Es ist wirklich schlimm, was sich Sicherheitsexperten noch alles einfallen lassen müssen, um eine offene Gesellschaft vor Wirrköpfen zu schützen, denen nichts heilig ist, nicht einmal das Leben anderer. Halle ist nicht Ichenhausen, zumal wir am Beispiel der Stadt im Landkreis Günzburg von einer ehemaligen Synagoge sprechen, die schon lange nicht mehr ihre frühere Funktion hat. Eine Ausstrahlung besitzt dieses Gebäude aber nach wie vor.
Und so kommen wir von der Schande in Halle zum Schatz in Ichenhausen. Das ist das Gebäude in der Vorderen Ostergasse definitiv, wenngleich ein eher im Verborgenen gehaltener. Dies haben Schätze so an sich. Aber es ist schade, dass pro Jahr nicht viel mehr als 3500 Besucher den Weg in das frühere Gotteshaus finden. Da sind Veranstaltungen schon eingerechnet.
Dazu zählt auch die alljährliche „Woche der Brüderlichkeit“. Dann ist hier wirklich was los, wenn in einer Schulwoche um die 1000 Grundschüler von Gymnasiasten der Mittelstufe etwas über das Judentum erfahren. Es ist eine geniale Idee, die der Lehrer Michael Salbaum vom Günzburger Dossenberger-Gymnasium vor mehr als 20 Jahren hatte und die er seither mit langem Atem umsetzt: Schüler lernen von Schülern.
Ältere zu gewinnen scheint schwierig zu sein
Und es ist eine Freude, mit anzusehen, dass die Kinder ohne Scheu und Vorurteil an die komplexe Thematik herangehen, weil sie neugierig sind und etwas verstehen wollen. Der dunkle Schatten des Holocausts bremst hier niemanden aus. Gut so!
Aber wie ist es mit den Älteren? Sie zu gewinnen, scheint im Gegensatz zu den Jungen, die über die Schulen organisiert sind und die gerne einmal den Klassenraum mit der ehemaligen Synagoge als Aufenthaltsort tauschen, schwieriger zu sein. Wenn überhaupt kein Interesse an dem besteht, was hier einmal war, dann hilft wohl auch kein Bohren dicker Bretter weiter.
Aber vermutlich gibt es viele, die diesen Schatz überhaupt noch nicht entdeckt haben. Das kann sich mit attraktiven Veranstaltungen und einer zeitgemäßen Präsentation änder. Der Stiftungsvorsitzende Klaus Wolf hat einen Videofilm in Auftrag gegeben.
Ichenhausen sollte Laemmle stärker für sich entdecken
Das ist ein erster Schritt, um zu zeigen, was hier glücklicherweise erhalten geblieben ist. Die bewegten Bilder sind ein geeignetes Medium, um den Zuspruch zu steigern. Das passt schon deshalb, weil einer, der im württembergischen Laupheim aufwuchs und in Ichenhausen in die Lehre ging, Carl Laemmle hieß. Der Mann hat Hollywood mitbegründet!
Ichenhausen sollte Laemmle stärker für sich entdecken. Ulm reklamiert schließlich auch Albert Einstein für sich. Dabei hat das Wissenschaftsgenie seine Geburtsstadt bereits nach 15 Monaten verlassen. Laemmles Ausbildung zum Kaufmann beim Onkel in Ichenhausen dürfte nicht kürzer gewesen sein.
Lesen Sie dazu:
Frühere Synagoge in Ichenhausen wird jetzt besser geschützt