Startseite
Icon Pfeil nach unten
Günzburg
Icon Pfeil nach unten

Kötz: Welche Herausforderungen Corona-Abstriche für eine Arztpraxis bedeuten

Kötz

Welche Herausforderungen Corona-Abstriche für eine Arztpraxis bedeuten

    • |
    Die Reisezeit hat Dr. Wolfgang Stolle in seinen Gemeinschaftspraxen für Allgemeinmedizin in Kötz und Bühl viel zusätzliche Arbeit mit Testungen auf Covid-19 gebracht. Für die Grippe-Saison erwartet er noch deutlich mehr Patienten. Er will verhindern, dass Menschen mit Erkältungs- und Grippesymptomen das Corona-Virus in Arztpraxen bringen.
    Die Reisezeit hat Dr. Wolfgang Stolle in seinen Gemeinschaftspraxen für Allgemeinmedizin in Kötz und Bühl viel zusätzliche Arbeit mit Testungen auf Covid-19 gebracht. Für die Grippe-Saison erwartet er noch deutlich mehr Patienten. Er will verhindern, dass Menschen mit Erkältungs- und Grippesymptomen das Corona-Virus in Arztpraxen bringen. Foto: Irmgard Lorenz

    Der Test an sich ist „eine Sekundensache“, sagt der Kötzer Hausarzt Dr. Wolfgang Stolle. Auch wenn er an manchen Tagen in seiner Praxis 20 bis 30 Testungen auf Sars-CoV-2 vornimmt, könnte man also denken, das sei ja keine große Affäre. Dennoch sagt der Mediziner: „Es reißt sich niemand um diesen Test“ – und er hat eine Reihe von Gründen dafür.

    Die Abnahme des Abstrichs aus dem Nasen-, Mund-, Rachenbereich an sich ist schnell gemacht. Damit ist es aber nicht getan, der Aufwand an Dokumentation und der Probenversand kosten auch Zeit. Insgesamt etwa 20 Minuten Verwaltungsarbeit erfordere jeder Test, sagt Dr. Stolle. Mittlerweile erstattet die Kassenärztliche Vereinigung den Praxen dafür 25 Euro, bis vor kurzem waren es 16,60 Euro. „Eine defizitäre Angelegenheit“ für Arztpraxen, die auch wirtschaftlich denken müssten, sagt Stolle. „Und wir importieren auch eine Infektionsgefahr.“ Dass Berufskollegen diesen Aufwand und das Risiko nicht auf sich nehmen und in ihrer Praxis deshalb keine Testungen vornehmen, sei „nachvollziehbar“.

    Kötzer Arzt Dr. Stolle: „Wir sind kein Abstrichzentrum!“

    Stolle, der mit einer Ärztin und einem weiteren Arzt eine Gemeinschaftspraxis für Allgemeinmedizin in Kötz und eine Praxis in Bibertal-Bühl betreibt, fühlt sich ethisch in der Pflicht: „Ich persönlich sehe das gegeben im Rahmen meiner hausärztlichen Tätigkeit.“ Allerdings sagt er auch klipp und klar: „Wir sind kein Abstrichzentrum!“ und verweist gegebenenfalls fremde Patienten an deren Hausärzte oder eben auch an die Abstrichzentren, die der Landkreis in den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) bei den Kliniken in Günzburg und Krumbach eingerichtet hat.

    Abstriche nimmt Stolle normalerweise nicht im laufenden Betrieb ab, sondern in extra dafür eingerichteten Zeitfenstern, um möglicherweise infizierte Menschen bestmöglich von anderen Patienten fernzuhalten. „Statt der Mittagspause Abstriche“, sagt er und ist froh, dass sein Praxispersonal das „klaglos, aber schon belastet“ mitträgt. Dazu kommt neben dem zeitlichen Aufwand: „Das ist keine angenehme Arbeit.“

    Besonders viele Tests gab es zum Ende der Urlaubszeit

    Aber auch, wenn keine Sars-CoV-2 Testungen vorgesehen sind, ergibt sich die Notwendigkeit im Rahmen anderer Untersuchungen und Behandlungen doch immer wieder. Von fünf ungeplanten Corona-Tests berichtet der Arzt am Tag des Gesprächs mit unserer Zeitung. Seit Januar macht Stolle die Tests in seiner Praxis und trägt eine FFP-2-Maske und eine entsprechende Schutzkleidung. Dass das Tragen dieser Kleidung anstrengend ist und sie auch Geld kostet, findet er angesichts des Infektionsrisikos für Ärzte und Helferinnen schon fast eher nebensächlich.

    Besonders viele Tests fielen zum Ende der Urlaubszeit an. „Mit den Reiserückkehrern war es ein Graus“, sagt der Mediziner, man habe einen „Abstrichkorridor“ eingerichtet und mit Mitarbeitern der Firma Alko in Kötz schon vor der Reise zu Familienangehörigen beispielsweise in die Türkei Abstrichtermine vereinbart, um den Ablauf möglichst reibungslos und effizient zu gestalten. Bei Personen, die symptomlos waren, seien höchstens ein Prozent tatsächlich infiziert gewesen, sagt Stolle und berichtet von Negativ-Ergebnissen, auch in Fällen, wo ein Familienmitglied tatsächlich infiziert war.

    „Wir müssen weg von dieser Flut an nicht indizierten Abstrichen!“

    Wenn der Mediziner an die bevorstehende Grippe-Saison denkt, dann ist für ihn ganz klar: „Wir müssen weg von dieser Flut an nicht indizierten Abstrichen!“, denn dann seien ja zahlreiche Patienten mit Grippe-Symptomen zu erwarten. Stolle hält dann nur symptombezogene Testungen für sinnvoll. „Die Labors arbeiten jetzt schon an der Grenze und stehen mit dem Rücken zur Wand“, die Abläufe in dem Labor, mit dem die Gemeinschaftspraxen in Kötz und Bühl zusammenarbeiten, funktionierten aber gut.

    In der Regrel liege das Testergebnis innerhalb von zwölf bis 36 Stunden vor. Bei positiven Befunden, wenn also eine Infektion festgestellt worden ist, erfolge, um ganz sicher zu gehen, ein weiterer Test mit einer anderen Methode. Das erfordert zusätzliche Zeit. Der Mediziner rechnet damit, dass es in der Grippe-Saison aufgrund der „Flut von Abstrichen“ zu Verzögerungen kommen kann, bis der Patient sein Testergebnis und Gewissheit über eine eventuelle Infektion hat.

    Der Mediziner favorisiert eine Schwerpunktpraxis als "Filterstation"

    Stolle überlegt, ob er in seiner Praxis in Kötz einen zweiten Eingang extra für infizierte Patienten einrichten kann, über die Garage, „ganz primitiv“, wie er sagt, aber auf jeden Fall sinnvoll in seinen Augen. „Die Hausärzte werden stark gefordert sein“, sagt er, „das überfordert unser ganzes System.“ Derart großzügiges Abstreichen wie während und nach der Reisezeit gehe nicht mehr.

    Der Kötzer Mediziner denkt deshalb auch an die Schwerpunktpraxis, die es während des Katastrophenfalls im Frühjahr in Zusammenarbeit von Landkreis, Bundeswehr und niedergelassenen Ärzten beim Abfallzentrum in Leipheim gegeben hat. Er hält es für überlegenswert, wieder eine solche

    Zur Sicherheit großzügig Abstriche nehmen

    „Damit die Flut an Infizierten nicht in die Arztpraxen muss“, so sagt es Stolle, denn er weiß als jahrzehntelang tätiger Mediziner, dass im Herbst und im Winter viele Menschen mit Erkältungs- und Grippesymptomen zum Arzt gehen. Und auch, wenn es im Landkreis derzeit „Gottseidank ganz wenige Fälle“ von Covid-19-Erkrankungen gibt, plädiert er dafür, in der Grippe-Saison auch bei leicht Erkrankten mit ungeklärten Grippe-Symptomen zur Sicherheit großzügig Abstriche zu nehmen.

    Möglicherweise könnten auch die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) in Günzburg und Krumbach Abstriche nehmen und ebenso wie eine solche Schwerpunktpraxis die Akutbehandlung übernehmen, sagt Dr. Wolfgang Stolle. Zur Folgebehandlung könnten die Patienten dann wieder zu ihrem Hausarzt gehen.

    Lesen Sie auch zu dem Thema:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden