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Gundremmingen: Physiker: AKW hätte nicht genehmigt werden dürfen

Gundremmingen

Physiker: AKW hätte nicht genehmigt werden dürfen

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    Um die Herausgabe der Genehmigungsunterlagen des Kernkraftwerks Gundremmingen drehte sich ein Prozess am Verwaltungsgericht in München. Ein Physiker scheiterte mit seiner Klage.
    Um die Herausgabe der Genehmigungsunterlagen des Kernkraftwerks Gundremmingen drehte sich ein Prozess am Verwaltungsgericht in München. Ein Physiker scheiterte mit seiner Klage. Foto: Berhard Weizenegger

    Die Verwundbarkeit bei einem Flugzeugabsturz hält Diplom-Physiker Reiner Szepan für das zentrale Sicherheitsproblem des Kernkraftwerks Gundremmingen. Der Wissenschaftler aus Grabenstätt am Chiemsee hat gegenüber dem Bayerischen Umweltministerium geklagt, dass ihm die Genehmigungsunterlagen des Kernkraftwerks ausgehändigt werden sollen. Szepan ist der Meinung, dass die beiden Blöcke B und C des Gundremminger

    Wie eine Sprecherin des Gerichts erläuterte, ging es nicht darum, ob Szepan nach dem Bayerischen Umweltinformationsgesetz die Genehmigungs-Unterlagen einsehen kann. Der Physiker habe die Akten bereits gesehen. „Bei der Verhandlung ging es darum, ob der Kläger die Unterlagen ungeschwärzt in Kopie ausgehändigt bekommt“, sagte die Sprecherin. Und dies wollte das Verwaltungsgericht nicht zulassen.

    Grundsätzlich hätten Bürger Anspruch auf Informationen. Das Bayerische Umweltinformationsgesetz, so erläuterte die Sprecherin, regele aber auch Fälle, in denen Bürger Unterlagen nicht einsehen können – zum Beispiel, wenn dadurch die öffentliche Sicherheit gefährdet werden könnte. Im konkreten Fall des Kernkraftwerks Gundremmingen habe der Richter die öffentliche Sicherheit höher bewertet als das öffentliche Interesse an der Auskunft. Terroristen, so die Befürchtung, könnten aus den Akten neue Erkenntnisse gewinnen und diese möglicherweise für Anschläge nutzen. Szepan durfte die Genehmigungsunterlagen deshalb nicht mit nach Hause nehmen.

    Das ist das Atomkraftwerk Gundremmingen

    Die Anlage Gundremmingen zwischen Günzburg und Dillingen, die in dieser Form seit 1984 besteht, ist der leistungsstärkste Kernkraftwerksstandort in Deutschland. Die zwei Reaktoren erzeugen pro Jahr mehr als 20 Milliarden Kilowattstunden Strom. Dies entspricht rund einem Drittel des gesamten Verbrauchs in Bayern.

    Die Betreibergesellschaft der Anlage gehört zu 75 Prozent RWE und zu 25 Prozent Eon. Nach dem Atomausstiegsbeschluss der Bundesregierung 2011 sollen Block B im Jahr 2017 und Block C 2021 abgeschaltet werden.

    Das Zwischenlager in Gundremmingen ging im August 2006 in Betrieb. Die Halle liegt rund 150 Meter vom Reaktorgebäude entfernt und ist 104 Meter lang, 38 Meter breit und 18 Meter hoch. Die Wände aus Stahlbeton sind 85 Zentimeter dick. Die Halle verfügt über eine Kapazität von 192 Castoren. Ein Castor wiederum enthält 52 Brennelemente. Damit ist das schwäbische Zwischenlager das größte in Deutschland.

    Wie alle anderen Zwischenlager ist auch dieses für eine Betriebszeit von maximal 40 Jahren ausgerichtet. Das heißt, in Gundremmingen endet die Genehmigung 2046. Spätestens dann, so die ursprüngliche Planung, sollte ein Endlager in Deutschland zur Verfügung stehen.

    Die Kritiker befürchteten schon bei der Genehmigung des Zwischenlagers, dass es de facto zu einem Endlager werden könnte. Außerdem argumentierten sie, dass in jedem der Castoren mehr Radioaktivität enthalten sei, als bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 freigesetzt wurde.

    Gegen den Bau der Zwischenlager wurde bundesweit prozessiert. Im Fall von Gundremmingen reichten fünf Anwohner aus umliegenden Gemeinden Klage beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München ein. Der VGH wies die Klage mit seinem Urteil vom 2. Januar 2006 ab.

    Der Physiker räumte auf Anfrage unserer Zeitung ein: „Ich habe den Prozess verloren.“ Im Protokoll werde jedoch sein Vorwurf vermerkt, dass er beim Bau des Gund-remminger Kernkraftwerks von „Genehmigungsbetrug“ spreche. Szepan wertet dies als Erfolg. Die Kosten des Verfahrens von etwa 5000 Euro werde er selbst tragen müssen. Außerdem müsse er für die Gutachter aufkommen, die RWE und Eon als Eigentümer des Kernkraftwerks eingeschaltet hätten. Szepan sagt: „Die Geschichte ist noch nicht zu Ende, ich werde nicht aufgeben.“ Er habe viele Jahre als Selbstständiger im Bereich Reaktorsicherheit gearbeitet. Auch beim Schnellen Brüter in Kalkar habe er Analysen vorgelegt, dass er nicht genehmigungsfähig war, sagte der Wissenschaftler aus Grabenstätt.

    Wenn es um die Frage von Flugzeugabstürzen geht, werde die Aufmerksamkeit nur auf die Reaktorgebäude gelenkt, argumentiert Szepan. Die völlig ungeschützten Schaltanlagengebäude mit den Notstrom-Einrichtungen, den elektronischen Reaktorschutzsystemen und Warten blieben dabei aber unberücksichtigt. Mit deren Zerstörung, so der Physiker, werde der jeweilige Reaktor unbeherrschbar.

    Vertreter des Kernkraftwerks und des Umweltministeriums hatten bereits in der ersten Verhandlung im September Szepans Standpunkt als völlig haltlos zurückgewiesen. Kraftwerkssprecher Tobias Schmidt sagte, dass in diesem Verfahren ein Bürger gegen den Freistaat klage. Die Kernkraftwerk Gundremmingen GmbH, die lediglich beigeladen worden sei, habe eine Stellungnahme abgegeben.

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