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Landkreis Günzburg: Großkontrolle: Warum der Zoll Wagen von der A8 nach Leipheim bringt

Landkreis Günzburg

Großkontrolle: Warum der Zoll Wagen von der A8 nach Leipheim bringt

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    Der Zoll hat im Bereich früherer Bundeswehrhallen auf dem ehemaligen Fliegerhorst Leipheim, dem heutigen Areal Pro, Fahrzeuge kontrolliert.
    Der Zoll hat im Bereich früherer Bundeswehrhallen auf dem ehemaligen Fliegerhorst Leipheim, dem heutigen Areal Pro, Fahrzeuge kontrolliert. Foto: Christian Kirstges

    Im Scheinwerferlicht zieht der Verkehr vorüber. Die Kennzeichen der Fahrzeuge sind nur ganz kurz zu erkennen. Doch das reicht Günther Maucher und seinem Kollegen, der am Steuer sitzt, um zu sehen, welcher Wagen sich für eine Überprüfung eignen könnte. Sie warten mit einem grün-weißen Kombi an der Autobahn-Anschlussstelle Günzburg in Richtung Stuttgart.

    Das Blaulicht auf dem Dach, der Bundesadler und die Aufschrift an den Seiten zeigen: Hier steht der Zoll. Zuständig ist die Kontrolleinheit Verkehrswege des Hauptzollamts Augsburg, die in Kempten stationiert ist und sich an diesem Sonntagabend bis in die Nacht in einer ehemaligen Bundeswehrhalle und auf einer Freifläche des früheren Fliegerhorsts Leipheim ausgewählte Fahrzeuge genau ansieht.

    Vor allem Fahrzeuge aus Osteuropa werden herausgezogen

    Wer aus dem Verkehr gezogen wird, ist oft eine Entscheidung in Sekundenbruchteilen. Vor allem Fahrzeuge mit osteuropäischen Nummernschildern sind dieses Mal bei den Zöllnern gefragt. So beispielsweise ein Lastwagen mit litauischem Kennzeichen. Das Kontrollfahrzeug beschleunigt, kaum dass der Lkw an ihm vorbei gefahren ist, und folgt bis etwa einen Kilometer vor der nächsten Anschlussstelle, Leipheim.

    Der Zoll hat im Bereich früherer Bundeswehrhallen auf dem ehemaligen Fliegerhorst Leipheim, dem heutigen Areal Pro, Fahrzeuge kontrolliert.
    Der Zoll hat im Bereich früherer Bundeswehrhallen auf dem ehemaligen Fliegerhorst Leipheim, dem heutigen Areal Pro, Fahrzeuge kontrolliert. Foto: Christian Kirstges

    Dann setzt sich der Kombi davor, der Fahrer drückt einen Knopf und eine Anzeige bedeutet dem Lastwagenlenker, dass er folgen soll. So fährt der Zoll voraus und der Lkw hinterher, bis die für diese Aktion angemietete Fläche erreicht ist. Kaum haben die Kollegen übernommen, macht sich der Kombi auch wieder auf den Weg zur A8-Auffahrt Günzburg.

    Während des Röntgens darf keiner mehr im Wagen sein

    Der Fahrer wird befragt und darüber aufgeklärt, dass sein Gefährt jetzt geröntgt wird. Dafür hat sich die Kontrolleinheit extra Verstärkung von Kollegen aus Ulm geholt, wo eines von bundesweit drei mobilen Röntgengeräten des Zolls stationiert ist, die anderen beiden stehen in Köln und Lübeck. Wegen der Strahlung – „sie ist nicht höher als die während eines Flugs von Frankfurt nach New York“, erklärt Techniker Mathias Eule – muss der Fahrer außerhalb eines markierten und gesicherten Sperrbereichs warten.

    Das in einem Lkw des Zolls verbaute Röntgengerät bewegt sich mit Elektroantrieb flott am zu überprüfenden Fahrzeug vorbei. Das entstandene Bild, ähnlich wie bei der Personen- und Gepäckkontrolle am Flughafen, zeigt: Offenbar sind tatsächlich nur Kartons mit Holzspielzeug geladen. Zumindest sind keine „Anomalien“ erkennbar.

    Die Beamten durchsuchen das Gepäck dieser Fahrgäste eines Busses aus Albanien.
    Die Beamten durchsuchen das Gepäck dieser Fahrgäste eines Busses aus Albanien. Foto: Christian Kirstges

    Rauschgiftspürhund Astan beschnüffelt jeden Reisenden

    Bei einem anderen Lastwagen sieht das anders aus, der Bildauswerter hat Unregelmäßigkeiten entdeckt. Deshalb muss der Fahrer die Plane öffnen, ein Zöllner klettert auf die dicht gepackte Ladefläche – und erkennt, dass wohl die unterschiedliche Fracht mit ihren unterschiedlichen Konturen Grund der Auffälligkeit ist. Neben weiteren Kleintransportern und Lastwagen wird so auch ein Fernreisebus aus Albanien gescannt, der verschiedene Stationen in Deutschland anfährt.

    Zuvor wird er in die dauerhaft angemietete Halle gelotst, alle Passagiere müssen aussteigen, während Rauschgiftspürhund Astan an jedem einzelnen schnüffelt. Danach durchsuchen die Zöllner das Gepäck, der Hund durchstreift das Innere des Busses. Auch die Papiere von Reisenden und des Fahrers werden in einer Datenbank überprüft, so wie die Dokumente der anderen, die hier rausgezogen werden.

    "Hier rechnet kaum einer mit Kontrollen"

    Günther Maucher, 59, der Leiter des Bereichs Kontrollen beim Hauptzollamt, hat noch die Zeiten erlebt, als der Zoll an der Landgrenze kontrollierte. Bis auf die zur Schweiz ist die Behörde inzwischen auf stichprobenartige Überprüfungen angewiesen, die Arbeit an der Grenze habe den Vorteil gehabt, dass man wusste, wer aus dem Ausland einreist. Heute, im Binnenland, vermischt sich alles, „dafür rechnet hier kaum einer mit Kontrollen“. Früher seien sie einfacher gewesen, dafür gebe es heute die Reise- und Warenfreiheit. „Ich sehe das neutral“, sagt Maucher, alles habe Vor- und Nachteile.

    Der Zoll postiert sich gerade auch an den Hauptverkehrsrouten. Dass auf dem ehemaligen Fliegerhorst und nicht direkt an der A8 kontrolliert wird, hat übrigens zwei Vorteile, erklärt er: Zum einen gebe es hier mehr Platz, und zum anderen werde man hier nicht von Passanten gestört - und die Kontrolle spreche sich nicht so schnell herum.

    Auch Drogenspürhund Astan ist im Einsatz.
    Auch Drogenspürhund Astan ist im Einsatz. Foto: Christian Kirstges

    Weil er neue Aufgaben bekommen hat und seine vorhandenen wieder intensivieren soll, wird der Zoll bundesweit aufgestockt. Deshalb werden beim Hauptzollamt Augsburg dieses Jahr 45 Nachwuchskräfte ausgebildet, angesichts von 500 Angehörigen insgesamt sei das bemerkenswert, findet Pressesprecherin Ute Greulich-Stadlmayer. Auch die Kontrolleinheit werde womöglich profitieren, aber die Strukturen würden gerade ohnehin auf die Zukunftsfähigkeit überprüft.

    Mit Hund und auf Skiern an der grünen Grenze

    Die Leiterin der Kontrolleinheit, Nicole Welter, schätzt ihre Arbeit vor allem, weil kein Tag sei wie der andere, „man weiß nie, was passiert“. Ihr Kollege Manfred Wölfel war früher in Pfronten eingesetzt und sicherte bis Anfang 1995 die grüne Grenze, auch mit Hund und auf Skiern, seither ist er bei der Einheit. Da es selbst innerhalb Europas keine einheitlichen Steuern gebe, aber dafür Schmuggler, würden Zöllner mit Sicherheit auch künftig gebraucht, eben um die Bürger und die Wirtschaft zu schützen.

    Das ist das Hauptzollamt Augsburg

    Der Amtsbezirk umfasst den Regierungsbezirk Schwaben, die Kreisfreie Stadt Ingolstadt, den Landkreise Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen und Pfaffenhofen an der Ilm (ohne den Ortsteil Steinkirchen des Ortes Reichertshausen), die österreichischen Gemeinden Jungholz und Mittelberg (kleines Walsertal) und den Abfertigungsplatz des Zollamts Hörbranz-Autobahn auf österreichischem Gebiet.

    Zum Hauptzollamt Augsburg gehören die Zollämter Göggingen, Donauwörth, Ingolstadt, Kempten, Memmingen und Hörbranz-Autobahn. Früher hießen die heutigen Kontrolleinheiten Verkehrswege "Mobile Kontrollgruppen".

    Neben der Warenabfertigung übernimmt der Zoll regelmäßig neue Aufgaben und sorgt zum Beispiel auch für die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns und verwaltet die Kraftfahrzeugsteuer, heißt es auf der Internetseite der Behörde.

    Von 16 gescannten Fahrzeugen zwischen Sonntag und Montag von 20 bis 2 Uhr schauen sich die mehr als zehn Zöllner sechs näher an, finden aber nichts Spektakuläres. Sie treiben 500 Euro an offenen Rechnungen ein, stellen eine Marihuana-Mühle sicher – und greifen eine Person auf, die illegal im Land ist. Ohnehin können sie nur „Nadelstiche“ setzen, wie es Maucher formuliert, bei der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Ihr Vorteil ist, dass sie überall auftauchen könnten. „Wir wollen unberechenbar sein.“

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    Nicole Welter, Leiterin der Kontrolleinheit, gleicht Daten am Laptop ab.
    Nicole Welter, Leiterin der Kontrolleinheit, gleicht Daten am Laptop ab. Foto: Christian Kirstges
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