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Kreis Günzburg: AKW Gundremmingen: Der zweite Stillstand hintereinander

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AKW Gundremmingen: Der zweite Stillstand hintereinander

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    Es läuft in diesen Tagen nicht rund im Kernkraftwerk Gundremmingen. Mitte August musste Block B heruntergefahren werden, weil es eine Tropfleckage an einer Messlanze gegeben hatte. Zwei Wochen stand die Anlage still. Nach nicht einmal drei Wochen Normalbetrieb muss Block B nun erneut vom Netz.

    Häufung von defekten Brennelementen in Gundremmingen

     Der Grund ist ein Defekt an einem Brennelement. Die Grünen im Landtag fordern eine Ursachenforschung, denn im Mai sei ebenfalls ein defektes Brennelement gefunden worden. „Die Häufung von defekten Brennelementen in Gundremmingen in den letzten Jahren ist mehr als auffällig“, sagt der energiepolitische Sprecher der Landtagsgrünen, Ludwig Hartmann. Und der Vorsitzende des Vereins „Forum – gemeinsam gegen das Zwischenlager“, Raimund Kamm, sagt, es gebe durch erhöhte Radioaktivität im Kühlwasser „wohl Hinweise, dass jetzt sogar in beiden Blöcken B und C Spaltelemente undicht sind“.

    Das ist das Atomkraftwerk Gundremmingen

    Die Anlage Gundremmingen zwischen Günzburg und Dillingen, die in dieser Form seit 1984 besteht, ist der leistungsstärkste Kernkraftwerksstandort in Deutschland. Die zwei Reaktoren erzeugen pro Jahr mehr als 20 Milliarden Kilowattstunden Strom. Dies entspricht rund einem Drittel des gesamten Verbrauchs in Bayern.

    Die Betreibergesellschaft der Anlage gehört zu 75 Prozent RWE und zu 25 Prozent Eon. Nach dem Atomausstiegsbeschluss der Bundesregierung 2011 sollen Block B im Jahr 2017 und Block C 2021 abgeschaltet werden.

    Das Zwischenlager in Gundremmingen ging im August 2006 in Betrieb. Die Halle liegt rund 150 Meter vom Reaktorgebäude entfernt und ist 104 Meter lang, 38 Meter breit und 18 Meter hoch. Die Wände aus Stahlbeton sind 85 Zentimeter dick. Die Halle verfügt über eine Kapazität von 192 Castoren. Ein Castor wiederum enthält 52 Brennelemente. Damit ist das schwäbische Zwischenlager das größte in Deutschland.

    Wie alle anderen Zwischenlager ist auch dieses für eine Betriebszeit von maximal 40 Jahren ausgerichtet. Das heißt, in Gundremmingen endet die Genehmigung 2046. Spätestens dann, so die ursprüngliche Planung, sollte ein Endlager in Deutschland zur Verfügung stehen.

    Die Kritiker befürchteten schon bei der Genehmigung des Zwischenlagers, dass es de facto zu einem Endlager werden könnte. Außerdem argumentierten sie, dass in jedem der Castoren mehr Radioaktivität enthalten sei, als bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 freigesetzt wurde.

    Gegen den Bau der Zwischenlager wurde bundesweit prozessiert. Im Fall von Gundremmingen reichten fünf Anwohner aus umliegenden Gemeinden Klage beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München ein. Der VGH wies die Klage mit seinem Urteil vom 2. Januar 2006 ab.

    Kraftwerkssprecher Tobias Schmidt weist dies als nicht nachvollziehbar zurück. Es gebe derzeit keinen Brennelemente-Defekt in Block C. Die Häufigkeit der Brennelemente-Defekte in Gundremmingen bewege sich im Rahmen dessen, was im internationalen Vergleich beim Betrieb der Anlagen zu erwarten sei.

    Sprecher: Keine Unregelmäßigkeiten im Kernkraftwerk

    Das Kernkraftwerk Gundremmingen sei für einen Betrieb mit defekten Brennelementen ausgelegt, sagt Schmidt: „Auch in diesem Fall unterschreiten wir die behördlichen Grenzwerte.“ Im

    Raimund Kamm ist damit nicht beruhigt. In Gundremmingen würden neuartige, stärkere Brennelemente eingesetzt. Dies sei die Ursache für die Häufung der Defekte in den vergangenen Jahren. Das Gundremminger Kernkraftwerk sei seit zehn Jahren abgeschrieben. „Die Anlage ist alt und abgenutzt“, meint Kamm. Schmidt widerspricht dem mit Nachdruck: „Wir investieren jedes Jahr einen hohen zweistelligen Millionenbetrag in die Pflege und Modernisierung unserer Anlagen.“ Eine Häufung von Defekten sei nicht festzustellen, sagt Schmidt.

    Diese Atomkraftwerke werden in Deutschland betrieben

    Wo stehen welche Atomkraftwerke in Deutschland, wer betreibt sie und wann werden oder wurden sie abgeschaltet? Eine Übersicht:

    Das Atomkraftwerk Brokdorf in Schleswig-Holstein wird von E.ON betrieben. Baubeginn war im Januar 1976, im kommerziellen Betrieb ist das AKW seit Dezember 1986. Brockdorf ist ein Druckwasserreaktor und soll 2021 abgeschaltet werden.

    Das Kernkraftwerk Isar liegt nahe Landshut und wird von E.ON betrieben. Isar/Ohu 1 ist ein Siedewasserreaktor. Bauzeit war von 1972 bis 1979. Isar/Ohu 2 ist ein Druckwasserreaktor und ging nach sechsjähriger Bauzeit im April 1988 ans Netz. Isar 2 soll im Jahr 2022 abgeschaltet werden. Der Atommeiler Isar 1 wurde bereits im August 2011 vom Netz genommen.

    Das Atomkraftwerk Philippsburg steht im Landkreis Karlsruhe (Baden-Württemberg). Betreiberin ist die EnBW. Philippsburg 2, ein Druckwasserreaktor, ging nach achtjähriger Bauzeit 1985 in den kommerziellen Betrieb, der Siedewasserreaktor Philippsburg 1 im Jahr 1980. 2011 wurde Philippsburg 1 vom Netz genommen.

    Das Kernkraftwerk Grohnde (KWG) ist ein Druckwasserreaktor und steht im Landkreis Hameln-Pyrmont in Niedersachsen. Betreiben wird es von der Firma E.ON. Baubeginn für Grohnde war im Jahr 1986, Betriebsstart 1985, Ende soll 2021 sein.

    Das Kernkraftwerk Emsland in Niedersachsen wird von RWE betrieben. Es wurde in den Jahren 1982 bis 1988 gebaut. In Betrieb bleiben soll der Druckwasserrreaktor bis zum Jahr 2022.

    Das Atomkraftwerk Neckarwestheim in Baden-Württemberg wird von enBW betrieben. Es hat zwei Druckwasserreaktoren, von denen derzeit noch einer in Betrieb ist. Neckarwestheim II soll als eines der letzten deutschen AKW 2022 vom Netz gehen.

    Das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld liegt südlich von Schweinfurt am Main. Baubeginn für Grafenrheinfeld war 1974, die Inbetriebnahme war 1981. Das Atomkraftwerk wird von der E.ON Kernkraft GmbH betrieben und wurde 2015 abgeschaltet.

    Gundremmingen B und Gundremmingen C im Landkreis Günzburg sind zusammen das leistungsfähigste Atomkraftwerk Deutschlands. Betrieben werden die Siedewasserreaktoren von der RWE. Baubeginn war im Jahr 1976, Gundremmingen B ging 1984 ans Netz, Gundremmingen C ein Jahr später. Block B soll spätestens 2017 vom Netz gehen, Block C spätestens im Jahr 2021.

    2011 gab es seinen Worten zufolge in Block B und C insgesamt sieben meldepflichtige Ereignisse. „Im Jahr 2012 waren es ebenfalls sieben.“ Und in diesem Jahr seien bislang drei meldepflichtige Ereignisse zu verzeichnen gewesen, hat der Kraftwerkssprecher nachrechnet.

    Stillstand muss für Kernkraftwerk ein Ärgernis sein

    Dabei handelte es sich immer um Ereignisse unterhalb der Ines-Skala (Stufe 0). Schmidt betont: „Sie hatten keine oder sehr geringe sicherheitstechnische Bedeutung.“ Für die Kernkraftwerk Gundremmingen GmbH muss der Stillstand ein Ärgernis sein. Denn den Gesellschaftern RWE und Eon entgehen dadurch Millionen-Beträge. Konkrete Zahlen könne er nicht nennen, weil

    Eine Leserin, die namentlich nicht genannt werden will, hat am Morgen des 4. September wohl bei Gundelfingen ein Foto gemacht, auf dem das Kernkraftwerk am sonst blauen Himmel von einer Wolke verhüllt ist. Mit einer Vernebelungsanlage, die aus Sicherheitsgründen am Kernkraftwerk im Gespräch war, habe dies nichts zu tun, teilt Schmidt auf Anfrage mit. Da die Wolke höher als die 160 Meter hohen Kühltürme sei, müsse sie wohl zwischen der Fotografin und dem Kraftwerk aufgetaucht sein.

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