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Landkreis Günzburg: Mehr Güter auf die Schiene – wie klappt das im Landkreis Günzburg?

Landkreis Günzburg

Mehr Güter auf die Schiene – wie klappt das im Landkreis Günzburg?

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    Die Schienenanbindung zum Areal Pro, dem ehemaligen Leipheimer Fliegerhorst, ist symptomatisch: Sie wird nicht mehr genutzt und durch die unterbrochene Brücke auch nicht verfügbar. Vielleicht ändert sich das.
    Die Schienenanbindung zum Areal Pro, dem ehemaligen Leipheimer Fliegerhorst, ist symptomatisch: Sie wird nicht mehr genutzt und durch die unterbrochene Brücke auch nicht verfügbar. Vielleicht ändert sich das. Foto: Bernhard Weizenegger

    Die Forderung ist immer wieder zu hören: Um die Straßen zu entlasten und den Umweltschutz zu forcieren, sollen mehr Güter auf der Schiene statt auf dem Asphalt rollen. Einzelne Erfolge dabei gibt es zwar, doch keine Trendwende. Mit einem millionenschweren Förderprogramm will Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die Zukunft nun anschieben. Dabei stehen gerade auch die Gleisanschlüsse für Firmen im Fokus – viele waren in den vergangenen Jahren abgebaut worden, viele sind ungenutzt. Auch kleineren und mittleren Güterbahnhöfen kommt eine besondere Rolle zu. Doch gibt es im Landkreis Günzburg überhaupt noch Güterverkehr auf dem Gleis?

    Nach Angaben der Deutschen Bahn liege die Zahl der Gleisanschlüsse hier seit dem Jahr 2000 „auf einem stabilen Niveau“. Damals waren es demnach vier, im Jahr 2010 waren es sechs und im vergangenen fünf. Außerhalb des Landkreises gebe es Terminals des Kombinierten Ladungsverkehrs in Ulm/Dornstadt, Giengen und Augsburg sowie verschiedene Ladestraßen der DB Netz AG. Das erleichtere den Zugang zur Schiene und stärke den Schienengüterverkehr. Zu konkreten Planungen von Firmen und Unternehmen könne man allerdings keine Auskunft geben und daher auch nicht sagen, wer seinen Anschluss aufgegeben oder neu in Betrieb genommen hat.

    Auf einer Karte im Internet sind jedenfalls Gleisanschlüsse in Günzburg bei der Rohstoffverwertung Gröger, in Kleinkötz bei Alko, zwei in Neuoffingen bei der Firma NFG Bahnservice – hier gibt es auch Abstellgleise –, einen in Offingen bei Auto-Mann beziehungsweise Donau-Hum sowie die Anbindung zum Kernkraftwerk vermerkt. Ein Güterbahnhof ist im Landkreis Günzburg nicht (mehr) verzeichnet. Doch warum haben Unternehmen noch Anschlüsse an das Bahnnetz und wie rege nutzen sie diese? Ein stichprobenartiger Überblick.

    Das sagen die Nutzer eines Gleisanschlusses im Kreis Günzburg

    Die Firma Alko-Fahrzeugtechnik in Kleinkötz hat ihren an der Mittelschwabenbahnstrecke seit 1977. Genutzt wird er nach Angaben von Sprecher Marian Möbius etwa einmal die Woche zur Stahlbelieferung. Man wolle das Volumen verdoppeln, da es hier beim Be- und Entladen keinen so großen Zeitdruck wie bei Lastwagen gebe. Allerdings sei der unter anderem in Sachen Flexibilität und „Lieferperformance“ der Bahn deutlich überlegen, Just-in-Time-Belieferungen seien derzeit mit dem Zug kaum möglich.

    Auch was die Kosten angeht, sei die Bahn derzeit nur zweite Wahl. Die meisten Kunden und Lieferanten hätten keinen Gleisanschluss, deshalb hänge eine Ausweitung der Belieferung per Zug von den Partnern ab. An anderen Standorten des Unternehmens seien solche Anschlüsse derzeit auch kein Thema, da sie im Vergleich mit den Liefermengen nicht wirtschaftlich seien. Eine Anlieferung von Seecontainern wäre interessant, die ließen sich aber in Kleinkötz nicht seitlich über die Rampe entladen. Sie würden bis Ulm per Bahn geliefert und von dort mit dem Lkw weitertransportiert.

    Frachtpreise der Bahn sind einfach zu hoch

    Die Rohstoffverwertung Gröger am Günzburger Bahnhof nutzt ihren Anschluss täglich für das Verladen von Schrottwaggons in Richtung Augsburg, Thüringen, Luxemburg und Italien. Es könnten drei bis vier Waggons pro Tag verwendet werden, da der Wechsel durch den Rangierer nur einmal täglich durchgeführt werde und aufgrund der Gleislänge nur maximal vier Waggons auf einmal auf den Betriebshof passen, erklärt Markus Kohler. Würden die Waggons zweimal täglich gewechselt, könnte man auch die doppelte Anzahl nutzen, aufgrund der Infrastruktur könne das Gleis aber nicht verlängert werden.

    Der Gleisanschluss der Firma Gröger am Bahnhof von Günzburg.
    Der Gleisanschluss der Firma Gröger am Bahnhof von Günzburg. Foto: Bernhard Weizenegger

    Im Gegensatz zum Lastwagen habe man bei der Bahn Planungssicherheit und stoße deutlich weniger CO2 aus. „Allerdings sind die Frachtpreise der Bahn im Vergleich zu den Speditionsunternehmen viel zu hoch, weshalb die Destinationen, an die die Waggons versendet werden, genau ausgewählt sein müssen.“ Innerdeutsch mache der Transport auf der Schiene aus Kostengründen fast keinen Sinn und werde nur genutzt, wenn nicht ausreichend Lkw-Kapazitäten vorhanden seien.

    Gleis-Kapazitäten in Offingen sollen erweitert werden

    Die Firma Auto-Mann in Offingen hatte 1995 das Betriebsgelände der Silbermann Superphosphatfabrik inklusive des Gleisanschlusses gekauft und diesen reaktiviert, nachdem er längere Zeit nicht genutzt worden sei. Er werde größtenteils für den Umschlag von Schüttgütern, etwa Dünger, genutzt. Aktuell würden etwa 50 Züge pro Jahr entladen, erklärt Christian Mann. Man plane, die Gleisflächen zu erweitern. Den Transport von Waren auf der Schiene bewertet er als sehr positiv in Bezug auf Umweltfreundlichkeit und Entlastung der Straßen. „Es sollte grundsätzlich eine Entscheidung getroffen werden, dass sogenannte Massengüter bei größeren Entfernungen über 400 Kilometer nur über die Schiene transportiert werden dürfen. Das Ziel des klimaneutralen Transports würde sich mit Hilfe der Schiene schneller umsetzen lassen, jedoch ist aktuell die Straße noch für viele Transporte zu günstig.“

    Die Investitionen in Gleisanschlüsse seien für viele kleine und mittlere Unternehmen eine große Herausforderung, weshalb der Bau auf einer grünen Wiese mit der Herstellung eines Gleisanschlusses ohne gesichertes Einkommen ein enormes Wagnis darstelle. Wünschenswert sei auch eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung. Alle wünschten sich einen klimaneutralen Transport, aber wenn die Schiene in der Nähe von Wohngebieten verläuft, werde das „größere Ziel“ vergessen. Pläne für ein Gewerbegebiet mit Gleisanschluss gibt es in Offingen laut Bürgermeister Thomas Wörz derzeit übrigens nicht.

    Vielleicht wird Holz in Gundremmingen auf der Schiene transportiert

    Als sie das Atommüll-Zwischenlager in Gundremmingen zum 1. Januar 2019 übernommen hat, wurde die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) auch zur Betreiberin der zum Werksgelände führenden Gleise. Derzeit werde der Anschluss nur von RWE genutzt, er könne aber den Transport von Castorbehältern zu einem möglichen Endlager erleichtern. Direkt an der Bahnlinie entsteht gerade das Holzwerk von Scheiffele-Schmiederer. Und so erklärt BGZ-Sprecher Stefan Mirbeth, dass „ein im Holzhandel tätiges Unternehmen am Standort uns sein grundsätzliches Interesse mitgeteilt hat, unser Werksgleis mitnutzen zu können“. Die Firma selbst erklärt, die Anbindung an die Schiene könne „auf Dauer eine gute Ergänzung zu den Transporten auf der Straße sein“. Man sei dazu in Gesprächen. Kraftwerkssprecherin Christina Kreibich ergänzt, dass RWE das Gleis ein- bis zweimal im Monat für den Transport von in Mosaikbehältern oder Konrad-Containern verpackten schwach- und mittelradioaktiven Abfällen ins Zwischenlager Mitterteich nutze. In Gundremmingen gibt es nach Auskunft von Bürgermeister Tobias Bühler derzeit keine Pläne für ein Gewerbegebiet mit Gleisanschluss.

    Ein Güterzug - doch viele Waren werden nach wie vor auf der Straße transportiert.
    Ein Güterzug - doch viele Waren werden nach wie vor auf der Straße transportiert. Foto: Bernhard Weizenegger

    Gemessen an der Vielzahl von Unternehmen im Landkreis erscheint die Zahl der Gleisanschlüsse sehr gering. Warum also nutzen nicht auch andere Firmen, die an einer Bahnstrecke liegen oder in deren Reichweite sind, den Zug für Transporte? Eine weitere Stichprobe.

    Das sagen die Nicht-Nutzer eines Gleisanschlusses im Kreis Günzburg

    Das Paketzentrum von Deutsche Post/DHL in Günzburg liegt an der Mittelschwabenbahn-Strecke. Ein Sprecher erklärt nur, dass man hier nie über einen Gleisanschluss verfügt habe. Grundsätzlich „nutzten wir in Kooperation mit DHL Freight und DB Cargo an Wochenenden im November und Dezember ein zusätzliches Ganzzugsystem, sodass wir im Dezember über mehr als 1600 Stellplätze – 650 mehr gegenüber dem Vorjahr – verfügten.

    Robatherm im Gewerbegebiet in Scheppach liegt direkt an der Hauptstrecke Ulm–Augsburg. Einen Gleisanschluss könne man sich nicht vorstellen, erklärt Marketing-Leiter Robert Sauter. Man müsse auch immer auf die Produkte schauen, die verschickt werden sollen. Mit dem Containerbahnhof in Ulm gebe es in der Region eine Möglichkeit, den Transport von Waren in Containern über weite Strecken auf die Schienen zu verlagern. „Dies nutzen wir durchaus intensiv für Materiallieferungen beispielsweise nach Thailand.“

    Wanzl könnte sich einen Bahntransport nur mit neuem Konzept vorstellen

    Bis Mitte der 80er-Jahre hatte Wanzl in Leipheim im Werk 2 an der Bahnhofstraße einen Gleisanschluss bis in die Halle hinein. Anlieferung und Versand seien sehr aufwendig gewesen: „Die Bahn stellte damals jeden Tag per Rangierlok einen leeren Waggon zur Verfügung und zog den alten Waggon ab. In Günzburg fand dann der Umschlag statt. Warum es letztlich zu einer Stilllegung kam, lässt sich nicht mehr nachvollziehen, eventuell war sie den Umstrukturierungen der Bundesbahn oder unseren eigenen geschuldet. Auf jeden Fall wurde das Gleis nach der Stilllegung überteert“, schreibt PR-Manager Tobias Schneider. Theoretisch sei ein Gleisanschluss weiter umsetzbar, aber mit einem anderen Konzept. Der Transport von Teilladungen und Stückgut über einen Bahnwaggon sei wegen des Umschlags durch einen Logistikdienstleister nicht mehr wirtschaftlich. Zudem entstünden zeitliche Verzögerungen, „die bei unserer kurzfristigen Auftragsfertigung keine Vorteile mit sich bringen würden“.

    Ein Güterzug mit Containern.
    Ein Güterzug mit Containern. Foto: Armin Weigel/dpa

    Bei vollen Lkw-Ladungen und noch mehr bei Seefrachtcontainern sei der Anspruch an die Transportdauer und den Umschlag ein anderer. Hier könnte ein Sattelauflieger oder ein Seefrachtcontainer vorgeladen und mittels Bahn zum Hafen oder in die Nähe des Zielorts gebracht werden. Die notwendigen Rahmenbedingungen legten fest, ob sich ein Gleisanschluss langfristig rentieren würde. Ökologisch sei es sinnvoll, „dennoch kann der Verkehrsträger Schiene nur in bestimmten Bereichen seine Vorteile gänzlich ausspielen, dazu gehören Volumen, Entfernung, Umweltfreundlichkeit und Zuverlässigkeit. Letztlich sind diese immer mit den individuellen Anforderungen seitens des beauftragenden Kunden in Einklang zu bringen, was nur in begrenzter Fallzahl möglich ist.“

    Wunsch nach einem Ausbau des Bahn-Terminals in Baden-Württemberg

    Die Hagebau-Logistik betreibt in Burgau eine Niederlassung, die direkt an der Bahnlinie liegt. Derzeit gebe es jedoch keine Pläne für einen Gleisanschluss, wenngleich Geschäftsführer Gerritt Höppner-Tietz einen Ausbau des Güterverkehrs auf der Schiene befürwortet: „Mehr Güter auf die Schiene zu bringen, ist nicht nur umweltschonend, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Derzeit nutzt die Hagebau-Logistik in Burgau vor allem das Terminal Dornstadt. Wir würden uns wünschen, dass dieses Terminal ausgebaut wird, wenn kein besser gelegener Anschluss im Landkreis Günzburg zur Verfügung steht.“ Warum man keinen eigenen Gleisanschluss plant, sagt er nicht.

    Für eine Anbindung von Unternehmen an die Bahn könnten sich auch die Kommunen einsetzen, etwa indem sie neue Gewerbegebiete mit einem Gleisanschluss planen. Wie sehen sie das?

    Das sagen Kommunen im Kreis Günzburg zum Gleisanschluss

    Das interkommunale Gewerbegebiet „Areal Pro“ hat eigentlich einen Gleisanschluss nach Günzburg. Seit vor Jahren nach einem Unfall die Brücke über die Ulmer Straße abgebaut wurde, ist die Verbindung gekappt. „Aktuell loten die Trägerkommunen aus, inwieweit es für eine Schienenanbindung zukünftig Bedarfe gibt“, erklärt Sprecherin Julia Ehrlich. Ein fehlender Gleisanschluss sei aber noch nie ein Ansiedlungshindernis in Günzburg gewesen. „Grundsätzlich wäre es ein Mehrwert, hätten mehr Gewerbeflächen einen Gleisanschluss für den Güterverkehr.“ Nach Auskunft von Landkreissprecherin Jenny Schack wäre die Gleisanbindung des Areal Pro grundsätzlich reaktivierbar, sie sei nicht entwidmet. Interesse daran sei durchaus vorhanden, die konkreten Schritte wie die Erneuerung der Brücke müssten aber erst noch abgestimmt werden.

    Das Logistik-Terminal der Bahn bei Ulm.
    Das Logistik-Terminal der Bahn bei Ulm. Foto: Alexander Kaya (Archiv)

    In Burgaugibt es nach dem Wissen von Bürgermeister Martin Brenner keine Firmen, die sich nach einem Gleisanschluss erkundigt oder die von einer Ansiedlung aufgrund eines fehlenden Anschlusses abgesehen haben. „Wir sind momentan in der Phase, neue Flächen für Gewerbegebiete zu finden und noch nicht bei Überlegungen, wie diese erschlossen werden können. Sollten Flächen in der Nähe der Bestandsstrecke gefunden werden, wäre auch über eine Gleisanbindung nachzudenken.“

    Krumbacher Bürgermeister: Bahn hat Firmen auf die Straße gezwungen

    Auch KrumbachsBürgermeister Hubert Fischer ist keine Ansiedlung bekannt, die an einem fehlenden Bahnanschluss gescheitert wäre. Nachdem es seit Jahrzehnten fast keinen Gütertransport auf der Mittelschwabenbahn mehr gebe, würden auch keine Firmen mit dem Wunsch nach einem Bahnanschluss den Standort Krumbach in Erwägung ziehen. Die Firmen, die bis zuletzt ihre Güter per Zug transportierten, seien durch die Weigerung der Deutschen Bahn, ihnen Transportkapazitäten zur Verfügung zu stellen, gezwungen worden, ihre Transporte auf der Straße abzuwickeln. „Ich denke deshalb nicht, dass diese Firmen sich wieder auf eine Geschäftsbeziehung mit der Bahn einlassen werden.“

    Sollte es jedoch Interesse geben, wäre er gerne bereit, sich für den Bau der Infrastruktur einzusetzen. Die Bahn habe jedenfalls gezeigt, dass sie aufgrund ihrer Größe nicht flexibel genug sei, schnell auf die Bedürfnisse ihrer Kunden im ländlichen Raum einzugehen. Die DB erklärt übrigens, grundsätzlich mit Kunden Gespräche über eine Wiederaufnahme des Schienenverkehrs zu sprechen, Aussagen zur Zukunft der Mittelschwabenbahn beim Güterverkehr macht sie dabei jedoch nicht.

    Zusammen mit Burgau plant Röfingenein interkommunales Gewerbegebiet. Der westliche Bereich liegt in der Nähe der Bahnlinie und des Bahnhofes Burgau. „Es könnte deshalb ohne großen Aufwand der westliche Bereich an die Bahnlinie angeschlossen werden“, findet Bürgermeister Johann Brendle. „Die Möglichkeit einer Eisenbahnanbindung erhöht meines Erachtens den Wert dieses Gewerbegebietes.“

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