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Landkreis Günzburg: Die Landensberger Dorfschänke Kreuz schließt für immer

Landkreis Günzburg

Die Landensberger Dorfschänke Kreuz schließt für immer

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    Ein Hingucker auch von außen: Das Gasthaus "Dorfschänke Kreuz", deren letzter Tag bald gekommen ist: Am 31. Oktober ist Schluss.
    Ein Hingucker auch von außen: Das Gasthaus "Dorfschänke Kreuz", deren letzter Tag bald gekommen ist: Am 31. Oktober ist Schluss. Foto: Bernhard Weizenegger

    "Außergewöhnliches ist unser Markenzeichen!“, steht direkt unter der auf einem weißen DIN-A-4-Papier kopierten Tageskarte des Gasthauses „Dorfschänke Kreuz“. Und dann werden die noch nicht einmal zwei Handvoll Gerichte aufgelistet: Von einem Altbayerischen Krustenbraten an Augustiner Biersauce, Blaukraut und Kartoffelknödel ist da zu lesen, von zarten gegrillten Lendchen an fränkischer Weinsauce, Spatzen und Salatteller.

    Dass die Auswahl übersichtlich ist, hat seinen Grund: Fünf Tage noch – von Mittwoch an bis Sonntag – wird das Kreuz geöffnet haben. Und dann ist für immer Schluss. Dann wird die Türe in die gemütliche Gaststube nicht mehr aufgehen, kein Stammtisch mehr die Gläser heben und keiner zum Akkordeon greifen und ein Lied anstimmen.

    Corona brachte viel Zeit zum Nachdenken mit sich

    Wie leicht oder wie schwer Peter Wagner junior die Entscheidung gefallen ist, lässt er am Sonntagabend – eine Woche vor dem endgültigen Aus – nicht raus. „Da müssen Sie mich am nächsten Sonntag danach fragen“, sagt er. Ergänzend meint er, die Corona-Pandemie und ihre Lockdown-Phasen seien ökonomisch betrachtet nicht entscheidend gewesen, das Berufsleben als Gastronom hinter sich zu lassen. Aber in anderer Hinsicht: Ohne diese Zwangspausen „hätte ich keine Zeit zum Nachdenken gehabt“. Nachdenken darüber, wie die Situation ist und in Zukunft sein wird.

    Denn die „Mannschaft“ im Kreuz besteht nur aus zwei Personen: Ihm in der Küche und seiner Verlobten Leila Aliewa im Service. Er hat die Gaststätte vor vier Jahren von seinen Eltern Peter und Gabriele Wagner übernommen.

    Wirtsleute durch und durch

    Wie sehr der Landensberger Gastronom an der Wirtschaft hängt, macht ein Eintrag auf der Internetseite des Lokals deutlich. Dort steht: „Ein dreiviertel Leben lang sind wir mit Herz und Seele Wirtsleut! D’ Frau ist Bedienung und er Koch. Meistens immer lustig und ,guat drauf’. Manchmal auch a bisserl kritisch und grantig, aber nur zu sich selber und wenns koaner sieht.“

    Wagner ist schließlich zu der Erkenntnis gelangt, dass es einfach nicht mehr geht. In der Hauptsache ist das den gesundheitlichen Problemen geschuldet, die er nach einem schweren Unfall hatte und hat. „Wenn ich älter werde, schaffe ich das nicht mehr“, weiß der Landensberger Wirt um seinen zupackenden Beruf. Ins Detail möchte der 46-Jährige nicht gehen.

    Als er ein Inserat sah, welches auf eine Stelle im Öffentlichen Dienst aufmerksam machte, überlegte er nicht lange. Der Rat des Vaters, den er im Urlaub in Griechenland anrief, lautete: „Mach’ es.“ Und der Sohn bewarb sich – mit Erfolg.

    17 Jahre lang waren die Eltern im "Weißen Ross" in Krumbach

    Wichtiger als die Wirtschaft sei ihm das Wohl seiner drei Kinder, sagt der 72-Jährige, der gastronomisch in vielen Teilen dieser Welt unterwegs war – und im Landkreis Günzburg. Bevor er die Dorfschänke in Landensberg 1998 kaufte und ein Jahr später dann betrieb, waren Peter Wagner senior und seine Frau 17 Jahre lang das Pächterehepaar vom „Weißen Ross“ in Krumbach. Das Gebäude ist längst abgerissen.

    Peter Wagner senior und Ehefrau Gabriele können die Entscheidung ihres Sohnes Peter (Mitte) sehr gut nachvollziehen. Alle drei sind Wirtsleute durch und durch.
    Peter Wagner senior und Ehefrau Gabriele können die Entscheidung ihres Sohnes Peter (Mitte) sehr gut nachvollziehen. Alle drei sind Wirtsleute durch und durch. Foto: Till Hofmann

    Der Senior sieht, dass es nicht mehr so gut bestellt ist um die Gastronomie. Ein Stichwort dafür ist der Fachkräftemangel, ein anderes sind die vielfältigen Anforderungen.

    Erinnerungen an den Wänden der Dorfschänke

    Und Gabriele Wagner meint, dass Langeweile schon lange eingekehrt sei. „Heute wird ein Bier bestellt, etwas gegessen, dann zahlt der Gast und geht.“ Früher sei mehr los gewesen, wenngleich es ja nicht so sein müsse, wie 1973 an ihrem ersten Tag als jüngstes Wirtsehepaar Garmisch-Partenkirchens in einer großen Brauereigaststätte: „Damals hat es an diesem Eröffnungstag sieben Wirtshausschlägereien gegeben“, sagt sie und schmunzelt. Die schönen Erinnerungen im Kreuz werden bald verblassen – jedenfalls nicht mehr für die Menschen sichtbar sein. An den Wänden hängen Bilder, Fotos hinter Glas von Menschen, die gerne in die Wirtschaft gekommen sind und es noch immer tun. In wenigen Tagen ist das nicht mehr möglich. Möglicherweise werden in dem großen Haus Mietwohnungen entstehen. „Da ist was am Laufen, aber noch ist nichts spruchreif“, gibt der Senior und Eigentümer Einblick.

    Ein Stammtisch, wie er bald nicht mehr zusammenkommt mit (von links) Edmund Freitag, Walter Kraft, Markus Feil, Felix Feil und Peter Merk.
    Ein Stammtisch, wie er bald nicht mehr zusammenkommt mit (von links) Edmund Freitag, Walter Kraft, Markus Feil, Felix Feil und Peter Merk. Foto: Till Hofmann

    „Dass einem etwas fehlt, merkt man oft erst, wenn es auf einmal nicht mehr da ist“, sagt Markus Feil, der am Sonntagabend mit seinem Sohn zu einer netten Plauderei eingekehrt ist und am Stammtisch Platz nimmt. Hier habe er geheiratet. Hier sei die Taufe des Filius gefeiert worden. Neben ihm sitzt Walter Kraft, der erste Stammgast überhaupt. Deshalb hat man ihm auch einmal feierlich ein T-Shirt und ein „Mützle“ mit der „Nummer 1“ überreicht. „Es ist schon irgendwie traurig“, sagt er und schaut auf sein leeres Glas.

    Eine schöne Zeit mit den Gästen

    Und was bleibt dem Kreuz-Wirt? Der Rückblick auf eine anstrengende, aber gleichwohl schöne Zeit. Das habe besonders mit seinen Gästen zu tun: „Jeden einzelnen von ihnen habe ich lieb gewonnen“, sagt er am Montagabend am Telefon.

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