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Handel- und Gastro-Serie (4): Im Restaurant "Am Silbersee" in Rettenbach sind zwei Generationen im Betrieb

Handel- und Gastro-Serie (4)

Im Restaurant "Am Silbersee" in Rettenbach sind zwei Generationen im Betrieb

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    Tutto to go – alles zum Mitnehmen gibt es im Restaurant „Am Silbersee“ in Rettenbach. Seit mehr als 20 Jahren führt Giovanni Iavazzi (rechts) das Lokal, seit zwei Jahren ist sein jüngster Sohn Fabio (links) auch im Geschäft.
    Tutto to go – alles zum Mitnehmen gibt es im Restaurant „Am Silbersee“ in Rettenbach. Seit mehr als 20 Jahren führt Giovanni Iavazzi (rechts) das Lokal, seit zwei Jahren ist sein jüngster Sohn Fabio (links) auch im Geschäft. Foto: Bernhard Weizenegger

    Einzelhändler, Gastronomen/Hoteliers und „Lebensmittelhandwerker“ wie Bäcker und Metzger machen eine Innenstadt und ein Dorf lebendig. Doch schon vor Corona haben viele um die Zukunft gekämpft, vielerorts haben Betriebe mangels Nachfolger schließen müssen. Corona hat die Probleme verschärft. In einer Zeit, in der durch das Virus und seine Folgen Innenstädte und Dörfer weiter auszubluten drohen, will unsere Zeitung einen Kontrapunkt setzen und über die berichten, bei denen die Nachfolge geregelt ist. So heißt unsere Serie auch, der Einfachheit halber auf Überbegriffe fokussiert: „Handel und Gastronomie mit Zukunft“.

    Über den Corona-Sommer hinweg ist es dem italienischen Restaurant „Am Silbersee“ in Rettenbach sehr gut gegangen. Inhaber Giovanni Iavazzi schätzt sich mit dieser Bilanz sehr zufrieden – mehr als im Sommer 2019 habe er eingenommen. Jetzt im November, im sogenannten „Lockdown light“, läuft es nicht mehr ganz so gut, doch Iavazzi ist guter Dinge, dass es im kommenden Jahr besser wird.

    Fabio Iavazzi wollte im Restaurant seines Vaters nur eine neue berufliche Richtung ausprobieren

    Unterstützung bekommt er von seinem Sohn Fabio, der vor knapp zwei Jahren in den Betrieb seines Vaters eingestiegen ist. Der 25-Jährige ist das jüngste von drei Kindern und das einzige, das in die Fußstapfen seines Vaters tritt. Eigentlich wollte Fabio nach seiner Ausbildung als Großhandelsfachmann nur raus aus dem Büro und etwas Neues ausprobieren. Dass ihm die Arbeit in der Gastronomie so gut gefallen würde, dass er ins Geschäft einsteigen würde, habe er nicht erwartet. „Ich habe früher schon immer mal wieder ausgeholfen, aber im Großen und Ganzen hatte ich nicht viel mit dem Restaurant zu tun und war auch relativ selten dort.“

    Umso mehr freute sich sein Vater, als sich Fabio dafür entschied, den Betrieb weiterzuführen. „Ich hatte mich schon damit abgefunden, dass ich in zehn Jahren aufhöre und es dann vorbei ist mit dem Restaurant.“ Doch es sei ihm und seiner Frau Manuela immer wichtig gewesen, den Kindern bei ihrer Berufswahl die freie Entscheidung zu lassen.

    Bald soll es "Am Silbersee" in Rettenbach eine besondere Spezialität aus Neapel geben

    Iavazzi wuchs in Neapel auf und kam 1979 als 17-Jähriger nach Deutschland – der Liebe wegen. Mehrere Jahre arbeitete er in verschiedenen Restaurants in Bayreuth. „Mein Vater war in Neapel Pizzabäcker, die Arbeit lag mir im Blut.“ Eine Spezialität seines Vaters, die nur in Neapel verbreitet ist, will Iavazzi auch bald im eigenen Lokal einführen: frittierte Pizza. „Wenn ich in Neapel bin, esse ich immer frittierte Pizza, das ist Pflicht“, sagt er und lacht.

    1986 eröffnete er in Günzburg sein erstes eigenes Lokal, 14 Jahre später übernahm er zusätzlich die Räumlichkeit am Silbersee. „Irgendwann ist die Arbeit zu viel geworden und ab 2005 habe ich mich dann nur noch auf das Restaurant hier konzentriert“, erzählt er. Denn immerhin kann er auf den rund 250 Quadratmetern Innenraum etwa 100 Gäste unterbringen, auf der 400 Quadratmeter großen Terrasse sind es noch einmal zusätzliche 250 Personen.

    Der Kontakt zu den Gästen ist den Iavazzis das Wichtigste

    Für Iavazzi bedeutet seine Arbeit alles. „Meine Frau sagt immer, mein Job sei meine zweite Frau“, erzählt er und schmunzelt. Doch er sei nun einmal als Gastronom geboren und liebe seine Arbeit. „Ich habe hier so viele Menschen kennengelernt, die die interessantesten Geschichten erzählen. Der Kontakt zu meinen Gästen ist mir sehr wichtig.“

    Und genau dieser Kontakt war es, der seinem Sohn Fabio bei seinem vorherigen Job gefehlt hat. „Die Arbeit im Büro hat mir nicht gereicht und ich wollte die Gastronomie einfach einmal ausprobieren – und dann hat es mir mehr gefallen, als ich gedacht hatte.“ Besonders über die Arbeitszeiten und den Stress in der Gastronomie habe er sich Gedanken gemacht, doch es sei nicht so schlimm gewesen wie erwartet. „Lieber habe ich Stress, als dass ich mich langweile.“

    Der erste Lockdown hat Giovanni Iavazzi hart getroffen

    Seit etwa einem Jahr ist auch Fabios Freundin, gelernte Bäckerin, mit im Betrieb und kümmert sich in erster Linie um die Eisdiele. Fabios Mutter Manuela, die früher ebenfalls mitgeholfen hat, ist inzwischen nicht mehr dabei. „Sie hatte zu viel Stress, nebenbei hat sie auch in der Mittelschule die Hausaufgabenbetreuung gemacht, darum ist sie jetzt hier raus“, erklärt Giovanni Iavazzi. Nur an besonders stressigen Tagen, wie an den Sonntagen, könne es sein, dass seine Frau bei der Bedienung mithelfe.

    Solche Tage gibt es natürlich im Moment nicht. Der erste Lockdown im Frühjahr habe ihn hart getroffen, erzählt Iavazzi. Während Sohn Fabio positiv gedacht habe und sicher gewesen sei, dass die Zeit auch wieder vorbei gehe, war sein Vater erschüttert. „Seit ich nach Deutschland gekommen bin, war ich keinen einzigen Tag arbeitslos. Und auf einmal durfte ich nicht mehr arbeiten – das war sehr schlimm für mich.“

    Seit Fabios Eintritt haben die Iavazzis viele Investitionen getätigt

    Im Winter arbeiten normalerweise etwa acht bis zehn Angestellte bei den Iavazzis, im Sommer sind es rund 25. 80 Prozent der Arbeiter sind saisonweise in Rettenbach und kommen jedes Frühjahr aus Italien angereist. Auch das war in diesem Jahr nicht möglich. Einen Pizzabäcker und einen Koch habe er dadurch verloren, erzählt Giovanni Iavazzi. Erst ab Mitte Juli habe er genug neues Personal gehabt – und das war auch dringend notwendig. „Diesen Sommer war an jedem Tag so viel los wie normalerweise an einem Sonntag“, sagt Fabio.

    Den Lockdown nutzen Vater und Sohn, um das Restaurant zu renovieren. So wurde der Eingangsbereich erneuert, statt Stufen führt jetzt ein ebenerdiger Weg ins Lokal hinein. Auch die Markise im Außenbereich ist neu. Seit Fabio ins Geschäft eingestiegen ist, haben die Iavazzis zudem Investitionen im Wert von rund 100.000 Euro getätigt, unter anderem für eine neue Eismaschine – eine Summe, die Giovanni Iavazzi nicht ausgegeben hätte, würde Fabio das Restaurant nicht weiterführen.

    Trotz der Krise bleiben Vater und Sohn optimistisch

    Noch sieben bis zehn Jahre will der Senior-Chef mitmischen, dann möchte er den Betrieb seinem Sohn übergeben. Doch zunächst gilt es, den Lockdown zu meistern. Giovanni und Fabio Iavazzi hoffen, dass sie vielleicht über die Weihnachtszeit wieder öffnen dürfen. Normalerweise macht die Familie in dieser Zeit Urlaub – doch wenn sich die Möglichkeit bietet, wollen sie das Weihnachtsgeschäft mitnehmen.

    Trotz der Krise ist insbesondere Fabio optimistisch. „Ich weiß, dass die Zeit wieder vorbei geht. Und die Leute kommen ja trotzdem – ich bin sicher, dass alles gut wird“, sagt er voller Überzeugung.

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