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Gundremmingen: Bald ist das Atomstromzeitalter in Gundremmingen nur noch eine Erinnerung

Gundremmingen

Bald ist das Atomstromzeitalter in Gundremmingen nur noch eine Erinnerung

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    Der Gasthof "Zum Ochsen" in Gundremmingen hat seit Bestehen des Kernkraftwerks vom Betrieb profitiert. Seit Mitte der 80er-Jahre ist Gerlinde Hutter die Chefin.
    Der Gasthof "Zum Ochsen" in Gundremmingen hat seit Bestehen des Kernkraftwerks vom Betrieb profitiert. Seit Mitte der 80er-Jahre ist Gerlinde Hutter die Chefin. Foto: Bernhard Weizenegger

    Rinderbraten mit Kartoffelknödeln und Salat: 12,80 Euro. Rinderleber Hawaii mit Pommes und Salat: 10,50 Euro. Und dazu die Halbe Klosterbier vom Fass: 3 Euro. Wer gut und günstig regional essen will, ist im Gasthof "Zum Ochsen" in Gundremmingen richtig. Das wissen nicht nur die Einwohner des 1300-Seelen-Dorfes zwischen Günzburg und Dillingen, sondern auch Generationen von Mitarbeitern des größten Arbeitgebers im Ort: des Atomkraftwerks. Früher kamen sie zum Mittagessen und blieben manchmal gleich bis zum Abend. Doch das ist längst Vergangenheit, so wie die Stromproduktion es am Standort des einst größten AKWs in Deutschland bald sein wird. Spätestens an Silvester ist Schluss, über den genauen Abschalttermin hat RWE noch nicht entschieden. Es ist ein Abschied, auf den sich die Gundremminger lange einstimmen konnten und doch noch nicht wirklich wissen, wie es danach sein wird.

    Noch ist ein Block des Atomkraftwerks Gundremmingen in Betrieb. Bis Ende des Jahres wird die Stromproduktion hier aber eingestellt.
    Noch ist ein Block des Atomkraftwerks Gundremmingen in Betrieb. Bis Ende des Jahres wird die Stromproduktion hier aber eingestellt. Foto: Bernhard Weizenegger

    Wirtin Gerlinde Hutter heiratete 1986 in den Gasthof ein. Heute steht ihr Sohn in der Küche. Angst, dass im Kraftwerk, das in Sichtweite liegt, mal etwas passieren könnte, hatte sie nie. Vielleicht liegt es auch daran, dass sie viele Mitarbeiter persönlich kennt. In der Schule hatte sie zudem immer gerne Physik und Chemie. Sicherer fühlt sie sich durch die bevorstehende Abschaltung jedenfalls auch nicht. "Wenn in Frankreich in einem Atomkraftwerk was ist, sind wir ja auch betroffen." Sie höre inzwischen öfter von Leuten, dass es ein Fehler sei, die deutschen AKWs vom Netz zu nehmen, sie abzureißen. Darunter seien natürlich auch solche, die gewissermaßen gegenüber geschafft hätten. Stattdessen müsse dann der Strom importiert werden, der in Anlagen erzeugt werde, die unsicherer seien als die eigenen.

    Manche Stammgäste von früher sind dem Gasthof in Gundremmingen erhalten geblieben

    Mit den Jahren wurden die Gäste im "Ochsen" andere. War es früher eben die Belegschaft vom Kraftwerk und das Fremdpersonal, das für die Revisionen kam, sind es inzwischen Monteure, die in der Region zu tun haben. Die "Firmenkunden" ermöglichten es, dass der Betrieb auch während der Corona-Lockdowns weitergehen konnte. So wie diejenigen, die das von Dillingen nach Gundremmingen umgezogene Holzwerk auf einem Feld vor dem AKW hochzogen und einrichteten. Zunächst 100 Menschen und perspektivisch weitere sollen dort ihren festen Arbeitsplatz haben.

    Kein Vergleich zu den gut 1000, die es mal im Kernkraftwerk waren, nochmal so vielen Externen bei den Revisionen und den "Zulieferern". Aber immerhin. Bis Ende nächsten Jahres soll die Zahl der eigenen Mitarbeiter in der Anlage übrigens von 540, die es zum Jahresanfang 2020 waren, auf gut 440 sinken. Sie werden dann für den Rückbau eingesetzt. Ansonsten übernachten und essen im Gasthof auch Handelsvertreter. Oder Radfahrer. Manche Stammgäste von früher habe sie sogar behalten, erzählt Hutter mit einem Lächeln. Die machten heute Urlaub bei ihr.

    Das Atomsymbol ist sogar Bestandteil des Gundremminger Wappens.
    Das Atomsymbol ist sogar Bestandteil des Gundremminger Wappens. Foto: Bernhard Weizenegger

    Was sich aber schon jetzt zeige: Von den Externen, die das AKW zurückbauen, habe sie kaum etwas. Die hätten meistens eine Wohnung, und es seien oft Subunternehmer von Subunternehmern - mit entsprechend wenig Geld. Dafür kämen wieder verstärkt jüngere Leute zum Essen, die genug hätten von Pizza und anderem Fast Food und lieber was "G'scheit's" wollten, schwäbische Hausmannskost eben. Stammtische gebe es hingegen kaum noch.

    Kommt doch noch ein Gaskraftwerk nach Gundremmingen?

    Gerne würde die 59-Jährige diejenigen beherbergen und verköstigen, die das geplante Gaskraftwerk neben dem AKW hätten bauen und betreiben sollen. Doch für diese Reserveanlage, die dazu beitragen soll, das Stromnetz stabil zu halten, gab die zuständige Stelle einem anderen Standort den Zuschlag: Leipheim. Am westlichen Ende des Landkreises Günzburg ist erst kürzlich der Grundstein dafür gelegt worden. Gundremmingens Bürgermeister Tobias Bühler (CSU), der aus seinem Büro das Kernkraftwerk noch besser sehen kann als Gerlinde Hutter, hat die Hoffnung aber nicht aufgegeben, dass in seiner Gemeinde künftig doch weiter Strom produziert wird. Schließlich verfolgt der Energiekonzern RWE nach wie vor den Plan, statt eines Reservekraftwerks ein reguläres Gaskraftwerk zu betreiben.

    Tobias Bühler ist Bürgermeister von Gundremmingen.
    Tobias Bühler ist Bürgermeister von Gundremmingen. Foto: Peter Wieser (Archivbild)

    Zu dem, was die Gastwirtin so hört, passt, was der Bürgermeister sagt: Er mache sich Gedanken über die Energiewende und wie sie gelingen soll. Den Atomausstieg aber hat er akzeptiert: "Es ist vorbei mit der Kernkraft in Deutschland." Er sei auch nie auf einer Anti- oder Pro-Atomkraft-Demo im Ort gewesen. Es werde eine Alternative zur Kohle brauchen, auf jeden Fall eine Übergangstechnologie. Von Gas- könne man hoffentlich irgendwann zu Wasserstoffkraftwerken kommen. Würde ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk in Gundremmingen errichtet, das sich vielleicht nach dem Kohleausstieg rechne, könne das wichtige Arbeitsplätze bringen. Damit und mit dem Holzwerk werde man die Jobs, die im AKW abgebaut werden, natürlich nicht kompensieren können. Aber da sich das über einen langen Zeitraum strecke, falle der Verlust nicht so auf.

    Das goldene Atomsymbol im Wappen Gundremmingens bleibt

    Bühler geht von einer auch in den kommenden Jahren stabilen Gewerbesteuer aus. Wie viel noch auf das AKW entfällt und wie viel es früher mal war, unterliegt dem Steuergeheimnis. Darüber redet keiner im Ort. Dass man gut gelebt hat vom Kraftwerk ist aber nicht zu übersehen - und das wird auch offen zugegeben. Man konnte sich unter anderem ein Kulturzentrum und eine moderne Mehrzweckhalle leisten, die Straßen sind in einem guten Zustand. Diese Verbundenheit wird auch im Gemeindewappen deutlich, das ein goldenes Atomsymbol beinhaltet. Kann das eigentlich bleiben, wenn das Kraftwerk mal zurückgebaut ist? "Eigentlich ist es ja ein Herz", meint der Bürgermeister und lacht. Natürlich bleibe es, die Kernenergie gehöre zur Geschichte des Ortes..

    So läuft der "Endspurt" im Atomkraftwerk Gundremmingen

    Zum 1. September haben im Atomkraftwerk sieben junge Menschen ihre Ausbildung zum Industriemechaniker begonnen. Es ist der letzte Ausbildungsjahrgang. Insgesamt sind 27 Azubis am Standort beschäftigt: 22 Industriemechaniker, vier Elektroniker für Betriebstechnik und ein Koch-Azubi.

    Der genaue Abschalttermin zum Jahresende steht noch nicht fest, das muss nicht genau Silvester sein, heißt es seitens RWE. Die Abschaltung wird nur intern "begangen", Gäste werden nicht eingeladen. Im Dezember soll den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen einer kleinen internen Feier Danke für 37 Jahre erfolgreiche Energieerzeugung am Standort gesagt werden. Die Mahnwache, die sich seit 1989 gegen das Atomkraftwerk Gundremmingen und für eine Energiewende engagiert, wird an Silvester um 15 Uhr eine "Abschaltmahnwache" vor dem AKW veranstalten. Am 5. Januar wird im benachbarten Birkenried das Ende des Atommeilers offiziell gefeiert. Die Bürgerinitiative Forum organisiert bereits am 18. Dezember mit dem Bund Naturschutz und der Mahnwache eine Tagung in der Reisensburg.

    Nach der Abschaltung von Block C werden, ähnlich wie bei dem an Silvester 2017 vom Netz genommenen Block B, zunächst Betonelemente und Strahlenschutzwände entfernt, um Platz für Transportwege für den Rückbau zu schaffen.

    Flächen östlich und südöstlich des bisherigen Kernkraftwerkstandorts, wo heute Parkplätze und das Info-Zentrum sind, reserviert RWE weiterhin für ein mögliches Gaskraftwerk vor dem Hintergrund "absehbarer Kapazitätsengpässe der Stromnetze in Süddeutschland nach dem Kernenergieausstieg". Der Standort Gundremmingen solle weiterentwickelt werden, um die infrastrukturellen Voraussetzungen für die Errichtung und den Betrieb einer solchen Anlage zu schaffen. Hierfür werde insbesondere das durch den Fernleitungsnetzbetreiber Bayernets bereits begonnene Verfahren zum Anschluss des Standorts an das Fernleitungsnetz fortgeführt. Das diene nur der langfristigen Standortvorsorge, eine Investitionsentscheidung gebe es bei RWE dazu nicht.

    Ab 6. November ist ein Podcast unserer Redaktion, „Gespalten – Gundremmingen und das Ende der Atomkraft“ online verfügbar. Eine Folge ist kostenlos – drei weitere sind unseren Plus-Abonnentinnen und -Abonnenten vorbehalten. (cki)

    Während auf der einen Seite die Zukunft hier bereits begonnen hat, indem sich die Gemeinde fast den ganzen Tag über vollständig durch Biomasse und Photovoltaikanlagen selbst mit Energie versorgen kann, ist auf der anderen doch noch unklar, was aus dem AKW-Gelände werden soll. Studierende der Uni Kassel haben verschiedene Konzepte entworfen, die vom Freizeitpark bis zum Museum reichen und die prägnanten Kühltürme einbeziehen. Aber auch wegen Corona ist das erst einmal nicht weiterverfolgt worden. Jedenfalls, betont Bühler, seit 2014 als hauptamtlicher Bürgermeister im Rathaus, müsse RWE als Eigentümerin der Flächen darüber entscheiden. Somit ist man nicht wirklich weiter im Vergleich zum November 2015, als die Kraftwerksbetreiber eine Veranstaltungsreihe zur Information über den geplanten Rückbau starteten und sich unsere Zeitung bereits unter anderem mit Gastwirtin Hutter und Bürgermeister Bühler unterhielt. Erste Gespräche mit dem Konzern habe es inzwischen aber gegeben.

    Ein Beispiel für eine Nachnutzung könnte Mülheim-Kärlich sein

    Möglicherweise könnte ein erster Schritt getan werden, wenn Mitte oder Ende der 2030er-Jahre die Gebäude und das Gelände aus dem Geltungsbereich des Atomgesetzes entlassen werden, also erwiesenermaßen frei von radioaktiver Belastung sind und somit als Gewerbeflächen weitergenutzt oder abgebrochen werden können. RWE erklärt dazu, es sei heute noch zu früh, über die möglichen künftigen Nutzungen zu sprechen. Die Gemeinde werde auf jeden Fall eingebunden - und die will sich nach Bühlers Worten auch Ideen von anderen Kraftwerksstandorten holen.

    Vom Atomkraftwerk AKW im rheinland-pfälzischen Mülheim-Kärlich nahe Koblenz ist kaum noch etwas zu sehen. Unter anderem die Reaktorkuppel samt Schornstein stehen noch.
    Vom Atomkraftwerk AKW im rheinland-pfälzischen Mülheim-Kärlich nahe Koblenz ist kaum noch etwas zu sehen. Unter anderem die Reaktorkuppel samt Schornstein stehen noch. Foto: Christian Kirstges

    Das rheinland-pfälzische Mülheim-Kärlich bei Koblenz könnte dafür dienen, dort läuft der Anfang des Jahrhunderts begonnene Abriss des früheren AKWs auf Hochtouren. Der Kühlturm ist gesprengt. Die meisten Gebäude sind abgerissen, außer dem Schornstein, der Reaktorkuppel und wenigen weiteren. Und eine neue Straße, die mitten durchs Gelände verläuft, erschließt es für neue Betriebe. Momentan gleicht es eher einer verlassenen Kaserne mit seinen löchrig gewordenen Außenmauern und Zäunen, dem teilweise herabhängenden Stacheldraht, den nutzlos gewordenen Kameras und Bewegungsmeldern. Außer wuchernden Pflanzen, schlammigen Wegen und einem alten Gleisanschluss ist hier nicht mehr viel. Das aber ändert sich gerade. Ende des Jahrzehnts soll die Umwandlung vom Atom- zum Gewerbestandort spätestens abgeschlossen sein.

    250 Arbeitsplätze sollen auf dem früheren AKW-Gelände am Rhein entstehen

    Mülheim-Kärlichs Bürgermeister Gerd Harner sagt, RWE sei hier ein guter Partner und habe die Vermarktung übernommen. Die Stadt sei in die Planungen eingebunden worden, wenn auch nicht in die Detailgespräche. Inzwischen sei das knapp 30 Hektar große Areal, das in fünf bis sechs Teile untergliedert wurde, vollständig vergeben. Vor allem ein großes Logistikunternehmen und wohl ein Recyclingzentrum würden entstehen, ansonsten kleinere Betriebe. Zum Vergleich: In Gundremmingen sind es auch circa 30 Hektar. In Mülheim-Kärlich war eigentlich ebenfalls eine Doppelblockanlage geplant gewesen, gebaut wurde aber nur ein Block.

    Der Großteil der Gebäude des Atomkraftwerks im rheinland-pfälzischen Mülheim-Kärlich nahe Koblenz ist inzwischen abgerissen, der Kühlturm wurde gesprengt.
    Der Großteil der Gebäude des Atomkraftwerks im rheinland-pfälzischen Mülheim-Kärlich nahe Koblenz ist inzwischen abgerissen, der Kühlturm wurde gesprengt. Foto: Christian Kirstges

    Er rechnet mit bis zu 250 Jobs - mit Gundremmingen könne man das nicht vergleichen. Schließlich war die Anlage am Rhein nur etwas mehr als ein Jahr in Betrieb, bevor dieser gerichtlich gestoppt wurde. Bis zur endgültigen Entscheidung, das Kraftwerk stillzulegen und abzureißen, habe es dann nur eine Rumpfmannschaft gegeben. Zu Hochzeiten waren aber gut 600 Menschen hier beschäftigt. Zumindest habe man durch die Gewerbesteuer, die für das AKW gezahlt wurde, eine gute Basis für die Infrastruktur bekommen, von der man noch etwas zehre. Spätestens wenn der (in Gundremmingen bei Block B bereits laufende) Rückbau ansteht, solle man sich zusammensetzen und ausloten, welche Nachnutzung eines solchen Geländes möglich ist, rät er. Denn irgendwann fehlten nun einmal einer Kommune die Steuereinnahmen und man müsse ans Sparbuch gehen.

    Langjähriger Zweiter Bürgermeister: "Ich habe keine Angst, es geht gut weiter"

    Dass Gundremmingen "irgendwann eine ganz normale Gemeinde" sein wird, ist auch Alfred Herrmann bewusst. Er war 42 Jahre im Gemeinderat, 24 Jahre Zweiter Bürgermeister, viele Jahre der örtliche CSU-Vorsitzende - und er hat 42 Jahre im Kraftwerk gearbeitet. Auch wenn die Abschaltung naht und nicht klar ist, was aus dem Gelände wird, sagt er: "Ich habe keine Angst, es geht gut weiter." Nicht zuletzt deshalb, weil das Dorf ein gutes Polster hat in Form mehrerer Gebäude, aus denen Mieteinnahmen in die Kasse fließen. Drei davon stehen in München. In Schwabing, in Grünwald und nahe der Wiesn, erzählt der 69-Jährige. Ersteres habe man vor vielen Jahren noch für 2,7 Millionen Mark gekauft. Die Einnahmen kommen seither nicht nur Gundremmingen zugute, sondern trugen auch zur Finanzierung des Wahl-Linderschen-Altenheims in Günzburg und des Therapiezentrums in Burgau bei.

    Hoffen auf ganz neue Möglichkeiten für Gundremmingen

    Einen großen Teil des Haushalts könne man durch die Mieten bestreiten, für mehr als 20 Jahre habe man vorgesorgt bei der Infrastruktur. Aber: Auch wenn es im bestehenden Gewerbegebiet am Ortsrand bereits 200 Jobs gibt, zunächst 100 weitere durch das Holzwerk hinzugekommen sind und ein mögliches Gaskraftwerk vielleicht 50 bis 60 weitere Arbeitsplätze bringen würde: Mit dem AKW könne man das natürlich nicht vergleichen.

    Alfred Herrmann (links), langjähriger Zweiter Bürgermeister in Gundremmingen, mit Bürgermeister Tobias Bühler und dessen Vorgänger Wolfgang Mayer (rechts).
    Alfred Herrmann (links), langjähriger Zweiter Bürgermeister in Gundremmingen, mit Bürgermeister Tobias Bühler und dessen Vorgänger Wolfgang Mayer (rechts). Foto: Peter Wieser (Archivbild)

    Aber man wisse eben auch nicht, welche Technologien es gibt, wenn in spätestens zwei Jahrzehnten oder früher die atomrechtliche Überwachung der Kernkraftwerksgebäude ende und sich dadurch ganz neue Ansiedlungsmöglichkeiten ergäben, sagt Herrmann, der die Kraftwerkskapelle mit aufgebaut hat - die auch am 16. Dezember spielen werde, wenn Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber zu einer Veranstaltung von RWE komme, mit der sich der Konzern bei der Belegschaft für die langjährige Arbeit in der Stromproduktion am Standort bedanken wolle.

    Keiner will das Atommüll-Zwischenlager länger haben als nötig

    Der Chef der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises Günzburg, Axel Egermann, empfindet auch noch keinen Zeitdruck. Im Gegensatz zu einer plötzlichen Firmenschließung habe man noch genug Zeit zum Reagieren. Einen Freizeitpark, wie sich Studierende ihn hier vorstellen könnten, würde er aber lieber woanders im Landkreis sehen, trotz des Legolands könne er noch ein hochwertiges touristisches Angebot vertragen. Die Fläche des Kraftwerks sei dafür zu schade. Langfristig werde der Arbeitsmarkt die Arbeitsplätze, die hier verloren gehen, kompensieren können.

    Eines hofft jedenfalls keiner, der sich Gedanken um die Zukunft des Areals, der Gemeinde und des Landkreises macht: dass das Standortzwischenlager mit seinen Castorbehältern zum Endlager wird. Auch wenn es nur bis zum Jahr 2046 genehmigt ist, hat die zuständige Bundesgesellschaft bereits klar gemacht, dass es über dieses Datum hinaus gehen wird. Das sorgt vor allem in Gundremmingen für Ärger, zumal der Bürgermeister bereits den Eindruck hat, dass die Endlager-Suche wieder politisch beeinflusst sei, da die Region um den eigentlich vorgesehenen und inzwischen verworfenen Standort Gorleben bereits außen vor ist. In

    Politiker machten sich einfach keine Gedanken, was ihre Entscheidungen vor Ort auslösen, findet Gastwirtin Gerlinde Hutter. So wenig wie die Nachfolge-Lösung für das Kraftwerksgelände geklärt ist, so wenig ist übrigens im „Ochsen“ klar, wer den Betrieb einmal fortführen soll. Klar ist hingegen: "Mir tut es im Herzen weh, das AKW wegzuschmeißen."

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast "Gespalten – Gundremmingen und das Ende der Atomkraft" an.

    UPDATE VOM 22. NOVEMBER 2021: Corona macht erneut viele geplante Veranstaltungen unmöglich – und davon sind auch Termine rund um die Abschaltung des Atomkraftwerks Gundremmingen betroffen, die jetzt wohl doch an Silvester erfolgen soll. Das erklärt eine Kraftwerkssprecherin auf Anfrage. Eigentlich sollte am 14. Dezember Bayerns Umweltminister zu einer Feier kommen, bei der die langjährige Energieerzeugung am Standort gewürdigt werden sollte. Wegen Corona: abgesagt. Das Abschaltfest der Mahnwache Gundremmingen: ebenfalls abgesagt. Und die Tagung auf der Reisensburg gemeinsam mit der Bürgerinitiative Forum und dem Bund Naturschutz wird ebenfalls nicht stattfinden. Zumindest will die Mahnwache an

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