In Leipheim kann in Augenschein genommen werden, wie Einkaufen in der Zukunft aussehen könnte: Die Firma Wanzl hat für ihre Beschäftigten einen "My Mobile Store" eingerichtet. In den rund 50 Quadratmeter großen, rechteckigen Laden auf dem Gelände von Werk 4 gelangen die Mitarbeiter nur, wenn sie ihren persönlichen Ausweis vor dem Eingang an ein Portal halten und ihn elektronisch lesen lassen. Dann schiebt sich die gläserne Eingangstür zur Seite und der Weg ist frei in das außergewöhnliche Lebensmittelgeschäft.
Der Shop ist recht einfach gehalten, um möglichst viel Standard- und Frischware auf der übersichtlichen Fläche unterzubringen. Das Innenleben besteht aus allerlei Hightech. Das gewährleistet, bargeldlos und vor allem ohne Ladenpersonal einzukaufen. 300 verschiedene Produkte werden angeboten - von der Butterbreze über Kaltgetränke und Süßigkeiten bis hin zu Hygieneartikeln wie Zahnbürsten und Kondome.
"My Mobile Store" in Leipheim: Mitarbeiterausweis und EC-Karte reichen
Neben der Personalkarte, die wie erwähnt für den Eintritt und nach dem Zahlvorgang für das Verlassen des Mini-Stores benötigt wird, muss noch eine EC-Karte, eine Kreditkarte oder das Smartphone mit entsprechenden Apps von elektronischen Bezahlsystemen in den Laden mitgenommen werden. Das reicht aus. "Ganz bewusst checkt man sich mit dem Mitarbeiterausweis noch einmal aus, muss also aktiv werden", erklärt Produktmanager Markus Pfitzmaier, damit sich die Ausgangstür wie von Geisterhand zur Seite schiebt. Würde das mit einer Lichtschranke funktionieren, "könnte der eine oder andere vielleicht vergessen, für seine Waren zu bezahlen". Deshalb ist diese zusätzliche kleine "Hürde" eingebaut.
Im Fall des Falles wäre ohnehin rekonstruierbar, wer den Store betreten hat. Zur Sicherheit der Kunden, die ausschließlich Mitarbeiter sind, wurden "Kameras mit verpixelter Darstellung installiert, da kein Personal vor Ort ist". So steht es im Prospekt, der im Wanzl-Werk an mehreren Stellen ausliegt.
Einkaufen nach Anweisungen auf dem Display: "Schön, dass du da bist"
Pfitzmaier zeigt mit seinem kurzen Kundenbesuch, wie einfach diese Einkaufswelt ohne Kassen- oder andere Kräfte funktioniert. "Halte deine Mitarbeiterkarte an das Lesegerät", steht auf dem Display des Portals. Wenn das passiert ist, ändert sich der Text: "Schön, dass du da bist. Komm rein."
Der Produktmanager wählt ein Getränk aus, geht in den unbesetzten Kassenbereich. Er scannt die Ware, deren Preis auf einem großen, hochformatig platzierten Bildschirm angezeigt wird. Er zückt sein Smartephone, hält es an ein weiteres Terminal. Und via PayPal bezahlt er. Dann noch das kurze Auschecken, die Ausgangstür gibt den Weg nach draußen frei. Innerhalb kurzer Zeit ist der Einkauf erledigt. "Das ist super angenehm, wenn man weiß, was man will", sagt der Probe-Einkäufer. Und selbst, wenn man sich vor der Kaufentscheidung etwas umschaut: Selten braucht jemand länger als fünf Minuten.
Wanzl in Leipheim: Sonnenterrasse im Außenbereich
Die frisch zubereitete Salat-Box, belegte Backwaren mit Wurst, Geflügel und Käse, das Müsli, den Obstsalat, die Suppe, die Pizzazunge oder den Coffee to go kann man unmittelbar nach dem Verlassen des "My Mobile Store" genießen. Auf der Sonnenterrasse im Außenbereich des Ladens sind 60 Sitzplätze eingerichtet, die auch beschattet sind.
Reiner Produktlieferant ist die Firma Wanzl schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Das Unternehmen, das von vielen nach wie vor zunächst mit seinem "Kernprodukt" Einkaufswagen in Verbindung gebracht wird, bietet beispielsweise komplette Lösungen für Zutrittskontrollen oder eben Shop-Einrichtungen an. Darüber wird nun in der Zentrale des global agierenden Familienunternehmens nicht mehr nur gesprochen. Was Wanzl sich unter diesen Lösungen vorstellt, kann seit wenigen Wochen von Kunden besichtigt werden - und die Mitarbeiter erleben den hochtechnisierten und gleichwohl unkomplizierten Einkauf selbst. Geschäftspartner, die sich für das Thema "24-Stunden-Shopping" interessierten, mussten in der Vergangenheit eine ungefähr halbstündige Fahrt von Leipheim aus in Kauf nehmen - zu einem Laden der Firma Würth, die mit Wanzl kooperiert. Dieser Laden steht an der A7 an der Autobahnausfahrt Vöhringen, ist aber nicht für Endkunden bestimmt. Handwerksbetriebe können sich dort rund um die Uhr bestücken.
Theoretisch ist das Einkaufen in Bayern rund um die Uhr von Montag bis Samstag möglich
In Leipheim selbst könnte der "My Mobile Store" für Waren des täglichen Bedarfs auch von Montag bis Samstag rund um die Uhr geöffnet haben, was aber niemandem etwas bringen würde. Denn wenn die Werkstore geschlossen sind, wird auch keiner einkaufen. Die Öffnungszeiten sind daher von Montag bis Donnerstag zwischen 6 und 20 Uhr, am Freitag ist es eine Stunde kürzer.
Von diesem Modell könnten Firmen profitieren, sagen Pfitzmaier und Dennis Witzing von der Marketingabteilung bei Wanzl. Eine Konkurrenz zur Betriebskantine - sofern es überhaupt eine gibt - sehen die beiden nicht, "aber eine Ergänzung". Ein anderer möglicher Einsatzort sind kleine Kommunen, aus denen Tante-Emma-Läden schon längst verschwunden sind und Dorfläden bislang nicht realisiert wurden. Gleichzeitig ist die Einwohnerzahl nicht so groß, dass große Supermarktketten dieses Dorf als lohnenswertes Ziel ausgemacht hätten. Mobile kleine Lebensmittelgeschäfte - vielleicht sind sie ja dann tatsächlich die Zukunft. Genau davon will Wanzl Interessierte überzeugen.