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Landkreis Günzburg: Günzburger Modehaus Schild: Mit Klopapier zur Ladenöffnung

Landkreis Günzburg

Günzburger Modehaus Schild: Mit Klopapier zur Ladenöffnung

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    Susanne Ganser zeigt einen Teil ihres neuen Sortiments: Klopapierrollen. Die gibt es einzeln, aber auch zu mehreren verpackt – wie auch andere Hygieneartikel des täglichen Bedarfs. Eine Gewerbeummeldung hat die Geschäftsfrau bereits vorgenommen.
    Susanne Ganser zeigt einen Teil ihres neuen Sortiments: Klopapierrollen. Die gibt es einzeln, aber auch zu mehreren verpackt – wie auch andere Hygieneartikel des täglichen Bedarfs. Eine Gewerbeummeldung hat die Geschäftsfrau bereits vorgenommen. Foto: Till Hofmann

    Natürlich kann man sich auch weiterhin von Kopf bis Fuß im Modehaus Schild in der Günzburger Innenstadt einkleiden. Doch das traditionsreiche Fachgeschäft (das Stammhaus, ein eigenes Haus für Herrenmode und Street One für junge Mode) am Marktplatz hat sein Sortiment nicht nur um Desinfektionsmittel, Klopapier und Haushaltsreiniger erweitert. Geschäftsführerin Susanne Ganser hat auch bei der Stadt Günzburg ihr Gewerbe umgemeldet mit dem Ziel, die Geschäfte trotz einer Inzidenz von über 100 im Landkreis Günzburg weiter geöffnet zu halten. „Niemand kann uns vorschreiben, was wir verkaufen“, sagt Ganser. Ein reines „Modehaus“ sei Schild nicht mehr.

    Geworben wird mit dem „ersten Klopapier Super Store“, den es in der weiteren Umgebung gebe. Und tatsächlich: Zwischen Hosen und T-Shirts finden sich „Artikel des täglichen Bedarfs“. Zwischen 30 und 40 verschiedene Produkte habe man sich im Großhandel besorgt. Mengenmäßig sei das zwar nicht ausgesprochen viel. Aber „wir haben dafür viele Freiflächen geschaffen“. Dass dies sogar der überwiegende Anteil der 2000 Quadratmeter im Stammhaus sein soll (die restlichen 1000 Quadratmeter verteilen sich auf die beiden anderen Häuser) fällt dem Beobachter nicht unbedingt auf. Ganser behauptet aber genau das.

    Immer wieder eine Wandlung

    Dass sich ein Betrieb in seiner Erscheinungsform immer wieder wandle, sei ein Teil der inzwischen fast 136 Jahre alten Firmengeschichte. Die Urgroßeltern seien als Säcklermeister und Kürschner in Erscheinung getreten, die Großeltern hätten mit Stoffen und Kurzwaren ihr Geld verdient. Susanne Ganser ist es dabei wichtig, ihr Unternehmen in der Corona-Pandemie so aufzustellen, dass es später einmal den Kindern, die im Familienbetrieb in verantwortlichen Positionen mitarbeiten, in einer soliden Verfassung übergeben werden kann.

    Verantwortlich fühlt sie sich für „circa 50 Köpfe“, die in Voll- und Teilzeit beschäftigt sind. 18 Wochen seien die Mitarbeiter seit dem Frühjahr 2020 bislang zu 100 Prozent in Kurzarbeit gewesen – eine extrem harte Zeit gerade auch für alleinstehende Frauen, die nicht auf ein weiteres Gehalt des Partners bauen können, oder für alleinerziehende Mütter. Das weiß Ganser aus dem, was die Angestellten erzählen. „Unser Personal ist sehr froh, dass wir geöffnet haben und eine Perspektive bieten können.“

    Die vielen Paket-Rücksendungen sind "ökologischer Wahnsinn"

    Click und Collect – also die telefonische oder Online-Bestellung und das anschließend kontaktfreie Abholen – hätten etwa zwei Prozent des normalen Umsatzes gebracht. Und das Onlinegeschäft weitere zehn Prozent, wobei die Retourenquote bei 60 Prozent gelegen habe. Ganser nennt das einen „ökologischen Wahnsinn“.

    Dadurch hätten zwar die Berge an Winterbekleidung abgeflacht werden können. Aber noch nie ist Schild auf Ware in dieser Größenordnung sitzen geblieben. Sie wird nun eingelagert und ab Oktober/November als Altware zu reduzierten Preisen zum Kauf angeboten. So lange wollen die Lieferanten auf ihr Geld freilich nicht warten. „Wir müssen das, was wir bestellen, in der Regel sofort bezahlen“, sagt Susanne Ganser.

    Kleidung als "verderbliche Ware"

    In gewisser Weise sei die Kleidung auch eine „verderbliche Ware“, denn „in sechs bis acht Wochen können Stricksachen und lange Hosen nicht mehr verkauft werden“, sagt die Schild-Chefin und weist auf die lange Vorbestellungszeit für Winter- und Sommermode hin und auf das Versprechen, das der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im September 2020 abgegeben hatte. Mit dem Wissen über Corona müsse man – anders als noch im Frühjahr zu Beginn der Pandemie – den Einzelhandel nicht mehr schließen, hatte der CDU-Politiker damals vollmundig ausgeführt. „Darauf haben wir uns verlassen“, sagt Susanne Ganser.

    Sie betont die sichere Atmosphäre des Einkaufs in ihren Geschäften. Kein Mitarbeiter sei bislang an Corona erkrankt, was sie auch den Hygiene- und Abstandsregeln zuschreibt, die in ihren Häusern strikt eingehalten würden. Ein Gedränge, wie es situationsbedingt manchmal in Verbrauchermärkten zu sehen sei, gebe es nicht. Die Wandlung vom Modehaus zum Klopapier Super Store – und damit die weitere Öffnung – sei von den Kunden sehr positiv aufgenommen worden, wie zahlreiche Mails belegten. So viel Kundenresonanz habe sie noch nie auf eine Posting-Aktion erhalten

    Kritik auf Pappkarton

    Es gibt allerdings auch andere Reaktionen wie die zweier Jugendlicher, die am Dienstag einen Pappkarton an der Eingangstür von Schild am Marktplatz anbrachten mit der Aufschrift: „Solidarität sieht anders aus, Moral auch!“

    Der „neue Schild“ ist allerdings schon wieder Geschichte. Am Dienstagnachmittag hat sich eine Vertreterin des Landratsamtes vor Ort umgeschaut und fotografiert. Am Abend kam per Mail die Aufforderung der Behörde, die Läden umgehend zu schließen.

    Lesen Sie dazu einen Kommentar von Till Hofmann:

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