobias. Am 21. November werden die Leichen der beiden Kinder am Ortsrand von Bodenfelde gefunden. Wenig später wird der 26-jährige Jan O. festgenommen.

    April 2012: Wegen Mordes aus Habgier muss der Onkel von Chiara (8) und Sharon (11) aus Krailling bei München lebenslang in Haft. Der verschuldete Familienvater habe im März 2011 auch die Mutter der Kinder umbringen wollen, um seiner Frau ein Erbe zu verschaffen, urteilt das Gericht. Die Verteidigung legt Revision ein.

    25. März 2012: In einem Parkhaus in Emden wird ein totes Mädchen gefunden. Ihr 19-jähriger Mörder wird später gefasst und seine Unterbringung in einer Psychiatrie angeordnet - auf unbestimmte Zeit. Er sei wegen einer schweren Persönlichkeitsstörung vermindert schuldfähig und eine "Gefahr für die Allgemeinheit", so das Gericht.

    16. Februar 2014: Angler finden die Leiche der zwölfjährigen Franziska aus dem Kreis Eichstätt. Ein 26-Jähriger hat die Tat gestanden.

    Nach anfänglicher Überraschung war man in Offingen gerne bereit, an der Aufklärung des Falls mitzuwirken. Die Aufgabenstellung war folgende: Die Polizei hatte an Mirkos Hose zwei verschiedene Faserspuren sichergestellt, die sie aus dem Lebensbereich des Täters vermuteten. Eine Faser konnte die Polizei schnell zuordnen. Sie stammte von der Sitzpolsterung des Täterfahrzeugs. Bei der zweiten Faserspur war selbst das Landeskriminalamt am Ende seines Lateins. Es handelte sich um eine orangefarbene, silikatbeschichtete Faser. Man vermutete, dass diese flammhemmend ausgerüstet sei und man daher eventuell in Richtung Feuerschutzkleidung ermitteln könnte. Wie sich herausstellte, wäre dies die falsche Spur gewesen.

    Die hoch qualifizierten Mitarbeiter im Labor der BWF Group konnten per Raster-Elektronenmiskroskop und sogenannter Fourier-Transform-Infrarot-(FTIR)-Mikroskopie nachweisen, dass es sich um eine Samtfaser handelt. Sie stammte von einem simplen schwarz-orange-gestreiften Hemd der Firma C&A. Somit hatten die Polizeibeamten den entscheidenden Hinweis und konnten den Täter überführen. Das Hemd befand sich noch im Besitz des Mannes.

    "Herzlicher Dank" an die BWF Group

    Olaf H. gestand. Noch am gleichen Tag übermittelte die Soko Mirko ihren „herzlichsten Dank“ an die BWF Group. „Forschung und Entwicklung auf Institutsniveau ist eines unserer Alleinstellungsmerkmale“, so geschäftsführender Gesellschafter Stefan Offermann. „Das lassen wir uns viel kosten. Unsere Labortechnik ist mit entsprechend kostspieligen hochwertigen und modernsten Geräten ausgestattet.“

    Eigentlich werden damit textile Filterschläuche analysiert, um immer wieder Prozessoptimierungen vornehmen zu können. Dass man einmal bei der Aufklärung eines Mordfalls beteiligt sein könnte, wäre den Offinger Laborexperten nicht in den Sinn gekommen. Eine traurige Aufgabe zwar, aber dennoch ist man froh, geholfen zu haben, dass der Täter zur Verantwortung gezogen wird. Georg Schalk

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