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Landkreis Günzburg: Kunde bringt mutmaßlichen Heroin-Dealer aus Krumbach vor Gericht

Landkreis Günzburg

Kunde bringt mutmaßlichen Heroin-Dealer aus Krumbach vor Gericht

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    Heroin gilt als eine der gefährlichsten Drogen. Ein 51-Jähriger soll damit gehandelt haben.
    Heroin gilt als eine der gefährlichsten Drogen. Ein 51-Jähriger soll damit gehandelt haben. Foto: Frank Leonhardt/dpa (Symbolbild)

    „Ruhig bleiben, auch wenn es innerlich brodelt“, riet Rechtsanwalt Heiko We-ber aus Neu-Ulm seinem Mandanten vor Beginn der Verhandlung vor dem Landgericht Memmingen, dem zusätzlich auch eine Pflichtverteidigerin zur Seite stand. Staatsanwalt Adrian Oehmig warf dem 51-jährigen Krumbacher, der seit etwas mehr als fünf Monaten in Untersuchungshaft sitzt, einen schwunghaften Handel mit dem höchst gefährlichen Rauschgift Heroin vor. Tatsächlich bestätigte der Angeklagte dann auch nur seine Personalien. Ansonsten verfolgte er das Geschehen konzentriert, aber wortlos. In den zahlreichen Pausen, die wegen der Corona-Pandemie immer wieder zum Durchlüften des Sitzungssaales gemacht wurden, plauderte er dagegen mit seiner Lebensgefährtin und einem Bekannten, die den Verhandlungstag als Zuschauer verfolgten und ihm die Daumen drückten.

    Rückblende: Die Kriminalpolizei Memmingen und die Kripo Neu-Ulm ermitteln im Frühjahr und Sommer 2019 mehrere Monate lang gegen den 51-Jährigen und zwei Zwischenhändler, einen 42-jährigen Gebäudereiniger und eine 46-jährige Frührentnerin. Nach aufwendigen Überwachungsmaßnahmen werden am 19. August 2019 die Wohnungen der Tatverdächtigen durchsucht. Dem 42-Jährigen gelingt zunächst die Flucht. Dabei wirft er mehrere Brocken Heroin weg, insgesamt etwas mehr als 50 Gramm.

    Bei dem 51-Jährigen aber wird kein Rauschgift gefunden. Also reicht es nicht für einen Haftbefehl. Er bleibt auf freiem Fuß. Im Juni 2020 verurteilt das Landgericht Memmingen hingegen den Gebäudereiniger und seine Freundin zu langjährigen Haftstrafen (wir berichteten). Der 42-Jährige legt ein Geständnis ab und gibt an, dass er zwischen Mai und August 2019 in mindestens fünf Fällen nicht geringe Mengen Heroin von dem 51-Jährigen gekauft habe. Damit scheint bestätigt, was die Beamten ermittelt hatten. Der 51-Jährige wird am 10. August 2020 festgenommen.

    Der Angeklagte selbst wollte nichts zu den Vorwürfen sagen

    Zurück in den Sitzungssaal: Gleich zu Beginn regte Wahlverteidiger Heiko Weber ein „Rechtsgespräch“ an. Also wurde die Öffentlichkeit für etwa 20 Minuten ausgeschlossen. Danach verkündete der Vorsitzende Richter Thomas Hörmann das Ergebnis des Gesprächs: „Im Falle eines wahrheitsgemäßen und vollumfänglichen, nachvollziehbaren Geständnisses sichert die Zweite Strafkammer dem Angeklagten eine Freiheitsstrafe zwischen drei Jahren und acht Monaten sowie vier Jahren und sechs Monaten zu.“ Danach erklärte Weber dem Gericht, dass alle fünf angeklagten Drogengeschäfte zwischen dem 51-Jährigen und dem bereits verurteilten Gebäudereiniger eingeräumt würden. Der Angeklagte bestätigte die Erklärung seines Verteidigers, wollte selbst aber nichts zu den Tatvorwürfen sagen.

    Was ist eine Verständigung?

    Zeitpunkt Das Gericht kann sich mit den Verfahrensbeteiligten über den Fortgang und das Ergebnis eines Strafprozesses verständigen, heißt es im Paragraphen 257c der Strafprozessordnung, und zwar vor, aber auch während einer Verhandlung.

    Inhalt Gegenstand einer solchen Verständigung sind das Verhalten des Angeklagten und seines Verteidigers sowie die Rechtsfolgen. Ziel einer solchen Verständigung ist meist ein Geständnis. Das Gericht gibt nach der Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten eine Ober- und Untergrenze bekannt, also einen „Rahmen“ für die voraussichtlich angemessene Strafe. Eine Verständigung kann Verfahren, bei denen eine umfangreiche und schwierige Beweisführung zu erwarten ist, erheblich verkürzen. (krauk)

    Also verzichtete das Gericht auf eine Reihe geladener Zeugen. Befragt aber wurden mehrere Kriminalbeamte, die mit verschiedenen Ermittlungsschritten betraut waren. Während sich die Pflichtverteidigerin Natalie Zinger-Reimann vornehm zurückhielt, stellte Weber den Beamten einige Fragen. Dabei nutzte er immer die gleiche Taktik: Zuerst lobte er die Polizisten für ihre gute Arbeit, wiegte sie quasi in Sicherheit, um sie dann mit kritischen Fragen zu verunsichern.

    Polizistin: "Man bekommt mit der Zeit ein gewisses Gespür"

    So wollte er von einer Kriminalbeamtin aus Neu-Ulm wissen, wie sie denn darauf gekommen sei, dass es bei den zahlreichen abgehörten Telefongesprächen tatsächlich um Rauschgift gegangen sei – es sei doch nie konkret über Drogen gesprochen worden. Die Beamtin blieb gelassen. Sie bestätigte, dass man sich zwar nur zum Essen verabredet habe oder über Urlaubsreisen gesprochen worden sei, wenn man sich treffen wollte. Aber sie ermittle schon lange im Rauschgiftmilieu und „da bekommt man mit der Zeit ein gewisses Gespür“.

    Zum Abschluss des ersten Verhandlungstages wurde ein Staatsanwalt in den Zeugenstand gerufen. Er hatte im vergangenen Jahr als Mitglied der Ersten Strafkammer maßgeblich an der Verurteilung des Gebäudereinigers und seiner Freundin mitgewirkt. Er bekräftigte das Geständnis aus jenem Prozess, wonach sie von dem 51-Jährigen mindestens fünf Mal Heroin unterschiedlicher Qualität in Einzelmengen zwischen fünf und 60 Gramm gekauft hätten. Der Prozess wird fortgesetzt.

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