Günzburger Reit- und Fahrverein muss wohl doch nicht umziehen
Noch vor Wochen drohten die Bezirkskliniken mit einer Räumungsklage. Mit dem Wechsel des Vorstandsvorsitzenden hat sich das Blatt gewendet. Von einem sprachlosen Vereinsboss und glücklichen Politikern.
Offenbar kann der Günzburger Reit- und Fahrverein dort bleiben, wo er jetzt ist – auf dem Betriebsgelände des Bezirkskrankenhauses Günzburg. Das schien noch vor wenigen Wochen unmöglich zu sein. Der damalige Vorstandsvorsitzende der Bezirkskliniken, Thomas Düll, hatte das ausgeschlossen und drohte mit einer Räumungsklage (wir berichteten). Der Pachtvertrag war dem Verein, der aktuell 231 Mitglieder hat – 124 davon Kinder und Jugendliche – von den Bezirkskliniken bereits im Jahr 2015 gekündigt worden. Das trat zwei Jahre später in Kraft. Seither überweist der Reit- und Fahrverein dennoch regelmäßig Pachtzahlungen, die kommen aber stets retour – Annahme verweigert.
Umsiedelungsversuche scheiterten bislang. Auch Günzburgs Oberbürgermeister Gerhard Jauernig (SPD) und Dritter Bürgermeister Anton Gollmitzer (FW) hatten ausdauernd versucht, die verfahrene Situation noch irgendwie zu retten – allerdings vergeblich. Weil auch Vereinschef Thomas Lang gesetzten Fristen nicht nachkam, die aus dessen Sicht so nicht erfüllbar waren, zeigte sich der Oberbürgermeister enttäuscht.
Oberbürgermeister Jauernig ist "hocherfreut" über die Entwicklung
Eine ganz andere Gemütslage stellte sich bei Jauernig jetzt ein: „Ich bin hocherfreut über die Entwicklung“, sagte er gegenüber unserer Redaktion. Die „Entwicklung“, das ist ein völliger Umkehrschwung der Bezirkskliniken in Sachen Reit- und Fahrverein und hat wohl auch mit der Person des neuen Vorstandsvorsitzenden Stefan Brunhuber zu tun, der vor seiner neuen Funktion, die er im Februar antrat, das Therapiezentrum Burgau geleitet hatte.
Das Durchschlagen des Gordischen Knotens verkündete mit einer Pressemeldung CSU-Bezirksrätin Stephanie Denzler, die als Vorsitzende des Günzburger Trägervereins der Kita-Einrichtung Kids & Company zuletzt massive Kritik auf sich gezogen hat und noch zieht, weil der Verein über Jahre hinweg zu hohe Fördergelder kassiert hatte. In einem Bescheid des Landratsamtes, in dem das Verhalten des Vereins als „mindestens grob fahrlässig“ bezeichnet wird, wurde die Rückzahlungssumme mit über 386.000 Euro beziffert. Der Verein wäre nie imstande gewesen, das Geld aufzubringen. Deshalb waren im Februar die Bezirkskliniken kurzfristig eingesprungen, hatten ein Darlehen gewährt, auch weil sie das Gebäude der Kinderkrippe späte kaufen wollen – und dann das geliehene Geld angerechnet wird. Kids & Company mietet dann wieder zurück. Das ist der Plan.
CSU-Bezirksrätin Denzler sieht "Lösung in greifbarer Nähe"
Jetzt stehen die Bezirkskliniken mit ihrem versöhnlichen Kurs wieder im Fokus. Eine Lösung, schreibt Denzler, „scheint jetzt in greifbarer Nähe“. Sie berichtet als Mitglied aus der jüngsten Verwaltungsratssitzung der Kliniken: „Ich freue mich sehr, dass gemeinsam mit dem Bezirkstagspräsidenten Martin Sailer eine Lösung gefunden werden konnte, die es ermöglicht, Parkraum auf der einen Seite zu schaffen, und den Reit- und Fahrverein Günzburg weiterhin an seinem Standort zu belassen.“
Im Klartext heißt das: Auf ein Parkhaus, das Vorgänger Düll auf dem Areal des Reitvereins favorisierte, will Brunhuber verzichten. „Parkhäuser zu betreiben ist nicht unsere Kernkompetenz und einen Investor ins Boot zu holen kann vielfältige andere Probleme verursachen“, so der Vorstandsvorsitzende. „Noch dazu wären die Parkplätze dann kostenpflichtig – sowohl für Mitarbeiter/innen der Kliniken als auch für deren Patienten und Besucher. Das wollen wir nicht!“, sind sich Brunhuber und Denzler einig.
200 neue Parkplätze könnten entstehen
Dass weitere Parkflächen dringend benötigt wären – darüber herrscht ebenfalls Einigkeit. Dafür soll die Fläche östlich des bestehenden Hauptparkplatz-Standortes, der gegenüber der Günzburger Kreisklinik liegt, erweitert werden. 200 neue Parkplätze könnten dort entstehen. Als Beginn der Parkflächen-Erweiterung wurde das kommende Jahr genannt, „wenn alles optimal läuft“.
Noch ist nicht alles in trockenen Tüchern. „Es steigt noch kein weißer Rauch auf“, sagte Brunhuber am Freitagnachmittag gegenüber unserer Redaktion.
Grundstücksfragen, Finanzierungsfragen und ein gekündigter Pachtvertrag
Zu klären ist die Grundstücksfrage. Aber das scheint ein lösbares Problem zu sein, denn das Wunschareal befindet sich im Eigentum des Bezirks Schwaben. Und der Bezirkstagspräsident hat den nun verkündeten Lösungsansatz ja mitgetragen.
Dann geht es um Finanzierungsfragen, die beispielsweise an die Kreisklinik gerichtet sind. Auch hier zeichnet sich eine einvernehmliche Richtung ab – so interpretiert Brunhuber jedenfalls ein Gespräch mit Klinikvorstand Dr. Volker Rehbein.
Und schließlich müssen die Bezirkskliniken und der Reit- und Fahrverein wieder zueinander finden. Zu einem persönlichen Gespräch hat es noch nicht gereicht. Ein Telefonat, das Oberbürgermeister Jauernig dem Vorsitzenden des Reit- und Fahrvereins mit dem Vorstandsvorsitzenden der Bezirkskliniken vermittelte, hat es aber gegeben. „Es war eine angenehme Unterhaltung“, sagt Thomas Lang.
Vereinschef Lang wusste am Freitag noch gar nichts von seinem Glück
Von dem neuen Glück erfuhr der Vereinsboss am Freitag erst durch unsere Zeitung. Mit einem befreundeten Ehepaar sind die Langs bis Sonntag noch auf einer Hütte im Allgäu. Die Telefonverbindung mit unserer Redaktion war nicht gut, der Wind pfiff hörbar. Aber reden konnte der Chef des Reit- und Fahrvereins ohnehin nicht viel. „Ich bin einfach nur sprachlos“, sagte er überrascht. Und wenn er wieder auf der Hütte sei, dann genehmige er sich erst einmal ein Weißbier.
Er möchte jetzt nicht unverschämt ein, fügte er an. Er freue sich jetzt erst einmal. Ein möglicher neuer Pachtvertrag müsse aber eine bestimmte Laufzeit haben, „weil wir in den vergangenen fünf Jahren kaum noch investiert haben. Da gibt es nun einiges nachzuholen.“
Brunhuber: "Ich kann nicht sagen, was in zehn, 15 Jahren ist"
Über das hat sich Brunhuber noch keine Gedanken gemacht. „Ich kenne den Inhalt des alten Pachtvertrages noch nicht“, sagte er und ergänzte: „Wegen einem Jahr oder zwei Jahren machen wir so etwas nicht. Ich kann aber nicht sagen, was in zehn, 15 Jahren ist.“
Die Marschrichtung aber sei klar, wie es in der Pressemeldung der Günzburger Bezirksrätin heißt. Sie schreibt abschließend: „Bezirksrätin Stephanie Denzler ist sehr glücklich: ,Ich freue mich ganz persönlich sehr, dass wir sowohl für den Reit- und Fahrverein Günzburg als auch für die Lebenshilfe Günzburg, die beide einen hohen Stellenwert für unsere Region haben, helfen und eine Zukunftsperspektive bieten können!’“
Lesen Sie außerdem:
Die Diskussion ist geschlossen.