Für den 52-jährigen Fritz Kinzel war 2020 ein mehr als besonderes Jahr. Seit 35 Jahren betreibt er nun Kampfsport. Der hat sich für ihn zu weit mehr als nur einem Hobby entwickelt.
1985 begann der damals 17-Jährige seine Karriere in der damals noch vergleichsweise jungen Sportart Allkampf in Zusmarshausen. Zusätzlich trainierte er Taekwondo unter dem heutigen Großmeister und Gründer des Allkampf-Jitsu-Systems, Jakob Beck (10. Dan), der aus Donauschwaben stammte und nach dem Zweiten Weltkrieg in Burgau eine neue Heimat gefunden hatte.
1989 ging Kinzel zur Polizei. Hier kamen die Sportarten Judo, Ju-Jutsu sowie Aikido hinzu. Die Trainer Josef Art, Peter Weidinger und Johannes Daxbacher vermittelten ihm Fachwissen, im polizeilichen Dienst sammelte er viele persönliche Erfahrungen.
Generationen junger Polizisten ausgebildet
Diese Kenntnisse vermittelt Kinzel nun seit mehr als 25 Jahren selbst – in seinen Kampfsportschulen in Dinkelscherben, Agawang und Rettenbach. Als Behördentrainer und Ausbilder für Selbstverteidigung, Schießen und Einsatztraining bildete er in Königsbrunn Generationen junger Polizisten aus.
Kinzel begann, an Wettkämpfen und Meisterschaften im Ju-Jutsu und Taekwondo, später auch im Allkampf-Jitsu und Kickboxen teilzunehmen. 1991 gründete er mit befreundeten Sportlern die Allkampfschule in Horgau, erweiterte sein Repertoire um Bo-Jitsu und Jiu-Jitsu. Im März 1995 übernahm er schließlich eine Allkampfschule. Sie war im kleinen Örtchen Steinekirch gelegen, einem Ortsteil von Zusmarshausen. Die Schule war 1974 von Jakob Beck persönlich gegründet worden und ist somit die älteste Allkampfschule Europas.
1996 erwarb Kinzel eine Kampfrichterlizenz bei der Deutschen Allkampf Union (DAU), deren Zweiter Vorsitzender er seit 2003 ist. Ab 2000 entwickelte er eine neue Disziplin im Allkampf-Jitsu.
Der Schritt in den Landkreis Günzburg
2004 dann wurde die bis heute bestehende Lehrstätte in Agawang eröffnet. 2008 wurde der Sport- und Selbstverteidigungsverein Agawang gegründet. Kinzel repräsentiert den Verein von Beginn an als Vorsitzender. Und er begann, in größeren Dimensionen zu denken. Schließlich brachte er den Sport nach Rettenbach. 2009 wurde innerhalb des ortsansässigen FC Reflexa eine Abteilung für Allkampf-Jitsu und Aerokickkarate eröffnet. Die hat sich seither prächtig entwickelt. Derzeit 60 Mitglieder stellen Kinzel „sehr zufrieden“.
2014 musste der Verein die ursprüngliche Sportstätte in Steinekirch verlassen und nutzte die Gelegenheit, um seine Räumlichkeiten in ein neues Dojo nach Dinkelscherben zu verlegen. Nach 40-jährigem Bestehen des Dojo Steinekirch (1974 bis 2014) begann eine neue Ära.
Zu Beginn des neuen Jahrtausends legte Kinzel die letzte praktisch absolvierbare Prüfung zum 6. Dan und somit zum Großmeister im Allkampf-Jitsu ab. Bereits fünf Jahre später wurde ihm von Jakob Beck und dem Budo Center Europa der 7. Dan verliehen – unter anderem wegen besonderer Verdienste für den Sport. 2016 wollte sich Kinzel nochmals beweisen und legte den 6. Dan auch im Jiu-Jitsu ab. 2019 folgten die nächsten Jubiläen für den Kampfsportverein. Gefeiert wurden das 45-jährige Bestehen der Schule und das zehnjährige Bestehen der Abteilung in Rettenbach.
Wissen weitergeben, Freundschaften pflegen
Was sich Kinzel für die Zeit nach der Corona-Krise wünscht? „Ich hoffe, ich kann diesen tollen Sport noch viele Jahre ausüben“, sagt er. Er möchte sein Wissen noch an viele Schüler weitergeben und die durch den Sport gewonnenen Freundschaften pflegen.
Auch im für den Amateursport so schwierigen Jahr 2020 konnte der Schulleiter auf seine Trainer und Mitglieder zählen. Online- und Outdoor-Trainingseinheiten halfen den Mitgliedern, fit zu bleiben. Offensichtlich macht dieses Angebot trotz aller Einschränkungen Spaß: Die Rettenbacher Abteilung hat im Zusammenhang mit der Pandemie laut Kinzel „kein einziges Mitglied verloren“.
Womöglich kommen sogar noch Neueinsteiger dazu, hofft der Schulleiter. Mit einem Schmunzeln erzählt er, dass die Eltern seiner jungen Sportler ausdrücklich zum Selbstverteidigungs-Training übers Internet eingeladen sind und einige diese Chance, einen neuen Sport zu entdecken, auch nutzen.
Für die nähere Zukunft hofft Kinzel, „dass alle gesund bleiben, wir bald wieder gemeinsam trainieren können und dass wir den Spaß und die Freude nicht verlieren.“ Seinen Schützlingen gibt er eines mit auf den Weg: „Ein Allkämpfer gibt niemals auf!“