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Krumbach: Ein Mann mit einer Leidenschaft

Krumbach

Ein Mann mit einer Leidenschaft

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    Skaten ist seine Leidenschaft: In diesem Sommer hat Benjamin Ali an den 3. Offiziellen Bayerischen Miniramp-Meisterschaften in Augsburg teilgenommen, wo der 37-Jährige bereits zu den Senioren zählt.
    Skaten ist seine Leidenschaft: In diesem Sommer hat Benjamin Ali an den 3. Offiziellen Bayerischen Miniramp-Meisterschaften in Augsburg teilgenommen, wo der 37-Jährige bereits zu den Senioren zählt. Foto: Nikky Maier

    Benjamin Ali hat eine große Leidenschaft: das Skaten. Sieht man genauer hin, entdeckt man jedoch:

    Skaterszene in Krumbach erneut zum Leben erwecken

    Benjamin Ali versucht den Spagat. In seiner Kreativität muss er seine gestalterische Kraft in den Dienst seiner Auftraggeber stellen. Mit der Entscheidung, Grafikdesign zu studieren, war dieser Weg entschieden. Wenn er auf dem Board steht, seine Tricks entwickelt und immer wieder übt, ist es ihm vor allem Fluchtpunkt, Chance, sich mehr auszuleben, kreativ zu sein, ohne Verbandsorganisation und Leistungsdenken. „Richtiges Skaten, sagen viele Skater, ist eigentlich kein Sport,“ erklärt er.

    Auch wenn es vor allem Individualität, gestalterischer Wille und Körperbeherrschung ist, unterliegt auch das Skaten gesellschaftlichen Regeln. In dieser Grauzone engagiert sich der freiheitsliebende Künstler, der sich mit Haut und Haaren einsetzt, mit Behörden verhandelt, Strategien entwickelt, unermüdlich motiviert, um die Skaterszene in Krumbach erneut zum Leben zu erwecken.

    Fragt man Benjamin Ali, warum er, der Unabhängige, der Freigeist, sich so für eine Gemeinschaft einsetzt, dann kommt er ins Schwärmen. „Die Skaterszene war für mich, egal wo ich hinkam, immer erste Anlaufstelle. Hier habe ich sofort Kontakt bekommen, da muss man nicht organisiert sein. Das Skaten ist eine gute und wichtige Form für junge Leute, soziale Kontakte zu knüpfen.“

    Skater, schwärmt Ali, fänden überall auf der Welt Gleichgesinnte, könnten in allen Städten dieser Welt problemlos Kontakte finden. Denn Skater erkennen sich: Ihre Schuhe sind nicht schick, sondern an den richtigen Stellen abgewetzt. Und die Überzeugten unter ihnen, wie Ali, gehen hinaus, nicht nur, um in Asien oder Afrika auf das Board zu steigen, sondern mit dem missionarischen Antrieb, mit Skateanlagen überall auf der Welt jungen Leuten eine beglückende Bewegungsform zu ermöglichen.

    Skaten verlangt Disziplin, Willensstärke und Ausdauer

    Dabei ist Skaten alles andere als ein Funsport. Skaten verlangt Disziplin, man müsse sich durchbeißen, bis man das Brett beherrscht und für jeden neuen Trick immer wieder. Das verlange Willensstärke und Ausdauer. Skaten sei letztlich ein nie enden wollender Lernprozess mit hohem kreativem Potenzial.

    Benjamin Ali sieht in der Gemeinschaft der Skater einen „Meltingpot“, einen Schmelztiegel unterschiedlichster Menschen, die diese Charaktereigenschaften und die Individualität und Kreativität des Skatens zusammenbringen. Denn wohl kaum eine zweite Sportart biete so vielfältige Formen wie das Skaten.

    Die Möglichkeit für Jugendliche, sich zusammenzufinden, ihre eigenen Ideen auszuprobieren, hält Ali auch in Krumbach für dringend notwendig. Das Skaten, das einen großen Freiraum lässt, sei eben gerade für die jungen Leute ein Angebot, die „in der Luft hängen“, nicht aufgefangen sind in Jugendorganisationen. Jugendliche, die sich der weitreichend organisierten Freizeitgestaltung entziehen wollen, aber dennoch einen sicheren Rahmen brauchen. „Ein Skatepark,“ ist Alis Überzeugung, „fängt junge, oft auch orientierungslose Leute auf. In einer solchen Anlage, die von allen frei genutzt werden kann, ist Geld gut investiert, denn es kann ein echtes Drogenpräventivprogramm sein.“

    Aber natürlich wünscht Ali allen sportlichen Leuten die Glücksmomente, die ein Skater auf seinem Board erleben kann. Schon in seiner Zeit in Augsburg, wo Benjamin Ali studiert und sich später als Künstler aufgehalten hat, wollte und konnte der vom Skaten Beseelte das Glück seiner Krumbacher Jugend weitergeben. Mit dem Bau eines Skateparks im Univiertel vor sieben Jahren ist ihm das gelungen, was er nun unterstützend in Krumbach erreichen will. Da nämlich ist die alte Skaterszene genauso zusammengebrochen wie der alte Platz, den Ali als junger Mann mit initiiert hatte.

    Um seinen Traum wahr werden zu lassen, muss er den Spagat schaffen zwischen freier Szene und Vereinsstruktur. Ein Widerspruch, mit dem die gesamte Sportart derzeit zu kämpfen hat. Denn einerseits ist Skaten für viele Jugendliche Synonym für Ungebundenheit, für Autonomie, andererseits verfeinert sich die Sportart immer mehr, wird olympisch und muss sich dafür Regeln unterwerfen. Es müssen Kriterien für richtig und falsch, für gut und schlecht entwickelt werden, es müssen Trainingseinheiten aufgebaut werden: Vorschriften, Regeln, Wertungen, Auslese und Kaderbildung. Benjamin Ali sieht diese Entwicklung zwiespältig. „Einerseits macht es unseren Sport publik und attraktiv, andererseits nimmt es ihm genau das, was viele junge Leute daran reizt.“

    Bahn im Hof aufgestellt und beobachtet, was sich tut

    Doch der altgediente Skater – Ali steht seit 1992 auf dem rollenden Brett – der schon so manche Auszeichnung errungen hat, kann sich durchaus vorstellen, dass sich die beiden Seiten unter einen Hut bringen lassen: Das eine tun, ohne das andere zu lassen, auch hier jedem die Freiheit zugestehen, seinen Sport so auszuüben, wie er ihn betreiben möchte. Als Erfahrung, die Grenzen auslotet, die immer an das Limit geht, etwa, wenn man in der Stadt mit dem Board über Treppenanlagen jagt, was eigentlich verboten ist, oder als eine Sportart, die Ruhm und Anerkennung, ja vielleicht sogar ein Auskommen bringt.

    Es ist eine Entscheidung zwischen grenzenlosem Freiheitsgefühl und zielstrebigem Ehrgeiz.

    Doch gleichgültig, wie man an den Sport herangeht, die Herausforderungen sind im Prinzip die gleichen. „Skaten“, verrät Benjamin Ali, „erfordert höchste Konzentration, Köperbeherrschung und eine ausgeprägte Koordinationsfähigkeit.“ Voraussetzung sei aber immer ein gutes Board. Auch er hat als Zwölfjähriger nur dank eines gebrauchten Profiboards richtig skaten gelernt. „Ach dafür ist es wichtig, dem Sport Strukturen zu geben. Ich kann mir vorstellen, dass sich am Rande des Skaterparks eine Tauschbörse entwickelt, informelle Einführungskurse stattfinden, die letztlich der Szene Nachwuchs bringen.

    Wie sehr eine Bahn die Bewegungslust reizt, zum Ausprobieren lockt, hat Benjamin Ali im Hof seines Hauses in Burtenbach ausprobiert. Dort hat er einfach eine Bahn aufgestellt und beobachtet, was sich tut.

    Er musste nicht lange warten, nach und nach kamen die Jugendlichen und probierten sich aus, die Begeisterung war groß, und hätte wohl auch angehalten, wenn sich nicht Nachbarn über den Lärm beschwert hätten. Auch deshalb ist Benjamin Ali überzeugt, dass die Kommunen, gemeinsam mit erfahrenen Skatern und Jugendlichen Räume schaffen müssen, in denen sich Freiheit und Kreativität erleben lässt, in denen aber auch Freundschaft und gegenseitige Hilfe erfahren werden kann. Ein Ort, wo alle ihren Platz finden, die ehrgeizigen Sportkanonen genauso wie die Individualisten. Und dass es sich lohnt, dafür zu kämpfen.

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