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Landkreis Günzburg: Masken-Affäre: Bürgerstiftung überweist 470.000 Euro an Justiz

Landkreis Günzburg

Masken-Affäre: Bürgerstiftung überweist 470.000 Euro an Justiz

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    Der Beleg: Überwiesen wurde am 1. April vom Konto der Bürgerstiftung Landkreis Günzburg. Allerdings hatte der Mitarbeiter am Bankschalter den Eingangsstempel noch nicht aktualisiert, deshalb die unterschiedlichen Datumsangaben.
    Der Beleg: Überwiesen wurde am 1. April vom Konto der Bürgerstiftung Landkreis Günzburg. Allerdings hatte der Mitarbeiter am Bankschalter den Eingangsstempel noch nicht aktualisiert, deshalb die unterschiedlichen Datumsangaben. Foto: Heinrich Lindenmayr

    Heinrich Lindenmayr ist seit Donnerstagvormittag ein wenig entspannter, wie er auf Nachfrage sagt. Denn am 1. April – kein Aprilscherz – hat er 469.178,92 Euro an die Landesjustizkasse Bamberg überwiesen. Das ist nicht sein privates Geld, das er transferiert hat. Der Betrag stammt vom Konto der Bürgerstiftung Landkreis Günzburg, auf das es vor knapp einem Monat als Spende geflossen ist. Der 66-Jährige ist seit Mai 2019 Vorsitzender der Stiftung, die sich zum Ziel gesetzt hat, Projekt zu fördern, welche für „Lebensqualität und lebenswerte Zukunft“ im Landkreis Günzburg stehen.

    Über den bevorstehenden beachtlichen Geldzufluss an die Stiftung wurde der Vorsitzende vom Stiftungsratsvorsitzenden Manfred Krautkrämer (Ziemetshausen) am 7. März dieses Jahres telefonisch informiert. Der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ist zugleich Schatzmeister des Günzburger CSU-Kreisverbandes und Intimus des früheren CSU-Kreisvorsitzenden Alfred Sauter.

    Krautkrämer kündigte die anonyme Spende telefonisch an

    Von Sauter stammt allem Anschein nach letztlich die Spende an die Bürgerstiftung, die bereits einen Tag nach dem Telefonat eingegangen war: 470.000 Euro. Krautkrämer sprach tags zuvor von einer höheren sechsstelligen Summe, die demnächst eintreffen werde. Die Spender wollten dem Stiftungsratsvorsitzenden zufolge aber nicht genannt werden. Bis heute hat Krautkrämer die Namen seiner Mandanten nicht preisgegeben.

    Knapp zwei Wochen nach dem Telefonat Krautkrämers hat Alfred Sauter geschrieben, es sei von Anfang an beschlossen gewesen, für seine Vermittlungsbemühungen im Maskengeschäft, in das auch der Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein (Münsterhausen) involviert ist, den zusätzlich zum Anwaltshonorar erhaltenen Geldbetrag nach Abzug aller Steuern als Nettoertrag gemeinnützigen Zwecken zuzuführen. Dies sei durch Sauter und weitere Familienangehörige „sichergestellt“ worden, endet die Erklärung des Landtagsabgeordneten vom 18. März.

    Alfred Sauter: Ohne Parteiämter, aber mit Mandat

    Die Generalstaatsanwaltschaft München will beweisen, dass Sauter aus Geschäften mit Corona-Schutzmasken 1,2 Millionen Euro Provision bezogen hat. Unter anderem steht der Vorwurf der Bestechlichkeit im Raum. Der muss noch juristisch gewürdigt werden, sofern es zu einem Verfahren kommt. Sauter legte auf Druck der CSU alle Parteiämter nieder (darunter den Günzburger Kreisvorsitz) und trat aus der CSU-Fraktion des Landtags aus, um einem Ausschlussverfahren zuvorzukommen. Sein Mandat als Landtagsabgeordneter behielt er aber ebenso wie Nüßlein, mit dem die Affäre begann, seines imBundestag.

    Die vermeintlich großzügige Spende an die Bürgerstiftung, die Sauter übrigens im Oktober 2006 mitgegründet hat, traf etwa eineinhalb Wochen nach der Durchsuchung der Büro- und Privaträume Nüßleins ein, der vom selben Unternehmer bezahlt worden sein soll wie Sauter.

    Spendenempfänger Lindenmayr: "Ich wollte Rechtssicherheit haben"

    Spendenempfänger Lindenmayr fühlte sich als Stiftungsvorsitzender nicht wohl in seiner Haut und wandte sich, wie berichtet, an die Regierung von Schwaben als Rechtsaufsicht. Die sollte die Frage prüfen, was mit dem Geld geschehen soll – und gab den Ball letztlich an die Generalstaatsanwaltschaft München weiter. Bis von dort eine Antwort komme, solle Lindenmayr das Geld liegen lassen und nicht anrühren, so der dringende Rat der Bezirksregierung. Der Angesprochene hatte ohnehin nie im Sinn, sich anders zu verhalten. "Ich wollte Rechtssicherheit haben, damit der Stiftung nicht irgendwas anhängt."

    Mit Datum vom 29. März erhielt der Bürgerstiftungs-Vorsitzende schließlich ein Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft. Als Abschrift war ein Hinterlegungsbescheid des Amtsgerichts München beigefügt, der dem Wunsch der Stiftung entsprach, das Geld an die Justiz zu überweisen. Das ist vom Gericht nun angeordnet worden. Je nachdem, ob die Sauter-Spende justiziabel ist oder nicht, fließt das Geld dann entweder dem Freistaat Bayern zu oder kommt der Bürgerstiftung des Landkreises zugute.

    Spende für die Bürgerstiftung ist Geld der Steuerzahler

    Erst im Fall der zweiten Empfängerin „müssen wir überlegen, was wir mit diesem Betrag anfangen“, sagt Lindenmayr, dem es sympathisch wäre, die fast halbe Million Euro nicht für landkreisgebundene Zwecke einzusetzen. Schließlich stamme das Geld von Steuerzahlern auch jenseits der Grenzen des Landkreises Günzburg. Überlegungen aber würden zu gegebener Zeit vom Vorstand der Bürgerstiftung (fünf Mitglieder) und vom Stiftungsrat (acht Mitglieder) gemeinsam angestellt.

    Ein Rätsel konnte der Vorsitzende der Bürgerstiftung bislang nicht lösen: Warum die Überweisung an die Justizkasse von exakt 469.178,92 Euro angeordnet worden ist, obwohl die Spende doch 470.000 Euro betrug. Da bleibt eine Differenz von 821,08 Euro. Selbst ein Anruf beim zuständigen Sachbearbeiter der Münchner Generalstaatsanwaltschaft brachte vorerst jedenfalls keine Aufklärung.

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