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Landkreis Günzburg: Die Sache mit der Immobilie

Landkreis Günzburg

Die Sache mit der Immobilie

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    Lohnen sich Bausparverträge nach dem Urteil des BGH noch? Die regionalen Bausparkassen sagen ja, Verbraucherschützer bewerten die Lage hingegen anders. Auf was müssen Bausparer jetzt achten?
    Lohnen sich Bausparverträge nach dem Urteil des BGH noch? Die regionalen Bausparkassen sagen ja, Verbraucherschützer bewerten die Lage hingegen anders. Auf was müssen Bausparer jetzt achten?

    Bis vor Kurzem war es kein Problem, seinen Bausparvertrag als Geldanlage zu nutzen. So nahmen viele Kunden in der Zeit der Niedrigzinsen ihr Bauspardarlehen gar nicht in Anspruch, sondern kassierten stattdessen die lukrativen Zinsen von drei bis vier Prozent. Damit ist nun Schluss: Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschied, dass Bausparkassen Verträge kündigen dürfen, die seit zehn Jahren zuteilungsreif und noch nicht vollständig bespart sind. Betroffen von dieser neuen Regelung sind schätzungsweise knapp 260000 Bausparverträge.

    Was sagen die Banken dazu?

    Walter Pache, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Günzburg-Krumbach, begrüßt das Urteil. „Seit die Zinsen so niedrig sind, wurde es für die Bausparkassen immer schwieriger“, erklärte er im Gespräch mit unserer Zeitung. Denn der ursprüngliche Kollektivgedanke – Bausparer zahlt ein, um danach ein Darlehen zu erhalten – funktioniere nicht mehr.

    Pache zufolge darf man das Urteil aber nicht überbewerten: „Bei unserer Bausparkasse, der LBS Bayern, betrifft das Urteil relativ wenige Verträge. Ich schätze, dass der Anteil, der überhaupt gekündigt wird, bei zwei bis drei Prozent liegt.“ Entsprechend gibt es laut Pache kaum Reaktionen. Bisher habe in seinen Sparkassen-Filialen kein Kunde am Schalter danach gefragt. „Natürlich habe auch ich Leute im Bekanntenkreis, die sagen, dass man früher mit Bausparverträgen als Sparanlage geworben habe. Aber man muss eben den Kollektivgedanken und die schwierige Situation durch die Nullzinspolitik sehen“, sagte Pache. Der Bankenchef rät seinen Kunden nach wie vor dazu, Bausparverträge abzuschließen: „Das macht absolut noch Sinn. Der Vertrag läuft ja einige Jahre und ich vermute stark, dass die Zinsen nicht ewig so niedrig bleiben. Bausparen ist nicht tot.“ Gerade für junge Leute rentiere sich ein Bausparvertrag, da es immer schwieriger werde, eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital zu erhalten. Walter Pache erwartet nach dem Urteil keine gravierenden Auswirkungen. „Bausparen ist nach wie vor sehr beliebt“, erklärte der Vorstandschef. Bei den Sparkassen sei dieses Modell derzeit beliebter als in den ersten beiden Monaten des Vorjahres.

    Ganz ähnlich schätzt auch Uwe Köhler, Vorstandsmitglied der Raiffeisenbank Krumbach/Schwaben eG, das Urteil des BGH ein. Grundsätzlich seien die Bausparverträge dazu gedacht gewesen, später damit eine Immobilie finanzieren zu können, doch viele Kunden hätten die Verträge als reine Geldanlage genutzt, sagte er. Aus Köhlers Sicht war dieses Urteil deswegen absehbar. Er rät Kunden, ihr Geld breit zu streuen und in länger laufende Anleihen oder in Aktienfonds anzulegen, oder auch in Edelmetalle. Dennoch rechnet der Banker nicht damit, dass es weniger Kunden von Bausparverträgen geben wird, „weil das Zinsniveau weiterhin sehr niedrig ist“.

    Horst Nießner der Wüstenrot AG in Krumbach schließt sich den Aussagen der beiden Banker an. „Diese Verträge sind ja teilweise 20 oder 30 Jahre alt. Das ist der Kern des Urteils“, sagte Nießner unserer Zeitung. Die Bausparverträge dürften schließlich nach zehn Jahren Zuteilungszeit gekündigt werden, sprich: Die Verträge können durchaus älter sein, als diese zehn Jahre, in denen sie zuteilungsreif wurden. „Es gab schon Kunden, die gefragt haben: ,Bin ich davon betroffen?’“ Dennoch seien Nießner zufolge die Auswirkungen eher gering, auch deshalb, weil der Banker ständig mit seinen Kunden im Gespräch sei und sie informiere.

    Was sagen die Verbraucherschützer?

    Ganz anders bewertet Susanne Götz das Urteil aus der Verbrauchersicht. Sie ist Projektleiterin für Recht und Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale in Bayern. „Das Urteil ist falsch, weil die Bausparkassen ja selbst Werbung damit gemacht haben, die Verträge als Sparprodukt zu nutzen und nicht für Immobilien“, sagte sie. „Es ist außerdem falsch, weil es dem Sparer möglich sein sollte, eine gewisse Summe für den Bau anzusparen und selbst zu entscheiden, ob er das Darlehen nutzen möchte oder nicht.“ Der Vertragszweck werde durch das Urteil unterbrochen. Einen Bausparvertrag zu kündigen, sei für die Darlehensnehmer gedacht, erklärte Götz. Laut Urteil sind das die Banken, bis das Darlehen von den Kunden in Anspruch genommen wird. Götz zufolge werde diese Vorschrift jedoch fälschlicherweise auf die Banken übertragen: „Die Banken verwenden das auf ihre Situation, das passt nicht.“ Das Recht wurde aus ihrer Sicht nicht richtig angewendet. „Der Vertragszweck muss erfüllt werden können.“ Der Kunde sollte ihrer Meinung nach entscheiden können: Möchte ich ein Darlehen in Anspruch nehmen – ja oder nein?

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