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Interview mit Eva Flemisch: "Wir bewachen Desinfektionsmittel im Auftrag verschiedener Kunden"

Interview mit Eva Flemisch

"Wir bewachen Desinfektionsmittel im Auftrag verschiedener Kunden"

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    Die Corona-Pandemie stellt auch die heimischen Unternehmer vor neue, zusätzliche Herausforderungen. Eva Flemisch begegnet allen Problemen optimistisch.
    Die Corona-Pandemie stellt auch die heimischen Unternehmer vor neue, zusätzliche Herausforderungen. Eva Flemisch begegnet allen Problemen optimistisch. Foto: Bernhard Weizenegger

    Wenn alles normal läuft, spricht kaum ein Mensch offen über Sauberkeit und praktisch niemand über Desinfektion. Von Normalzustand allerdings kann angesichts der Corona-Pandemie keine Rede sein. Die in Günzburg ansässige Firma Kalka ist unter anderem im Bereich Desinfektion tätig. Da kommen auf Sie als Geschäftsführerin bestimmt viele Fragen zu. Oder, Frau Flemisch?

    Ja, sicherlich. Das ist in der aktuellen Situation auch ganz normal. Am Markt werden derartige Mittel einfach verstärkt nachgefragt. Wir haben ja tatsächlich viel mit Desinfektion zu tun und haben auch entsprechende Mittel vorrätig. Aber um es klar zu sagen: Wir setzen sie selbst nur für Spezialfälle ein, beziehungsweise geben sie für solche Fälle aus. Wir sind keine Firma, die Desinfektionsmittel vertreibt.

    Die Desinfektion großer Flächen gehört zu den breit gefächerten Dienstleistungsangeboten der Firma Kalka. Erhielten Sie bereits Aufträge von Unternehmen, die Corona-Fälle in ihren Räumen hatten?

    Ja, wir haben bereits einige derartige Spezialreinigungen mit Flächendesinfektionsmitteln vollzogen. Aber wir tun das nicht auf Verdacht, sondern nur nach Abwägung der Sachlage durch unseren staatlich geprüften Desinfektor, meinen Bruder Christian.

    Eva Flemisch: "Wir bewachen Desinfektionsmittel im Auftrag verschiedener Kunden."

    Enge Märkte schüren Begehrlichkeiten. Desinfektionsmittel sind rar gesät in diesen Tagen, gleichzeitig ist ihr materieller Wert gestiegen. In diesen Zusammenhang passt das Gerücht, dass die Firma Kalka auf ihrem Gelände inzwischen eine Art Sonderbewachung für derartige Artikel praktiziert. Ist da was dran?

    Nein. Wahr ist: Wir sind auch ein Bewachungsunternehmen und wir bewachen Desinfektionsmittel im Auftrag und auf den Geländen verschiedener Kunden, die solche Mittel herstellen oder lagern. Losgelöst von diesen konkreten Fällen machen momentan viele Firmen Kurzarbeit oder sperren ihr Firmengelände sogar ab. Da muss sich natürlich jeder Firmeninhaber fragen, wie es um die Sicherheit seiner Waren bestellt ist.

    Stellen wir unser Gespräch auf eine breitere Basis. Sie sind ja nicht nur Geschäftsführerin, Sie sind auch Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung Günzburg. Wie negativ wirkt sich die Pandemie auf deren Mitglieder aus?

    Man muss die Situation als ernst einordnen. Es besitzt ja keiner eine Glaskugel um abzusehen, was in den nächsten Wochen noch auf uns zukommt. Also steht im Moment für jeden der Gedanke „Ich versuche, mein Unternehmen zu retten“ im Vordergrund. In Sachen Wirtschaftsvereinigung ist es daher recht ruhig zurzeit.

    "Die Digitalisierung erhält derzeit einen wahnsinnigen Aufwind"

    Wenn es angesichts der Fülle an jetzt schon erkennbaren Problemen überhaupt erlaubt ist, das Wort zu verwenden: Eröffnet der vom Coronavirus verursachte Niedergang auch neue Gedankenwelten? Liegt in der Krise auch eine Chance?

    Die Digitalisierung – eines der Leitthemen meiner Arbeit als Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung – erhält derzeit wahnsinnigen Aufwind. Zum Beispiel durch verstärkt genutzte Möglichkeiten des Homeoffice oder durch die Schaltung von Videokonferenzen. Sofern man als Unternehmer angesichts der offenkundigen Probleme über den Tellerrand schauen kann, würde ich sagen: Wenn man es schafft, sich in dieser Zeit über Zukunftsstrategien Gedanken zu machen, führt das bestimmt zu positiven Ergebnissen.

    Hilfe in schweren Zeiten bieten, aus Einzelnen eine Gemeinschaft bilden – unter anderem dafür wurde vor gut fünf Jahren die Cityinitiative Günzburg gegründet. Bewährt sich der Verein in diesen Tagen?

    Er bietet eine tolle Möglichkeit für Unternehmer und für Bürger, sich gegenseitig und die heimische Wirtschaft zu unterstützen. Mit dem Online-Portal Wir-in-Günzburg.de gibt es dazu eine Plattform, auf der Unternehmen, Handel und Gastronomiebetriebe ihre Öffnungszeiten oder Lieferservices eintragen können – aktuell sogar kostenlos. Hier kann sich jeder über die Angebote informieren und bei vielen Unternehmen online bestellen. Es gibt einen Sofortlieferservice für Günzburg und die Stadtteile sowie die Möglichkeit, Produkte deutschlandweit zu versenden.

    Gastronomie erlebt sehr schwere Zeiten

    Als Chefin der Wirtschaftsvereinigung nannten Sie schon mehrfach die Bereiche Klimaschutz, Fachkräftemangel, Erreichbarkeit von Ladengeschäften und die allgemeine Verkehrsanbindung als große Herausforderungen. Haben sich Ihre Prioritäten in den vergangenen Tagen geändert?

    Nein, das ist und bleibt alles wichtig. Aber Handel und Gastronomie erleben gerade eine sehr schwere Zeit. Es muss allen daran gelegen sein, diesen Bereich zu stützen und voranzubringen.

    Heißt die bittere Wahrheit nicht vielmehr, dass Einkaufen in den Innenstädten seine beste Zeit einfach hinter sich hat?

    Das ist mir in dieser Form zu einfach. Mein Stellvertreter Hermann Hutter sagt immer: „Die Innenstadt braucht den Handel, aber der Handel braucht keine Innenstadt mehr.“ Wir werden uns kreativ überlegen müssen, wie eine Innenstadt künftig ausschauen soll, hierfür Konzepte entwickeln und umsetzen.

    Eva Flemisch ist seit zehn Jahren in einer männerlastigen Branche

    Im Spätherbst 2017 wurden Sie als erste Frau überhaupt an die Spitze der Wirtschaftsvereinigung gewählt; vor ein paar Monaten bestätigten Sie deren Mitglieder im Amt. Es war hoffentlich nicht das einzige Zeichen von Wertschätzung in dieser Zeit – oder anders formuliert: Wie sind Ihre Erfahrungen als Frau in dieser Position?

    Ich habe da überhaupt kein Problem. Das liegt vielleicht daran, dass ich schon zehn Jahre den Job als Geschäftsführerin in einer männerlastigen Branche ausübe. Sicher kommt zwischendurch mal ein dummer Männerspruch. Aber dann stellt sich ja immer noch die Frage, wie man den aufnimmt und kontert. Im Normalfall fühle ich mich wertgeschätzt – und wir Frauen werden auch immer mehr. Wir haben in der Region schon viele weibliche Nachfolgerinnen in Führungspositionen. Da wandelt sich was und das finde ich schön.

    Zur Person: Eva Flemisch führt zusammen mit ihren Brüdern Jürgen und Christian seit 2009 das hauptsächlich in den Bereichen Spezialreinigung und Werksschutz tätige Unternehmen Kalka. Die Firma ging aus der 1946 von Georg Kalka gegründeten Wach- und Schließgesellschaft Günzburg hervor. Seit November 2017 ist die 41-Jährige Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung Günzburg.

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