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Landkreis Günzburg: Kreis Günzburg ist einer der Corona-Hotspots Deutschlands: Woran liegt's?

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Kreis Günzburg ist einer der Corona-Hotspots Deutschlands: Woran liegt's?

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    Während anderswo Geschäfte und Gastronomie wieder öffnen, herrschen im Kreis Günzburg weiter strenge Corona-Regeln. Das Bild entstand im April 2021.
    Während anderswo Geschäfte und Gastronomie wieder öffnen, herrschen im Kreis Günzburg weiter strenge Corona-Regeln. Das Bild entstand im April 2021. Foto: Bernhard Weizenegger

    Vermehrt wenden sich Leser per E-Mail, Facebook, Telefon oder Brief an unsere Redaktion: Sie wollen wissen, warum die Corona-Zahlen im Landkreis Günzburg nicht sinken, warum somit beispielsweise ein Biergarten-Besuch nur in den besser dastehenden Nachbarlandkreisen möglich ist. Am Dienstag stieg die Inzidenz erneut, auf 107,1. Das ist der dritthöchste Wert in Deutschland. Das Landratsamt, zu dem auch das Gesundheitsamt gehört, ist konkreten Antworten bislang oft ausgewichen und spricht von einem "diffusen Infektionsgeschehen". Doch viele Leser mutmaßen, es könne damit zusammenhängen, dass sich viele Mitbürger nicht (mehr) an die Corona-Regeln hielten. Was ist da dran?

    Ein Bürger etwa teilt mit, dass er regelmäßig beobachte, dass bei seinen Nachbarn Personen aus mehreren Haushalten zum Mittagessen zusammenkämen. Wenn dienstags in Günzburg Wochenmarkt ist, werde in den umliegenden Gassen "geratscht und getratscht, was das Zeug hält". Auf dem Marktplatz selbst gilt zwar beim Wochenmarkt eine Maskenpflicht, in der restlichen Fußgängerzone aber nicht, höchstens in der Schlange vorm Bäcker oder der Eisdiele.

    Kreis Günzburg: Polizei stellt weniger Verstöße gegen Corona-Regeln fest

    Die Polizei kontrolliere in Günzburg und dem restlichen Landkreis nach wie vor, ob die Corona-Regeln eingehalten werden, und gehe Hinweisen der Bürger nach, erklärt Marco Weng vom Präsidium in Kempten. Und ja, Menschen informierten die Beamten, wenn jemand aus ihrer Sicht sich nicht an die Vorschriften halte. Aber die Zahl der Verstöße sei rückläufig. Nehme man nur das Thema Maskenpflicht, so habe man im Dienstbereich der Polizei Günzburg im März noch 32 und im Mai sieben festgestellt.

    "Hotspots" dabei gebe es übrigens nicht, wenngleich immer mal wieder Hinweise zu Treffpunkten wie Parks kämen. Aber mittlerweile sei es auch aus der Ferne schwierig, festzustellen, ob sich hier jemand tatsächlich nicht an die Regeln hält. Schließlich hätten Genesene und Geimpfte ja wieder größere Freiheiten. Die Polizei versuche nichtsdestotrotz, allem nachzugehen. Übrigens habe man auch keine Hinweise auf Verstöße bei Mitgliedern einer Glaubensgemeinschaft, was der Leser unserer Redaktion geschildert hat. Auch dem Landratsamt liegt nach eigenen Angaben nichts dazu vor.

    RKI: Kreis Günzburg in einem "Gürtel" von Kreisen mit höheren Inzidenzen

    Vermehrt wird die Inzidenzzahl für den Landkreis Günzburg auch von Bürgern angezweifelt. Bekanntlich berechnet sie sich so: Zahl der Neuinfektionen der vergangenen sieben Tage geteilt durch die Einwohnerzahl mal 100.000. Das Robert-Koch-Institut (RKI), das die Inzidenz meldet, und dafür Daten des Gesundheitsamts nimmt, erklärt, die Entwicklung einzelner Landkreise nicht bewerten zu können. Der Landkreis Günzburg liege aber in einem „Gürtel“ von mehreren Kreisen mit vergleichsweise hohen Inzidenzwerten - wenngleich sie niedriger seien als im Landkreis Günzburg.

    Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit teilt mit, bereits mit dem Gesundheitsamt Kontakt aufgenommen zu haben, um die Lage einzuschätzen und um bei etwaigen fachlichen Fragen beraten zu können.

    16 Corona-Fälle in einem Unternehmen im Landkreis Günzburg festgestellt

    Und was sagt nun das Landratsamt selbst angesichts der deutschlandweiten Inzidenz-"Bronzemedaille"? Zunächst einmal: Aktuell gebe es keine Ausbrüche in Altenheimen, Kliniken und öffentlichen Einrichtungen. Aber: "Da selbstverständlich viele positiv getestete Personen berufstätig sind, treten immer auch in unterschiedlichen Unternehmen Fälle auf." Hier überprüfe das Gesundheitsamt unter anderem durch Befragungen und teils auch durch die Vorlage der Schichtpläne, der Hygienekonzepte oder der Tätigkeitsgebiete, ob es eine zufällige Häufung positiver Fälle gebe oder "ob ein Infektionsgeschehen im Unternehmen vorliegt". Mitunter gebe es dann auch Reihentestungen, um einen Überblick zu bekommen und Maßnahmen zur Eindämmung ergreifen zu können.

    Das Landratsamt versucht, Infektionsketten nachzuvollziehen.
    Das Landratsamt versucht, Infektionsketten nachzuvollziehen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa (Symbolbild)

    Zwischenzeitlich gebe es einen Ausbruch in einem Unternehmen mit 16 bestätigten Fällen, davon wohnten zwölf Personen im Landkreis Günzburg. Das Gesundheitsamt sei vor Ort gewesen. Die Ergebnisse der Überprüfung und Begehung lägen noch nicht abschließend vor, Details werden nicht genannt. Zudem sei in einer Asylbewerberunterkunft der Regierung von Schwaben eine Familie positiv getestet worden, bei der Reihentestung habe man eine weitere positive Kontaktperson festgestellt.

    Circa 50 Prozent der Corona-Fälle im Kreis Günzburg in Familien

    Zum Grundsätzlichen: Das Gesundheitsamt erfasse die Nationalität der positiv Getesteten nicht. Lediglich Name, Adresse und Geburtsdaten würden notiert. Insoweit sei ein Rückschluss auf die Nationalität nur über Umwege möglich, erklärt das Landratsamt.

    Gleichzeitig lasse sich jedoch feststellen, dass in vielen Fällen die Infektion innerhalb der Familie stattfinde. Dies betreffe circa 50 Prozent. In der Regel befänden sich die dann positiv getesteten Personen bereits in Quarantäne und hätten keine weiteren Kontaktpersonen. Oftmals steckten sich dann drei oder mehr Menschen an der zunächst festgestellten erkrankten Person an.

    Hierbei ließen sich auch keine Rückschlüsse auf verschiedene Gemeinden ziehen. "Gerade in kleineren Kommunen ist es aber so, dass allein ein oder zwei betroffene Familien dazu führen, dass im Verhältnis zur Einwohnerzahl ein relativ hoher Anteil der Bevölkerung betroffen ist."

    Landratsamt erhält nur wenige Hinweise auf Verstöße gegen Corona-Regeln

    Allgemein sei festzustellen, dass nach der langen Phase des Lockdowns die Kraft nachlasse und sich die Menschen nach Normalität sehnten. "Dies ist aber kein Phänomen allein im Landkreis Günzburg, sondern bayern- und deutschlandweit der Fall. Es liegt keine Erkenntnis vor, dass die Nachlässigkeit im Landkreis Günzburg besonders auffällig ist. Vielmehr entspricht diese wohl dem landesweiten Durchschnitt und der verständlichen Sehnsucht nach einer Rückkehr zur Normalität."

    Hinweise von Bürgern auf mögliche Verstöße gegen die Corona-Vorschriften gingen nur vereinzelt ein. Wenn die Polizei auf etwas aufmerksam gemacht werde, leite sie die Anzeige an das Landratsamt weiter, sollte eine erstellt werden. Privathaushalte würden durch das Landratsamt auch nicht ohne Anlass kontrolliert, dafür sei nach entsprechenden Anrufen von Bürgern die Polizei zuständig. Das Landratsamt kümmere sich hingegen um stichprobenartige Quarantäneüberprüfungen. Und Betriebe würden kontrolliert, wenn es dazu einen Anlass gebe. Teilweise helfe auch die Polizei. Übrigens würden auch größere religiöse Veranstaltungen einbezogen.

    Warum werden die meisten Infektionen in Günzburg gemeldet?

    Insgesamt erhalte man überwiegend sehr positive Rückmeldungen, was das Einhalten der Regelungen betrifft. Da man keine Erkenntnisse habe, dass es etwa in der Günzburger Fußgängerzone zu vermehrten Verstößen komme "und erwiesenermaßen das Ansteckungsrisiko in der freien Luft deutlich vermindert ist", sowie die Fußgängerzone überschaubar sei, halte man daran fest, hier keine generelle Maskenpflicht außer in Warteschlangen vor Geschäften und gastronomischen Betrieben anzuordnen.

    Stellt sich die Frage, warum die meisten Infektionen in Günzburg gemeldet werden. Hat es schlicht damit zu tun, dass sie die größte Stadt im Landkreis ist, oder mit den vergleichsweise vielen Testangeboten? Dazu heißt es vom Landratsamt, dass nicht alle Schnelltests vom Gesundheitsamt erfasst würden. Insbesondere bei Apotheken und Ärzten gebe es keine Pflicht, diese zu melden.

    Weder Landratsamt noch Stadt Günzburg erhalten Informationen zu allen Schnelltests.
    Weder Landratsamt noch Stadt Günzburg erhalten Informationen zu allen Schnelltests. Foto: Peter Kneffel, dpa (Symbolbild)

    Die Stadtverwaltung erklärt, dass man keine detaillierten Informationen zu positiven Testergebnissen, Streuungen oder Ähnlichem erhalte, weil man weder Quarantänen aussprechen noch eine Kontaktnachverfolgung betreiben dürfe. Auch für Kontrollen sei man nicht zuständig. "Jedoch stehen wir im Austausch mit dem Landratsamt und würden uns natürlich nicht sperren, Betretungsverbote auszusprechen oder andere Maßnahmen in unserem Zuständigkeitsbereich zu ergreifen, wenn ein Zusammenhang zum Auftreten der Corona-Infektionen erkennbar wäre." Weder lägen Beschwerden noch Erkenntnisse darüber vor, dass insbesondere am Wochenmarkttag die Vorschriften verletzt würden.

    Weniger Impfungen im Kreis Günzburg als in Ballungsräumen

    Das Landratsamt betont, dass im Landkreis Günzburg jedenfalls eine große Nachfrage nach Impfungen bestehe. Daher seien auch die zusätzlichen 1600 Impfdosen von Johnson & Johnson schnell abgenommen worden, weitere Impfdosen könne man ebenfalls sehr zeitnah nehmen. Zudem bestelle die Kreisklinik über ihr Medizinisches Versorgungszentrum regelmäßig den verfügbaren Impfstoff.

    Doch es zeige sich, dass wie auch in den Landkreisen Unterallgäu und Dillingen im Verhältnis zu anderen Landkreisen außerhalb der Impfzentren weniger Impfungen durchgeführt würden als insbesondere in den Ballungsräumen mit einer hohen Ärztedichte. "Insoweit unterstützen wir nachdrücklich die Forderung des bayerischen Landkreistages nach einer entsprechenden Kompensation." Betrachte man die Inzidenz im Verlauf der vergangenen Wochen, sei aber insgesamt ein Rückgang erkennbar.

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