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Landkreis Günzburg: Corona und die Folgen: Licht und Schatten bei Metzgern und Bäckern im Kreis Günzburg

Landkreis Günzburg

Corona und die Folgen: Licht und Schatten bei Metzgern und Bäckern im Kreis Günzburg

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    Gunther Kühle hat festgestellt, dass sich die Kunden durch die Kochbücher probieren, wovon die Metzger profitierten. Dafür falle anderes weg.
    Gunther Kühle hat festgestellt, dass sich die Kunden durch die Kochbücher probieren, wovon die Metzger profitierten. Dafür falle anderes weg. Foto: Alexander Kaya (Archiv)

    Betriebe und Geschäfte der Bäcker und Metzger haben zwar keine Schließungen während der Corona-Pandemie hinnehmen müssen. Trotzdem ist nichts mehr so, wie es war. Gunther Kühle, Obermeister der auch für einen Teil des Landkreises Günzburg zuständigen Fleischerinnung und in sechster Generation Platzmetzger von Weißenhorn, erklärt: „Es gab grundlegende Veränderungen. Viele breit aufgestellte Metzgereien, die einen Fest- und Partyservice oder Lieferungen an Kantinen haben, haben in diesem Bereich massive Probleme. Die Einnahmen gingen da gegen null.“

    In den Ladengeschäften sei der Verzehr vor Ort weggefallen, ebenso die Lieferungen an die Gastronomie. Ein Plus sieht Kühle bei vermehrten Einkäufen von Kunden, die sich regelrecht durch die Kochbücher durchprobiert und neue Fleischgerichte gekocht hätten. „Der Einkauf beim Metzger oder auf dem Wochenmarkt, wo Metzgereien auch verkaufen, bedeutet für viele eine willkommene Abwechslung vom vielen Daheimsein.“ Die Gespräche, der Austausch, das Zusammenkommen, das fehle einfach. „Und das betrifft vor allem die junge Generation. Wir wollen ausbilden, wir brauchen den Nachwuchs im Handwerk. Wir haben schon Praktika angeboten, die dann aber letztlich nicht stattfinden konnten. Es ist alles sehr schwierig.“

    Die Mitarbeiter sollen im Beruf gehalten werden

    Kühle wünscht sich, dass es so schnell wie möglich zu einer Art Normalität zurückgeht, nachdem man sich fast seit einem Jahr antrainiert hat, zurückzuschrecken, wenn der Abstand von einem Meter zum Mitmenschen unterschritten wird, und das Handgeben abgeschafft wurde. Den Mitarbeitern zollt Platzmetzger Kühle höchsten Respekt. „Die Kunden anzusprechen, dass sie Abstand halten, dass nicht zu viele im Laden sind, gleichzeitig ein Auge darauf zu haben, dass die Wartenden vor der Ladentür nicht zu lange stehen. Dem Personal gilt großer Dank für Geduld und Feingefühl.“ Nicht zu unterschätzen sei, wie schlecht verständlich oft die von der Kundschaft durch eine FFP2-Maske geäußerte Gewichts- oder Wurstsorte sei. Kühle ganz pragmatisch: „Ich schätze die schwäbische Hausfrau als so flexibel ein, dass sie, wenn aufgrund eines Hörfehlers statt Fleischsalat die Fleischwurst in die Tüte kam, trotzdem damit klarkommt.“

    Günther Weindl (rechts, hier mit Sohn Dominik) merkt, dass mehr Kunden den Weg in die örtliche Bäckerei finden.
    Günther Weindl (rechts, hier mit Sohn Dominik) merkt, dass mehr Kunden den Weg in die örtliche Bäckerei finden. Foto: Bernhard Weizenegger (Archiv)

    Trotz aller Schwierigkeiten ist Kühle dankbar, dass die Metzgereien durchgehend während der Pandemie öffnen durften, auch wenn Verluste zu verzeichnen seien. Oberstes Ziel sei es, die Kräfte, die in Kurzarbeit seien, im Beruf zu halten. Für zusätzliche Herausforderung sorgt die Tatsache, dass sich die Fleischerinnung über die Landkreise Neu-Ulm und Günzburg erstreckt und manche mit Filialen oder auf Wochenmärkten im Nachbarbundesland Baden-Württemberg tätig sind. Da unterscheiden sich oft die einzuhaltenden Hygienekonzepte. Auch so manchen Protest wegen der Maskenpflicht habe das Verkaufspersonal auszuhalten. „Wir wollen niemanden zurückweisen und die Demokratie muss Protest aushalten. Doch ein Protest an der Theke gegenüber den Verkäuferinnen und Verkäufern ist unfair. Ich finde, das Tragen einer Schutzmaske für den Einkauf einer Leberkässemmel ist keine Einschränkung der Persönlichkeitsrechte.“

    Dem Bäcker fehlen die leuchtenden Augen der Kunden bei Tortenbestellungen

    Kühle ist froh, dass die Metzgereien in der Region vom Virus bisher größtenteils verschont geblieben seien. Angesprochen auf die hohen Infiziertenzahlen in Großbetrieben bleibt Kühle realistisch: „Das Virus hat keinen Feiertag, kennt keine Grenzen und die Betriebsgröße ist ihm auch egal.“ Sein Fazit nach fast einem Jahr Pandemie: „Wir jammern nicht, aber wir sorgen uns.“

    Auf dem Land ist der Gang zum Metzger, Bäcker und Friseur auch mit einem Ratsch verbunden und mit dem vollen Einkaufskorb kommt auch die eine oder andere Neuigkeit mit nach Hause. Diese Meinung teilt auch Günther Weindl, Obermeister der Bäckerinnung Günzburg, aus Großkötz. Mit der pandemiebedingten Schließung der Bäckercafés fehlen auch hier Einnahmen. Es wurden keine Backwaren für Feste gebraucht, keine Semmeln für das Heimspiel des Fußballvereins verkauft und keine Krapfen und Küchla für Tausende von Faschingsumzugsteilnehmern in der Backstube gefertigt. „Seit gefühlt einem Jahr habe ich kein Party-Wagenrad mehr gebacken. Mir fehlen die leuchtenden Augen, wenn Hochzeits- oder Geburtstagstorten bestellt und abgeholt werden. Das ist schon ein Stück Freude am Beruf, das wegfällt.“

    Was die Pandemie für die Bäcker verbessert hat

    Gute Seiten habe die Pandemie allerdings auch. So stellt Weindl fest, dass mehr Kunden wieder den Weg in die Bäckerei im Ort finden. Handwerksqualität, kurze Wege, Nachhaltigkeit und Regionalität seien vermehrt bei den Menschen gefragt. Außerdem seien beim Bäcker auch weniger Leute im Laden als in einem Discounter. Wie schwierig und belastend der Verkauf während der Pandemie ist, erlebt Weindl in seinem Geschäft in Großkötz Tag für Tag.

    „Der Kontakt zum Kunden, der eine Maske trägt, kann nicht so einfach hergestellt werden. Man versteht sich einfach schlechter, sieht kein Lächeln.“ Trotzdem ist Weindl froh, dass das Bäckerhandwerk zur Nahversorgung beitragen kann und geöffnet hat. Es gebe Branchen, die es deutlich schwerer getroffen habe. Weindl wünscht sich, dass alle gut durch die Pandemie kommen.

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