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Landkreis Günzburg: Es darf im Garten auch mal unordentlich sein

Landkreis Günzburg

Es darf im Garten auch mal unordentlich sein

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    Laub darf auch mal liegen bleiben. Vom Rasen sollte es jedoch entfernt werden, am besten aber nicht mit dem Laubsauger.
    Laub darf auch mal liegen bleiben. Vom Rasen sollte es jedoch entfernt werden, am besten aber nicht mit dem Laubsauger. Foto: Peter Wieser

    Hoppla, der Herbst ist da und ganz schnell mal wieder. Also: Raus in den Garten und alles schön winterfest machen. Am besten gleich alle Stauden abschneiden und weg mit dem dürren Zeug. Das sieht nicht gut aus über den Winter und im Frühjahr treibt sowieso alles neu aus. Schön und aufgeräumt muss es sein, schließlich will man sich ja nichts nachsagen lassen. Also: Laubsauger an und weg damit. Oder doch nicht?

    Gut, das Laub sollte schon vom Rasen entfernt werden, vor allem, wenn es sich bei einem solchen um einen englischen handelt. Lichtmangel und Fäulnis würden drohen. Aber wenn, dann nach Möglichkeit mit Rechen und Laubbesen, sagt Otmar Frimmel von der unteren Naturschutzbehörde. Welcher Käfer oder Tausendfüßler möchte schon gern turbomäßig in den Sauger eingezogen und anschließend vom Häckselwerk zerstückelt werden? Unter Hecken und Sträuchern dagegen darf eine Laubschicht ruhig liegen bleiben, sofern die Blätter nicht gerade von einem Pilz befallen sind. Unter Sträuchern und Hecken belassenes Laub bietet vielen Insekten und Würmern Lebensraum, die wiederum dienen Vögeln und Kleinsäugern als Nahrung.

    Eine Bereicherung für den Garten

    Stauden können, wenn man sie nicht abschneidet, durchaus eine Bereicherung für den Garten sein und gerade Gräser verleihen ihm eine ganz besondere Atmosphäre, wenn sie mit Raureif überzogen sind. In ihnen befinden sich immer noch Samenkörner und das Dickicht ihrer Stängel biete vielen Nützlingen ein Winterquartier. Ist es im Winter einmal einige Tage etwas wärmer, finden Vögel sofort Nahrung.

    In fast jedem Garten gibt es Bereiche, in denen auch einmal die letzten Sonnenblumen stehen bleiben können. Es muss nicht immer alles aufgeräumt und geradezu „geschleckt“ sein. Die Natur braucht eine gewisse Unordnung. Grasschnitt, Laub- und Gartenabfälle gehören übrigens auch nicht in Wald und Wiesen. Dass diese dort genauso verrotten, ist ein Irrglaube, vielmehr zerstören sie das sensible Gleichgewicht. Fakt ist: Steht einmal Unrat an einer Stelle, kommt der Nächste und stellt seine Plastiktüten mit Müll daneben ab – und fertig ist die Mülldeponie.

    Auch auf öffentlichen Flächen hat sich vieles getan. Die Landschaft werde so intensiv genutzt, dass jeder freie Raum ausgenutzt werden müsse“, betont Otmar Frimmel von der unteren Naturschutzbehörde. Mit dem Anlegen von Straßenbegleitgrün sind viele Rückzugsgebiete für Insekten, Kleinsäuger und Reptilien entstanden. „Es ist genügend Potenzial da“, sagt Frimmel. Mit entsprechender Pflege können solche Strukturen durchaus zu Biotopen werden. Nicht gleich alles niedermähen, sondern beispielsweise Streifen stehen lassen. Die Verkehrssicherungspflicht dürfe dabei natürlich nicht beeinträchtigt werden. Dasselbe gelte für Gräben. Auch dort sollten, zumindest teilweise, abgestorbene Gräser stehen gelassen oder nur bestimmte Bereiche gemäht werden.

    Viele Tiere finden Unterschlupf

    Wo sollen Feldhase, Rebhuhn, Distelfink oder Eidechse Unterschlupf finden, wenn der scharfe Januarwind über die Felder fegt? Auch dort, in und zwischen den Stängeln, fänden sich immer noch überwinternde Insektenlarven, Raupeneier und Puppen, aber auch Samen, als Nahrungsquelle. Seitens der Wasserwirtschaft, der Straßenbau- und der Forstverwaltung, wie auch seitens der Kommunen, habe sich in den vergangenen Jahren vieles getan. Werden Bäume entfernt, würden sie nicht mehr ganz unten am Boden abgesägt und abgestorbene Gehölze blieben schon mal liegen. Denn: Mit dem Tod eines Gehölzes kehrt neuer Lebensraum ein. Je älter es ist, umso besser. Stehendes Totholz spiele bei der Erhaltung der Artenvielfalt eine wichtige Rolle, beispielsweise für Wildbienen, die ihre Nistgänge darin anlegen. Gleichzeitig bietet es Lebensraum für Käfer, die wiederum als Nahrung für Vögel dienen, aber auch Specht und Eichhörnchen fühlen sich dort wohl.

    Bei der öffentlichen Hand sei dies inzwischen angekommen, bei der Bevölkerung dagegen noch nicht. Es gebe viele Kritiker – schimpfende Bürger, die dies noch nicht verstanden hätten. Von „Unordnung“ und „wie es denn hier aussehe“, sei oftmals die Rede. „Wir brauchen auch Menschen, die so etwas loben“, betont Frimmel. Ob im eigenen Garten oder draußen in der Natur – jeder einzelne könne etwas tun – und kleine Schritte ergäben einen großen.

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