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Kreis Günzburg: Vom Leiden der Kliniken in der Provinz

Kreis Günzburg

Vom Leiden der Kliniken in der Provinz

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    Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (rechts) informierte sich gestern über die Arbeit der Fachklinik Ichenhausen. Das Foto zeigt (von links) Etzel Walle (Geschäftsführung Klinikgruppe Enzensberg), Ärztlicher Direktor Dr. Joachim Durner sowie die Landtagsabgeordneten Hans Reichhart und Alfred Sauter.
    Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (rechts) informierte sich gestern über die Arbeit der Fachklinik Ichenhausen. Das Foto zeigt (von links) Etzel Walle (Geschäftsführung Klinikgruppe Enzensberg), Ärztlicher Direktor Dr. Joachim Durner sowie die Landtagsabgeordneten Hans Reichhart und Alfred Sauter. Foto: Bernhard Weizenegger

    Das Buch gehört wohl zur meistgelesenen Lektüre von Veronika Diepolder: Krankenhausrecht, Kompaktausgabe 2017. Unter welchen Gesichtspunkten die Prokuristin der Klinikgruppe Enzensberg Passagen auf den Seiten mit den unterschiedlichen Farben von Textmarkern versehen hat, entzieht sich Normalsterblichen. Klar wird aber auf den ersten Blick: Im weiten Feld des Gesundheitswesens ist vieles im Schwung. Das hat auch mit dem Mann zu tun, der sich am Donnerstag ab 9 Uhr eine gute Stunde die Fachklinik Ichenhausen zeigen lässt. Anschließend geht es für Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) mit einem kleinen Tross an CSU-Bundes-, Landes- und Kommunalpolitikern ins Kreiskrankenhaus nach Krumbach weiter.

    „Eine Krankenhausreform kann man nicht von Berlin oder von Bonn aus machen“, sagt der Minister und schätzt, dass er am Ende dieser Legislaturperiode und seit Dezember 2013 im Amt zehn Prozent aller Kliniken in Deutschland besichtigt hat.

    Rehabilitation soll ein neues Schwerpunkt-Thema werden

    Diepolder, die als CSU-Stadträtin in Marktoberdorf auch poltisch aktiv ist, lobt den Reformeifer und den Schwung, den der Minister an den Tag lege. Verbesserungsmöglichkeiten sieht sie für ihre Klinik dennoch – etwa bei Schlaganfallpatienten. Denn wenn über das vereinbarte Budget hinaus Menschen behandelt würden, gibt es nicht für jede „Fallart“ das volle Entgelt. Ein konkretes Beispiel: Kliniken wie die in Ichenhausen erhalten für Schwerbrandverletzte und polytraumatisierte Patienten (zum Beispiel Unfallopfer) den vollen Tagessatz, während es für Menschen mit einem Schlaganfall nach der Akutbehandlung nur 250 der 500 Euro gibt. Das reiche bei weitem nicht für die personalintensive Therapie. Gröhe unterstrich die Bedeutung der Rehabilitation und kündigte an, das Thema im Gesundheitsbereich „zu einem Schwerpunkt in der nächsten Legislatur“ machen zu wollen. „Reha bedeutet ja nicht nur, die Menschen fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Damit soll ihnen auch ein selbstbestimmtes Leben im Alltag ermöglicht werden“, sagte der 56-jährige Minister, nachdem ihn der Ärztliche Direktor Dr. Joachim Durner durchs Haus geführt hatte.

    Beim Empfang von Gröhe in der Krumbacher Kreisklinik nahm Dr. Volker Rehbein, Vorstand der

    „Vernetzung“ lautet ein Schlagwort des Ministers

    Im internationalen Vergleich sei die Situation hierzulande nach wie vor gut, betonte Gröhe. Er sieht für die Kliniken im ländlichen Raum nach wie vor eine gute Zukunftsperspektive. Wichtig sei es aber, dass die Kliniken bewusst auf Qualität setzen und sich die medizinischen Akteure am Ort wie Kliniken, Medizinische Versorgungszentren, Fachärzte und Allgemeinärzte stärker miteinander vernetzten.

    Doch was ist der Maßstab für Qualität? Wird diese Qualitätsdebatte fair geführt? Dr. Alexander Heiß, Ärztlicher Direktor der Kreisklinik Krumbach, meinte, dass bei der Qualitätsdebatte die großen Kliniken die „Meinungsbilder“ seien. „Auch die Uniklinken sehen sich als Opfer“, entgegnete Gröhe.

    Wiederholt in der Debatte angesprochen wurde das Thema ambulante Notfallversorgung, die für die Kliniken eine große finanzielle Belastung bedeutet. Gröhe sagte, dass es eine volle Refinanzierung geben soll. Die Thematik solle „zeitnah“ 2018 angegangen werden. Landrat Hubert Hafner sprach die Versorgung mit Fachärzten an. Nicht selten dauere es bis zu vier Monaten, bis man bei einem Hautarzt einen Termin bekomme. Es sei notwendig, die Bedarfsplanung zu ändern. Gröhe verwies auf die Möglichkeit einer Sonderbedarfszulassung.

    Als dramatisch bezeichnen nicht wenige inzwischen die Lage bei den Hausärzten. Diejenigen, die altersbedingt aufhören, finden Nachfolger oft schwer bis gar nicht. Gröhe sagte dazu, dass es im Rahmen des Masterplans 2020 Verbesserungen geben werde. Beim Medizinstudium solle die Allgemeinmedizin stärker akzentuiert werden. Wichtig sei es, die Zusammenarbeit zwischen allen medizinischen Feldern zu verbessern. Davon könnten alle profitieren. „Qualität“ und „Vernetzung“: Diese Stichworte nennt Gröhe in der Debatte immer wieder. Und Diskussionen dieser Art wird er wohl noch einige führen im Wahlkampf. Denn die Kliniken Krumbach und Günzburg stehen mit ihren Problemen nicht alleine da.

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