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Die Leipheimer Firma steht vor großen Herausforderungen. Doch die Belegschaft verliert die Geduld mit ihrem Arbeitgeber.
Die Geschäftsführung der Wanzl Metallwarenfabrik hat es ja selbst eingeräumt, dass ihre Unternehmensgruppe im vergangenen Jahr rote Zahlen geschrieben hat. Die schlechte wirtschaftliche Situation 2018 nimmt das global agierende Familienunternehmen her, um der Belegschaft zu verdeutlichen, dass in Zeiten einer schwierigen Geschäftslage längst nicht alle Wünsche erfüllt werden können. Hohe Rohstoffpreise, ein verändertes Einkaufsverhalten der Kunden, Discounter, die Bestandteile ihrer Ladeneinrichtung inzwischen lieber billig „made in China“ einkaufen, die Digitalisierung an sich: Auf all das muss der weltgrößte Einkaufswagenhersteller eine Antwort finden. Und das möglichst schnell, damit aus dem Reagieren ein Agieren wird und die Vormachtstellung nicht gefährdet ist. Das kostet Grips und Geld.
Wanzls Schnupfen ist mit einer großen Ansteckungsgefahr für die Stadt Leipheim verbunden. Der größte Gewerbesteuerzahler wird einen erklecklichen Batzen zurückerstattet bekommen. Beschieden ist noch nichts. Aber von einer Million Euro ist die Rede.
Ein anderer Konflikt könnte schwerer ins Gewicht fallen
Natürlich wäre das übel für die Stadt, die Wanzl gute Bedingungen bietet. Ein anderer, nicht gelöster Konflikt könnte für die Firma und in der Folge auch für die Kommune schwerer ins Gewicht fallen: Das ist die Dauerfehde zwischen erheblichen Teilen der Belegschaft (und der Gewerkschaft IG Metall als Katalysator) und der Geschäftsleitung. Viermal sind die Arbeiter und Angestellten der Werke aus Leipheim und Kirchheim binnen eines Jahres vors Werktor gegangen. Zweimal wurde die Mittagspause verlängert. In dieser Woche und im vergangenen Monat waren eindrucksvolle Warnstreiks die nächste Steigerung. Und es sind noch mehr Eskalationsstufen möglich.
Aber es ist verantwortungslos, es darauf ankommen zu lassen. Bislang hat die Gewerkschaft nicht überzeugt, weil sie Wanzl als Referenzobjekt dafür hernimmt, unbedingt einen „Tarifvertrag jetzt“ zu bekommen. Das ist zugleich eine Botschaft an andere tariflose Metallbetriebe in der Region – und davon gibt es viele –, dass es ihnen ähnlich ergehen könnte. Beinahe die Hälfte der Wanzl-Mitarbeiter ist gewerkschaftlich organisiert. Dieser relativ hohe Organisationsgrad kommt der IG Metall entgegen.
Geschäftsführung setzt nur zögerlich Zeichen
Vorlagengeber für die Situation ist auch eine Geschäftsführung, die nur zögerlich Zeichen setzt. Das dient nicht der Stimmungsaufhellung. Zwei Prozent mehr Lohn gibt es ab Juli – immerhin. Wahr ist aber auch: Seit 2017 wartete das Personal auf diesen Schluck aus der Pulle des Monatsbruttolohns. Mitarbeiter tarifgebundener Unternehmen sind bei den Lohnsteigerungen Wanzl-Kollegen enteilt.
Um es klar zu sagen: Wanzl hat bislang keinerlei Verpflichtung, nach Tarif zu zahlen. Dennoch kamen bis 2016, wenngleich oft mit Verzögerung, tarifliche Steigerungen bei den Menschen in den Produktionshallen an. Wenn jetzt nicht schnell eine Lösung gefunden wird, könnte das auf Sicht für die Metallwarenfabrik richtig teuer werden. Denn der unbezahlbare Spirit eines Familienbetriebes droht abgelöst zu werden von Misstrauen und Respektlosigkeit. Ist das die gewünschte Firmenkultur?
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