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Handel- und Gastro-Serie (3): Die Familie macht das etwas andere Gasthaus "Waldvogel" in Leipheim aus

Handel- und Gastro-Serie (3)

Die Familie macht das etwas andere Gasthaus "Waldvogel" in Leipheim aus

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    Der Gasthof Waldvogel in Leipheim, hier ein Teil des Biergartens, ist ein Familienunternehmen. Das Foto zeigt drei Generationen: Barbara und Gebhard Ihle mit ihren Kindern Stefanie Pröbstle und Mathias sowie Enkelin Klara.
    Der Gasthof Waldvogel in Leipheim, hier ein Teil des Biergartens, ist ein Familienunternehmen. Das Foto zeigt drei Generationen: Barbara und Gebhard Ihle mit ihren Kindern Stefanie Pröbstle und Mathias sowie Enkelin Klara. Foto: Bernhard Weizenegger

    Einzelhändler, Gastronomen/Hoteliers und „Lebensmittelhandwerker“ wie Bäcker und Metzger machen eine Innenstadt und ein Dorf lebendig. Doch schon vor Corona haben viele um die Zukunft gekämpft, vielerorts haben Betriebe mangels Nachfolger schließen müssen.

    Der „Waldvogel“ ist mehr als nur ein Gasthof. Es gibt natürlich das Wirtshaus mit Biergarten. Es gibt Räume zum Feiern und zum Tagen. Aber es gibt auch einen Drive-In, also einen Autoschalter. Und es gibt eine eigene Landwirtschaft. Die Geschichte begann folgendermaßen: „So siedelte Opa Georg damals 1928 mit seinem Hof raus an den Wald. Seine Nachbarn nannten ihn seitdem nur noch Waldvogel...denn er musste ja einen Vogel haben, wenn er alleine da raus an den Waldrand zieht“, heißt es auf der Internetseite. „Damals gab’s noch keine Autobahn weit und breit. Die Schweinezucht, Opas Größtes.“ Der Waldvogel wurde zum Ausflugslokal für Radler und Spaziergänger, später ein Lokal für die in Leipheim stationierten Bundeswehrsoldaten. Und heute ist man hier fast am selbst gesteckten Ziel, das Gasthaus möglichst aus dem eigenen Anbau heraus mit Lebensmitteln zu versorgen.

    Stefanie Pröbstle stieg vor zehn Jahren in den Familienbetrieb ein, damals führte sie ihn noch zusammen mit Vater Gebhard. Vor vier Jahren kam dann Bruder Mathias dazu, mit dem sie das Unternehmen seither gleichberechtigt leitet. „Wir haben uns zwei Probejahre gegeben, um zu sehen, ob das klappt“, erzählt die 38-Jährige. Doch schon nach einem halben Jahr hatte sich alles so gut eingespielt, dass klar war: So kann’s weitergehen.

    Dank der Familie kann man auch mal einen freien Tag genießen

    Als Legoland sich in Günzburg ansiedelte, hatte man im „Waldvogel“ überlegt, wie darauf reagiert werden könnte. Sollte ein eigenes Feriendorf für die Gäste aus dem Boden gestampft werden, oder sollte der Schwerpunkt auf Tagungen liegen? Die Entscheidung fiel auf Letztere, sie waren der Einstieg in den Ausbau. Eigentlich war auch nur vorgesehen, dass eines der drei Kinder von Barbara und Gebhard Ihle den Betrieb weiterführt, „denn oft funktioniert es nicht mit mehreren, gerade wenn die Partner dazu kommen“, weiß Stefanie Pröbstle, deren Mann die Landwirtschaft leitet.

    Doch da jeder seinen Bereich hat und man sich vollkommen aufeinander verlassen könne, kam es anders. Mathias hatte in Ulm Erfahrung mit der eigenen Salatbar gesammelt, doch auch an freien Tagen konnte er nicht abschalten. Seit er aber den „Waldvogel“ mit seiner Schwester führt, kann er das, erzählt er. Und sie fügt hinzu, dass so auch ein eigenes Familienleben möglich sei.

    Gut 40 Mitarbeiter sind im "Waldvogel" tätig - normalerweise

    Nach außen erscheine das Unternehmen nicht so groß, aber 35 bis 40 Mitarbeiter sind hier beschäftigt – wegen Corona nun alle in Kurzarbeit. Trotz des Personals sei es natürlich wichtig, dass immer ein Chef da ist, „bei uns ist es sehr gästeintensiv“. Das könne einen auffressen – aber einem auch viel geben. Und da die Eltern nach wie vor kräftig mitwirken – Mutter Barbara ist 62, Vater Gebhard 66 – und man sich so gegenseitig unterstütze, laufe es.

    Einen großen Biergarten hat das Gasthaus "Waldvogel" in Leipheim.
    Einen großen Biergarten hat das Gasthaus "Waldvogel" in Leipheim. Foto: Bernhard Weizenegger (Archiv)

    Auf die Frage, warum sie den „Waldvogel“ weiterführen, sagt Mathias, „weil es nie einen Zwang dazu gab“. Und die Schwester: „Wir sind als Wirtshauskinder aufgewachsen.“ Hier sei immer was los gewesen, man stand barfuß hinter der Theke, tummelte sich in der Küche, spielte mit den Ziegen, lernte Gäste als Freunde kennen. „Das steckt einfach im Blut.“ So habe es in der Kindheit auch dazu gehört, die Köchin morgens zusammen in Leipheim abzuholen und abends vor dem Zubettgehen zurückzubringen. Die Familie mache den Unterschied des Mittelstands zum Großunternehmen: Das Blut verbinde, und ein noch so guter externer Geschäftsführer könne das nie ersetzen.

    Den Wirtsleuten fehlt in Corona-Zeiten der Trubel

    Dieser Zusammenhalt mache es aber auch möglich, Betrieb und Familie voneinander abzugrenzen, Freiräume zu schaffen. Eine moderne Sicht auf die Dinge, meint Stefanie Pröbstle. Vor zwei, drei Jahren seien ein Feierabend und ein freier Tag, an dem man wirklich nicht im Haus ist, undenkbar gewesen. Doch auch seit ihre nun 20 Monate alte Tochter Klara da ist, haben sich die Prioritäten nun einmal verschoben.

    Falls man sich zerstreiten würde, gebe es auch einen (hier nicht näher beschriebenen) Notfallplan, wie das Unternehmen weitergeführt würde. Denn der „Waldvogel“ solle nicht kaputtgehen. Weder dadurch – noch durch Corona. Auch wenn die Zeiten schwierig seien: Das, was die vorherigen Generationen aufgebaut haben, wolle man unter keinen Umständen gefährden. So lässt sich die Familie immer wieder etwas Neues einfallen, beispielsweise einen nun weihnachtlich geschmückten Drive-In mit lebender Krippe für die Kinder. Das Essen zum Abholen laufe zwar nur am Sonntag einigermaßen gut, aber man wolle nun einmal weiter für die Leute da sein – „und wir beschäftigen uns damit“, sagt Stefanie Pröbstle. Die Gäste, die Feiern, der Trubel fehle einfach.

    Die Lebensmittel müssen jetzt anders verkauft und verschenkt werden

    Der „Waldvogel“ hebt sich aber auch dadurch von anderen ab, indem der Garten bestimmt, was auf der Speisekarte steht. Das könne zu Spitzenzeiten, wenn gut 550 Gäste parallel bewirtet würden, natürlich auch mal dazu führen, dass etwas „aus“ ist, oder dass je nach Jahreszeit die Karte anders ist als zuvor. Das habe auch schon mal zu einer Diskussion mit einem Gast geführt, erzählt Mathias Ihle, aber die meisten verstünden das Konzept.

    Beim "Waldvogel" gibt es sogar einen Drive-In.
    Beim "Waldvogel" gibt es sogar einen Drive-In. Foto: Bernhard Weizenegger

    Wenn das Wetter schlecht und wenig los ist – und gerade derzeit – berge das aber das Problem, dass man auf den in großem Stil angebauten Lebensmitteln sitzen bleibe. Zum Glück könne ein Teil an Bauern abgegeben werden, die sie auf Märkten verkaufen – bis ein eigener Hofladen aufgebaut und angenommen würde, vergehe einfach zu viel Zeit. Auch werde die „Tafel“ bedacht.

    Hoffnung auf die Corona-Impfung - und Normalität

    Wie es nächstes Jahr angesichts von Corona weitergeht, kann die Familie momentan noch nicht sagen. Man merke, dass die Leute vorsichtig seien, die Anfragen für Hochzeitsfeiern seien noch sehr übersichtlich. Sie hofft darauf, dass die Menschen vernünftig sind und sich impfen lassen, damit endlich wieder so etwas wie Normalität einkehren kann.

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