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Kriminalität: Stalker sind meistens kein Fall für die Psychiatrie

Kriminalität

Stalker sind meistens kein Fall für die Psychiatrie

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    Drohungen müssen konkreter sein als diese, damit jemand vorbeugend in Haft kommt.
    Drohungen müssen konkreter sein als diese, damit jemand vorbeugend in Haft kommt. Foto: F. Kraufmann/dpa (Symbolbild)

    Anfang des Monats hatte die Polizei in Röfingen einen mutmaßlichen Stalker festgenommen, der kurz davor gewesen sei, ein Wohnhaus anzuzünden. Das Präsidium in Aalen – der Verdächtige kommt aus dem Rems-Murr-Kreis in Baden-Württemberg – sagte unserer Zeitung danach, der Mann habe sich zuvor in einer psychiatrischen Klinik behandeln lassen. Nun erklärt der Aalener Polizeisprecher Holger Bienert, der Verdächtige sei vor dem Zugriff in Röfingen einmal fest- und zwei Mal in Gewahrsam genommen worden. Einmal habe ihn ein Richter in die Psychiatrie eingewiesen, einmal habe ihn die Polizei dorthin gebracht, weil sie habe kurzfristig handeln müssen. Doch warum durfte er angesichts der Vorwürfe – ermittelt wurde bereits wegen Bränden an dem Haus, Nachstellens und der Manipulation am Auto seiner früheren Partnerin – wieder auf freien Fuß kommen?

    Der Pflegedirektor der Klinik in Winnenden darf zum konkreten Fall wegen der Schweigepflicht nichts sagen, aber grundsätzlich gebe es einen engen Rahmen, um jemanden in einer Klinik zu behalten, sagt Hans-Jürgen Kutterer. Bei einer erheblichen erkennbaren Gefahr könne die Klinik das auch selbst beantragen, doch ein Richter müsse das bestätigen, nachdem er sich den Patienten und die Akten angesehen hat. Für die Klinik bedeute das auch einen „Zwiespalt“, aber sie müsse sich eben an Recht und Gesetz halten.

    Die Ärztliche Direktorin der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am Bezirkskrankenhaus (BKH) Günzburg, Professor Dr. Manuela Dudeck, bestätigt das. Hinzu komme, dass die meisten Menschen, die stalken, drohen oder Brände legen, grundsätzlich nicht psychisch krank seien, sondern sehr gekränkt. Das sei dann eher ein Fall für die Behörden, nicht für eine Klinik. Übrigens seien die meisten Stalker Männer. Ein Patient könne auch jederzeit seine Behandlung abbrechen. Nur wenn er sich selbst oder anderen etwas antun will, dürfe er nicht ohne Weiteres die Klinik verlassen. Und nur weil jemand in der Vergangenheit etwas getan habe, bedeute das nicht automatisch, dass dies auch für die Zukunft gelte. „Psychiater sind keine Kriminalisten“, sagt Dudeck. Wenn jemand eine Straftat ankündigt, könne der Psychiater die Behörden informieren und die Polizei dürfe auch darum bitten, dass sie informiert wird, wenn die Person die Klinik verlässt. Aber die Freiheit sei ein hohes Gut, das nicht einfach aufgehoben werde.

    Die Justiz muss sich an strenge Vorgaben halten

    Ein Gericht darf die Unterbringung in einer geschlossenen Station anordnen, wenn es eine konkrete Gefahr der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und zudem eine psychische Erkrankung gebe, sagt der Günzburger Amtsgerichtsdirektor Walter Henle. Oder wenn eine abstrakte oder konkrete Gefahr zusammen mit einer psychischen Erkrankung vorliege. Dabei werden Vorschriften der öffentlich-rechtlichen Unterbringung oder des Bürgerlichen Gesetzbuches angewandt. Im zweiten Fall müssen auch ein Betreuer und ein Verfahrenspfleger hinzugezogen werden – die Betreuung wieder aufzuheben dauere. Es werde auch eine Anordnung des Landratsamts benötigt, aber das sei gerade nachts und an Wochenenden schwierig, weshalb sich das

    Hat es bereits eine Straftat gegeben und sind Voraussetzungen wie Flucht, Flucht- oder Wiederholungsgefahr gegeben, kann aber die Untersuchungshaft angeordnet werden. Vorbeugend gehe das nur, wenn konkret eine Straftat angedroht werde. Es reiche nicht zu sagen, jemandem werde etwas passieren. Grundsätzlich stehe in Baden-Württemberg das Wohl des Patienten über dem der Allgemeinheit.

    Die Staatsanwaltschaft Memmingen hatte bis zum Vorfall Anfang des Monats noch nicht genug gegen den Mann in der Hand, damit er in Haft kommen kann, sagt Sprecher Christoph Ebert. Nun könnte es sein, dass er begutachtet werden muss, um zu klären, ob er strafrechtlich verantwortlich ist. Das Präsidium Aalen erklärt, das es unmöglich gewesen sei, ihn dauerhaft zu observieren. Dafür gebe es rechtliche Hürden – und die

    Infos für Stalking-Opfer gibt es hier.

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