Startseite
Icon Pfeil nach unten
Günzburg
Icon Pfeil nach unten

Landkreis Günzburg: 100 Corona-Tote im Kreis Günzburg: Menschen wurden aus unserer Mitte gerissen

Landkreis Günzburg

100 Corona-Tote im Kreis Günzburg: Menschen wurden aus unserer Mitte gerissen

    • |
    Grabsteine gibt es in verschiedensten Ausführungen und werden vom Steinmetz ganz nach den Wünschen der Hinterbliebenen gestaltet.
    Grabsteine gibt es in verschiedensten Ausführungen und werden vom Steinmetz ganz nach den Wünschen der Hinterbliebenen gestaltet. Foto: Johanna Mühlbauer, stock.adobe.com (Symbolbild)

    Es mag eine wichtige Sache für Statistiker, Zweifler oder Beschwichtiger sein, ob jemand mit oder an oder – etwas unschärfer formuliert – im Zusammenhang mit Corona gestorben ist. Die traurige Erkenntnis ist: Diese Menschen sind nicht mehr da, können ihre Stimme nicht länger erheben, vergießen keine Tränen mehr vor Rührung, lachen nicht über einen Witz, den sie eben gehört oder selbst vorgetragen haben. Sie werden allenfalls in der Erinnerung wahrgenommen und an dem, was sie hinterlassen haben.

    Vielleicht haben sie ein erfülltes Leben gehabt. Vielleicht aber hatten sie noch Pläne, die sie sich mit ihren Möglichkeiten erfüllen wollten: Einen letzten Urlaub am Meer verbringen und im ewigen Wellenschlag die Sonne versinken sehen. Die Geburt des Urenkels erleben und mitbekommen, wie er aufwächst. Oder einfach mit dem Hauskater, dem treuen Begleiter der vergangenen Jahre, richtig alt werden.

    Der Tod macht ein Leben erst wertvoll, weil die Lebenszeit unwiederbringlich zerrinnt und weil die Knappheit dieses einzigartigen Guts, die Vergänglichkeit einem mit jedem fallenden Körnchen einer Sanduhr bewusst wird.

    Die letzten Atemzüge in Einsamkeit

    Aber muss es dieser Tod sein? Einer, der bis vor einem guten Jahr noch unbekannt war, weil jene spezielle Art von Viren, die das Leben von Menschen bedrohen können, sich noch nicht weltumspannend verbreitet hatte. Ein Tod, der häufig genug in der Anonymität wie in der sterilen Umgebung der Hochleistungsmedizin einer Intensivstation daherkommt. Ärzte und Pfleger treten schwer Erkrankten ausschließlich in einem Vollschutz entgegen, der an Science-Fiction erinnert. Dabei ist es schreckliche Wirklichkeit.

    Angehörige dürfen ihren geliebten Ehemann, Bruder, die geliebte Mutter und Oma wegen der Ansteckungsgefahr nicht besuchen. Und manchmal trauen sie sich auch nicht trotz umfangreicher Schutzmaßnahmen in die Nähe dieser unsichtbaren Bedrohung zu kommen. Der Todgeweihte macht seine letzten Atemzüge in Einsamkeit.

    Wie sehen die Spätfolgen für unser Zusammenleben aus?

    Viele Fragen bewegen die Menschen in diesen Wochen und Monaten: Wann der eigene Impftermin ist. Wie lange eine Immunität anhält. Ob Geimpfte trotzdem Überträger sein können. Die Ungewissheit reicht weit über den eigenen Horizont hinaus. Denn es gibt keine Blaupause dafür, was schnell und wirksam aus dieser Situation führen kann. Die Folgen des Handelns politisch Verantwortlicher müssen wohl bedacht sein. Im Kern gilt es, eine Balance zu finden zwischen dem größtmöglichen Schutz und dem Preis, der für diesen Schutz bezahlt werden muss.

    Ist Freiheit nicht das höchste Gut, um das es geht? Wie lange ist es vertretbar, dieser Freiheit Fesseln anzulegen? Wie sehen jenseits des Gesundheitsschutzes die Spätfolgen für das Zusammenleben der Menschen aus?

    Jeder dieser Todesfälle steht für einen Menschen, den es nicht mehr gibt

    Über die Sinnhaftigkeit der verordneten Einschränkungen lässt sich trefflich streiten. Über das Ziel, Leben zu schützen, nicht. Leider gelingt dieser Schutz nicht immer.

    Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie sind 100 Mitmenschen aus dem Landkreis Günzburg gestorben. Das Virus war im Leben der letzte Begleiter.

    Jeder Fall steht für ein Gesicht, einen Verwandten, einen Nachbarn, einen Konkurrenten, einen Freund, den es nicht mehr gibt. Für einen Menschen, der aus unserer Mitte gerissen worden ist.

    Lesen Sie auch:

    Diskussion in Corona-Zeit: Sollen nicht Vernunft und Respekt über Hass stehen?

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden