Startseite
Icon Pfeil nach unten
Günzburg
Icon Pfeil nach unten

Gundremmingen: Evakuierungszone im Ernstfall offenbar zu klein

Gundremmingen

Evakuierungszone im Ernstfall offenbar zu klein

    • |
    Bei einem Atomunfall im Kernkraftwerk Gundremmingen soll die Evakuierungszone angeblich auf einen 20-Kilometer-Radius erhöht werden.
    Bei einem Atomunfall im Kernkraftwerk Gundremmingen soll die Evakuierungszone angeblich auf einen 20-Kilometer-Radius erhöht werden. Foto: Peter von Neubeck

    Bei einem Atomunfall im Kernkraftwerk Gundremmingen reicht die bisher vorgesehene Evakuierungszone von zehn Kilometern möglicherweise nicht aus. Wie die Anti-Atom-Organisation „Ausgestrahlt“ (Hamburg) mitteilt, müssen die Katastrophenschutzbehörden demnächst für viermal größere Gebiete als bisher Evakuierungspläne ausarbeiten.

    „Eine entsprechende Empfehlung will die Strahlenschutzkommission des Bundes demnächst verabschieden“, teilt „Ausgestrahlt“-Sprecher Tobias Darge mit. Das habe der Vorsitzende der Strahlenschutzkommission, Professor Wolfgang Müller, bestätigt, sagte Darge auf Anfrage.

    Knapp 200.000 Menschen müssten evakuiert werden

    Die Evakuierungszonen rund um Gundremmingen sollen von zehn auf 20 Kilometer ausgedehnt werden. Demnach müssten bei einer Nuklear-Katastrophe etwa 196.000 Menschen statt bisher rund 43.000 evakuiert werden. Der 20-Kilometer-Radius reiche bis nach Giengen und Höchstädt. Auch Bürger im gesamten Günzburger Stadtgebiet müssten evakuiert werden.

    „Ausgestrahlt“ fordert, dass die Innenminister von Bund und Ländern die Ausweitung der Evakuierungszonen und Absenkung der Grenzwerte in ihrer Dezember-Konferenz beschließen sollten.

    Veraltete Katastrophenschutzpläne für Gundremmingen?

    Das ist das Atomkraftwerk Gundremmingen

    Die Anlage Gundremmingen zwischen Günzburg und Dillingen, die in dieser Form seit 1984 besteht, ist der leistungsstärkste Kernkraftwerksstandort in Deutschland. Die zwei Reaktoren erzeugen pro Jahr mehr als 20 Milliarden Kilowattstunden Strom. Dies entspricht rund einem Drittel des gesamten Verbrauchs in Bayern.

    Die Betreibergesellschaft der Anlage gehört zu 75 Prozent RWE und zu 25 Prozent Eon. Nach dem Atomausstiegsbeschluss der Bundesregierung 2011 sollen Block B im Jahr 2017 und Block C 2021 abgeschaltet werden.

    Das Zwischenlager in Gundremmingen ging im August 2006 in Betrieb. Die Halle liegt rund 150 Meter vom Reaktorgebäude entfernt und ist 104 Meter lang, 38 Meter breit und 18 Meter hoch. Die Wände aus Stahlbeton sind 85 Zentimeter dick. Die Halle verfügt über eine Kapazität von 192 Castoren. Ein Castor wiederum enthält 52 Brennelemente. Damit ist das schwäbische Zwischenlager das größte in Deutschland.

    Wie alle anderen Zwischenlager ist auch dieses für eine Betriebszeit von maximal 40 Jahren ausgerichtet. Das heißt, in Gundremmingen endet die Genehmigung 2046. Spätestens dann, so die ursprüngliche Planung, sollte ein Endlager in Deutschland zur Verfügung stehen.

    Die Kritiker befürchteten schon bei der Genehmigung des Zwischenlagers, dass es de facto zu einem Endlager werden könnte. Außerdem argumentierten sie, dass in jedem der Castoren mehr Radioaktivität enthalten sei, als bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 freigesetzt wurde.

    Gegen den Bau der Zwischenlager wurde bundesweit prozessiert. Im Fall von Gundremmingen reichten fünf Anwohner aus umliegenden Gemeinden Klage beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München ein. Der VGH wies die Klage mit seinem Urteil vom 2. Januar 2006 ab.

    Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW hatte bereits vor einem Jahr darauf hingewiesen, dass die Katastrophenschutzpläne bei einem Unfall im Gundremminger Kernkraftwerk veraltet seien. Bei einem Gau machten radioaktive Spaltprodukte nicht an einer 25-Kilometer-Grenze rund um das Kraftwerk halt.

    In diesem Fall würden Gebiete in bis zu 170 Kilometern Entfernung verstrahlt. Das Bundesamt für Strahlenschutz hatte der Organisation recht gegeben. Eine Sprecherin sagte: „Wir haben empfohlen, dass die bisherigen Planungen nach Fukushima kritisch überprüft und weiterentwickelt werden sollten.“

    Risikostudie sieht gravierende Sicherheitsmängel in Gundremmingen

    Es ist bereits die zweite Meldung zum Kernkraftwerk Gundremmingen, die in dieser Woche für Aufsehen sorgt. Zuvor hatten die Autoren einer Risikostudio von gravierenden Sicherheitsmängeln in der Anlage berichtet und die geplante Leistungserhöhung als "nicht genehmigungsfähig" bezeichnet. bv, drs

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden