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Landkreis Günzburg: Für manchen eine Hürde: Unterschriften vor der Kommunalwahl

Landkreis Günzburg

Für manchen eine Hürde: Unterschriften vor der Kommunalwahl

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    Wie hier im Burgauer Rathaus müssen sich Bürger, die gewisse Parteien unterstützen wollen, persönlich eintragen.
    Wie hier im Burgauer Rathaus müssen sich Bürger, die gewisse Parteien unterstützen wollen, persönlich eintragen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Die Satirepartei „Die Partei“ will in den künftigen Burgauer Stadtrat gewählt werden. Doch um auf den Wahlzettel zu kommen, muss sie in der Stadt erst einmal 120 Unterschriften sammeln – der Wahlvorschlag einer neuen Partei oder Wählergruppe braucht für die Gemeinde- und Landkreiswahlen in Bayern zusätzliche Unterstützungsunterschriften durch Wahlberechtigte, heißt es im Gesetz. „Da reicht aber kein einfaches Unterschreiben an der Haustüre“, erklärt Florian Bruckmann von „Die Partei“.

    Die Bürger – in diesem Fall „müssen es wahlberechtigte Burgauer sein, das heißt im Besitz der deutschen oder EU-Staatsangehörigkeit mit erstem Wohnsitz in

    "Aus Spaß nehmen wir diesen bürokratischen Hürdenlauf nicht auf uns"

    Das Problem: „Oft wird mir gesagt, ich würde ja gerne unterschreiben, aber ich hoffe ja auf einen Auftrag von der Stadt oder ich möchte nicht, dass ganz Burgau weiß, dass ich für euch unterschreibe.“ Es werde in der Verwaltung peinlich genau auf den Datenschutz und die Verschwiegenheit geachtet, aber trotzdem sei es nicht einfach, die Bürger zum Unterschreiben zu bewegen. „Wir sind, das möchte ich mit aller Ernsthaftigkeit betonen, keine Spaßpartei. Aus Spaß nehmen wir diesen bürokratischen Hürdenlauf genauso wenig auf uns, wie das Patrouillieren auf dem Bordstein bei – dank Klimawandel – Temperaturen über dem Gefrierpunkt“, erklärt Florian Bruckmann.

    So sehen sie aus, die Listen für die Unterschriften.
    So sehen sie aus, die Listen für die Unterschriften. Foto: Bernhard Weizenegger

    Auch andere müssen diese Hürde nehmen. Deshalb betonte Landratskandidat Rudolf Ristl aus Jettingen-Scheppach seine internationalen Erfahrungen als Geschäftsmann und Koordinator der Piratenpartei, unter deren politischer Flagge der 57-Jährige segelt. Aber die Linke hat in ihm nach eigener Überzeugung einen geeigneten Kandidaten gefunden. Und er muss sich aus dem Grund nicht, wie er es mit der

    JU: "Wir befinden uns auf der Zielgeraden"

    Mit eigenen Listen tritt dieses Mal auch die Junge Union (JU) an und benötigt ebenfalls Unterschriften. Die stellvertretende Kreisvorsitzende Barbara Lenzgeiger (geborene Reichhart) hat aber kein Problem damit, dass die Unterstützer dafür in eine Verwaltung müssen, auch wenn das natürlich eine Hürde sei. „Wenn man von Haus zu Haus geht oder mit den Leuten an den Ständen ins Gespräch kommt, würde das natürlich wesentlich schneller gehen.“

    Was bei Unterstützungsunterschriften zu beachten ist

    Wie viele Unterschriften? Die Anzahl der zusätzlichen Unterstützungsunterschriften ist abhängig von der Gemeinde- beziehungsweise Landkreisgröße und liegt zwischen 40 bei Gemeinden bis zu 1000 Einwohnern und 1000 in der Landeshauptstadt München, erklärt das Bayerische Innenministerium.

    Wann ist jemand neu? Als „neu“ gilt der Träger eines Wahlvorschlags, wenn er hinsichtlich der Bürgermeister- beziehungsweise Landratswahl nicht bis zum 90. Tag vor dem Wahltag den Amtsinhaber stellt, nicht bis zum 90. Tag vorher aufgrund eines eigenen Wahlvorschlags im Gemeinde- beziehungsweise Kreistag vertreten ist „oder nicht mit einem alten oder privilegierten Wahlvorschlagsträger einen Wahlvorschlag einreicht“.

    Fünf Prozent Parlamentsparteien, also Parteien, die bei der vorherigen Landtags- oder Europawahl mindestens fünf Prozent aller im Land abgegebenen gültigen Stimmen beziehungsweise bei der Bundestagswahl mindestens fünf Prozent aller im Land abgegebenen Zweitstimmen erhalten haben, gelten als privilegiert und brauchen keine zusätzlichen Unterschriften.

    Die Frist Die Wahlberechtigten müssen sich bis spätestens Montag, 3. Februar, um 12 Uhr persönlich in der Gemeinde in die für den jeweiligen Wahlvorschlag ausliegende Unterstützungsliste eintragen.

    Der Sinn „Die Regelung hat den Zweck, Wahlvorschlagsträger nur dann zur Wahl zuzulassen, wenn sie durch eine hinreichende Zahl von Unterschriften von Wahlberechtigten die Ernsthaftigkeit und genügende Unterstützung ihres Wahlvorschlags nachgewiesen haben“, heißt es weiter. „Dem dient auch die Einschränkung, dass wirksame Unterschriftslisten nur in den Gemeindeverwaltungen und nicht auch, wie zum Beispiel bei einem Bürgerbegehren, etwa in Supermärkten ausliegen können.“

    Das Ziel Der „Wahlakt“ soll auf ernsthafte Bewerber beschränkt werden, das Stimmgewicht der einzelnen Wählerstimme gesichert und so indirekt der Stimmenzersplitterung vorgebeugt werden. „Dies trägt zur Bildung klarer Mehrheitsverhältnisse bei, die die Funktionsfähigkeit des zu wählenden Vertretungsorgans sicherstellen. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat die Verfassungsmäßigkeit der Regelung in seiner Entscheidung vom 18. Juli 1995 bestätigt.“

    Wer braucht sie, wer nicht? Konkret benötigen nach Auskunft des Landratsamtes Wahlvorschläge von CSU, Grünen, Freien Wählern, SPD, FDP und der Linken keine Unterstützungsunterschriften. Bei den Landkreiswahlen für den Wahlvorschlag zur Kreistagswahl braucht sie aber die Junge Union, das gilt auch auf Gemeindeebene. Und auch „Die Partei“ ist darauf angewiesen.

    Wer kann sich eintragen? Wer wahlberechtigt ist und einen Wahlvorschlag unterstützen will, muss sich in der Gemeinde, in der er spätestens am letzten Tag der Eintragungsfrist wahlberechtigt ist, in die Unterstützungslisten eintragen. Wer sich selbst bewirbt und Ersatzmann beziehungsweise -frau für Wahlvorschläge ist, darf sich nicht eintragen. Auch wer sich in eine andere Unterstützungsliste eingetragen oder einen anderen Wahlvorschlag unterzeichnet hat, darf nicht erneut unterschreiben.

    Die „Bannmeile“ Damit die Bürger nicht belästigt und beeinflusst werden, dürfen die für die Unterschriften Werbenden in der „Bannmeile“ keine Werbung betreiben. Die „Bannmeile“ ist der Bereich unmittelbar vor dem Zugang zum Gebäude, in dem der Abstimmungsraum ist. Sie dürfen auch keinen in den Eintragungsraum begleiten.

    Was ist nötig? Wer sich eintragen will, muss das persönlich mit Familienname, Vorname, Anschrift und Unterschrift tun sowie sich mit einem Ausweispapier legitimieren. Aus Gründen des Datenschutzes darf nur die laufende Seite vorgelegt werden. Wer krank oder körperlich behindert ist, kann jemanden mit einem Eintragungsschein beauftragen, die Unterschrift zu leisten. „Unzulässig wäre es dagegen in jedem Fall, dass ein Gemeindebediensteter mit der Unterstützungsliste die Wahlberechtigten zu Hause aufsucht“, erklärt Geschäftsbereichsleiter Christoph Glöckler.

    Geheim Wer bei der öffentlichen Hand arbeitet, muss das Dienstgeheimnis wahren, und auch andere wie Amtsträger oder Mitglieder von Wahlorganen dürfen Auskünfte über die Unterschriften nur gegenüber Behörden, Gerichten und sonstigen amtlichen Stellen geben, „wenn die Auskunft zur Durchführung der Abstimmung oder eines Wahlprüfungsverfahrens oder zur Aufklärung des Verdachts einer Wahlstraftat erforderlich ist“. (cki)

    Aber wer wirklich hinter der Sache stehe, nehme den Weg auf sich. Wenn es zu leicht sei, für alles und jeden zu unterschreiben, sei das schließlich nicht gut. Und mit zu vielen Parteien und Gruppierungen in einem Rat würde der politische Diskurs nicht einfacher – einen Konsens zu finden noch weniger. „Wir haben an Ständen in verschiedenen Orten Werbung für uns gemacht, und wir stoßen auf eine große Zustimmung“, sagt Lenzgeiger. „Es schaut gut aus, wir befinden uns auf der Zielgeraden.“ Auch deshalb sieht sie keinen Grund, die Regeln zu ändern. Und wer im Rathaus mit seiner Unterschrift Unterstützung für jemanden bezeuge, müsse ja nicht automatisch diesen wählen.

    Eine Wahl ohne Hürden schadet der Demokratie

    In Kammeltal fordert Thorsten Wick, nominiert von der Wählervereinigung „Bürgernahes Kammeltal“, Amtsinhaber Matthias Kiermasz heraus, der von mehreren Gruppierungen aufgestellt beziehungsweise unterstützt wird. Auch Wick sagt, die Unterschriften seien eine Hürde, die einen zunächst stutzen lasse. Aber er habe 160 Signaturen zusammen, also kann er antreten. Es habe Leute gegeben, denen der Aufwand zu groß gewesen sei, aber letztlich spreche das Ergebnis für sich.

    Er sehe die Sache wie Barbara Lenzgeiger: Wer jemanden unterstützen will, solle dafür etwas tun und bereit sein, Gesicht zu zeigen. Im kommunalen Bereich gehe es ohnehin weniger um die Politik an sich, sondern um die jeweilige Person und für was sie steht. „Es ist ja auch nichts Verwerfliches, zu bekunden, dass man jemanden unterstützen will.“ Und wenn jeder ohne jegliche Hürde in ein Parlament einziehen könne, sei das für die Demokratie nicht gut. (mit ioa)

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