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Kriminalität: Gibt es eine offene Drogenszene im Landkreis Günzburg?

Kriminalität

Gibt es eine offene Drogenszene im Landkreis Günzburg?

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    Cannabis wird bei Aufgriffen am häufigsten gefunden.
    Cannabis wird bei Aufgriffen am häufigsten gefunden. Foto: Torsten Leukert/dpa (Symbolbild)

    Ulm hat ein Drogenproblem in der Innenstadt. Gerade im Bereich der Bahnhofstraße wird gedealt und konsumiert, hinzu kommt der Ärger mit Alkohol- und Gewaltexzessen. Händler beklagen immer schlimmere Zustände dort und auch an der angrenzenden Hirschstraße. Doch wie ist es im Landkreis Günzburg? Gibt es auch hier eine offene Drogenszene? So sieht die Situation aus:

    Dienstbereich Polizei Günzburg In ihrem Gebiet gab es in den vergangenen Jahren die meisten Rauschgiftdelikte im Kreis. Inspektionsleiter Stefan Müller und Stellvertreter Jürgen Petter betonen, dass hier die größte Stadt und weitere einwohnerstarke Orte sind, zudem Autobahnanschlüsse und der Bahnhof mit Fernverkehrshalt: Es gibt mehr potenzielle Konsumenten als auf dem Land. Zudem kümmern sich drei Ermittler schwerpunktmäßig. „Die Drogenbekämpfung ist einer unserer Schwerpunkte“, sagt Müller. „Wir wissen um die Bedeutung.“ Auch die Sicherheitswacht sei für das Thema sensibilisiert.

    Generell gilt: Rauschgiftdelikte sind Kontrolldelikte. Im Gegensatz zu anderen Straftaten werden sie nicht von anderen angezeigt, die Beamten sind auf Funde angewiesen. Je mehr Polizisten sich damit befassen, desto größer ist die Chance, etwas zu finden. Die Aufklärungsquote – sie liegt bei den Dienststellen im Kreis bei über 90 Prozent – , sage nicht viel aus. Denn wird etwas entdeckt, kann es in der Regel zugeordnet und dieser Fall geklärt werden. Drogen sind in allen Schichten zu finden, ein Unrechtsbewusstsein und eine Sensibilität für die Gefahr gebe es bei vielen nicht mehr. Illegale

    Den größten Anteil machen bei den Funden Cannabisprodukte aus, aber auch Amphetamine, Kokain oder Heroin wurden schon sichergestellt. Eine offene Szene gebe es jedoch weder in der Kreisstadt noch im restlichen Dienstbezirk. Das bedeute nicht, dass nicht auch in der Öffentlichkeit konsumiert oder gedealt wird, aber eben nicht so offensichtlich wie etwa in Ulm. Auch am Günzburger Bahnhof gebe es keine Hinweise auf einen größeren offenen Drogenhandel und -konsum. Das bestätigt die Bundespolizei, und Geschäftsleuten am Bahnhof fallen wenn überhaupt Konsumenten auf, aber kein sichtbarer Handel. Im Rathaus ist auch nichts zu einer offenen Szene in der Stadt bekannt.

    Dienstbereich Autobahnpolizei Günzburg Stationsleiter Werner Schedel kann seine Zahlen nicht auf den Landkreis herunterbrechen. Aber insgesamt gebe es relativ wenige Aufgriffe, in diesem Jahr waren es bislang 35. In den Vorjahren bewegten sich die Zahlen zwischen 40 und 60. Vor allem Marihuana und Haschisch wurden gefunden, in geringen Mengen auch Heroin und Kokain. Eine offene Szene auf den Parkplätzen und Rastanlagen gebe es nicht.

    Dienstbereich Polizei Krumbach Auch hier haben die Beamten keine Hinweise auf eine offene Szene. Zwar stieg die Zahl der Rauschgiftdelikte, sagen Inspektionsleiter Hans Willbold und Vize Claus Schedel. Aber das habe auch bei ihnen mit mehr Kontrollen zu tun. Es gibt einen Schwerpunktsachbearbeiter, aber wie bei den anderen Dienststellen auch sind ebenfalls die übrigen Kollegen im Rahmen ihrer Arbeit damit beschäftigt. Überwiegend wurden Cannabis-Produkte gefunden, Heroin oder Crystal Meth spielten kaum eine Rolle. Schedel ist seit 20 Jahren bei der Inspektion und er sagt, in dieser Zeit hätten die Probleme mit Drogen im Gebiet nicht merklich zugenommen. Sorgen macht der Polizei, dass Cannabisprodukte für viele die Einstiegsdroge sind und manche später etwa bei Heroin landen. Bei Kontrollen werden meist mehrere Drogen bei den Leuten gefunden.

    Dienstbereich Polizei Burgau Inspektionsleiter Stefan Eska hatte kürzlich gegenüber unserer Zeitung die Einschätzung der Jugendhilfe Seitz bestätigt, dass es in der Stadt eine Drogenszene gibt. Nun relativiert er dies. Es gebe natürlich Konsumenten, aber keine offene Szene. Auch in diesem Inspektionsbereich spielen vor allem Cannabisprodukte eine Rolle und auch Amphetamine; Crystal Meth oder Ecstasy aber kaum, etwas mehr LSD, und Heroin gar nicht. Mit der Jugendhilfe habe es nie Kontakt gegeben, sagt Polizeihauptmeister Orban, der seit dem Jahr 2006 in Burgau und seit Oktober 2011 dort der Rauschgiftsachbearbeiter ist. Tobias Ullmann, der sich um die aufsuchende Jugendarbeit der Jugendhilfe Seitz kümmert, sagt dazu, dass er der Schweigepflicht unterliege und deshalb der Polizei keine Tipps geben dürfe. Hätte der Stadtrat nicht dafür gestimmt, die Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe zu beenden, wäre es ihm aber ein Anliegen gewesen, künftig bei der Prävention mit der Polizei zusammenzuarbeiten. „Ich bin schockiert, dass die Polizei selbst keine Kenntnis von dem Drogentreffpunkt am Wehr hat.“

    Generelle Erkenntnisse Das Dunkelfeld bei der Rauschgiftkriminalität ist „enorm“, sagt Polizeihauptmeister Orban. „Austrocknen wird man den Sumpf nie.“ Damit möglichst wenige in ihn geraten, ist der Polizei die Prävention sehr wichtig, etwa an den Schulen. Auch an denen ist den Beamten der Dienststellen im Kreis weder offener Handel noch offener Konsum bekannt, wenngleich nicht auszuschließen sei, dass auch Schüler dort Drogen nehmen und jemand sie mitbringt – eine Einschätzung, die Josef Seibold vom Schulamt und die Schulpsychologin eines Gymnasiums bestätigen.

    Grundsätzlich spiele die technische Entwicklung auch bei Drogen eine Rolle. Es sei leichter und ungefährlicher, verschlüsselt im Internet die Ware zu ordern und Treffpunkte für die Übergabe auszumachen, als dass noch feste Orte für den Handel benötigt würden. „Das erleichtert uns nicht die Arbeit“, sagt Orban. Auch habe sich der Konsum eher in den häuslichen Bereich verlagert. Probleme bereiten der Polizei auch Designerdrogen wie sogenannte Badesalze. Zwar hat der Gesetzgeber nachjustiert, sodass sie nicht automatisch durchs Abändern eines Moleküls wieder legal werden, wie es zeitweise der Fall war. Aber sie machen weiter die Runde. Die Strafen im Betäubungsmittelbereich seien jedoch teils drastisch, die der Gesetzgeber vorgesehen hat.

    Asylbewerber sind bei der Rauschgiftkriminalität nicht auffälliger als andere Bevölkerungsgruppen, Ausländer haben etwa im Bereich der Polizei Günzburg aber einen überproportionalen Anteil.

    Unter dem Strich lässt sich feststellen, dass es im Kreis keine offene Drogenszene zu geben scheint, was unserer Zeitung in den Stadtverwaltungen bestätigt wird. Konsumenten und Handel gibt es durchaus.

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