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Gundremmingen: Ärztevereinigung warnt: "Erhebliche Gefahr" im Kernkraftwerk

Gundremmingen

Ärztevereinigung warnt: "Erhebliche Gefahr" im Kernkraftwerk

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    Das AKW Gundremmingen gehört mehrheitlich dem Energiekonzern RWE, Eon ist ebenfalls beteiligt. Die beiden in dem schwäbischen Kernkraftwerk noch betriebenen Blöcke sollen in den Jahren 2017 und 2021 abgeschaltet werden.
    Das AKW Gundremmingen gehört mehrheitlich dem Energiekonzern RWE, Eon ist ebenfalls beteiligt. Die beiden in dem schwäbischen Kernkraftwerk noch betriebenen Blöcke sollen in den Jahren 2017 und 2021 abgeschaltet werden. Foto: Bernhard Weizenegger

    Die Ärzteorganisation IPPNW hat erneut massive Zweifel an der Sicherheit im Kernkraftwerk Gundremmingen geäußert. Nach Informationen der Vereinigung gehe von Deutschlands leistungsstärkster Atomanlage eine "erhebliche Gefahr" aus. Grund sei der Turbinenkondensator, der "mit erschreckend hoher Wahrscheinlichkeit" ausfallen könne. Der Kraftwerksbetreiber weist die Kritik entschieden zurück und spricht von unverantwortlichen Unterstellungen.

    Die Folge eines Ausfalls des Turbinenkondensators ist laut Henrik Paulitz, beim IPPNW für Atomfragen zuständig, ein plötzlicher Druckstoß im Reaktor, der den genannten Auslegungsdruck weit überschreite. Dies könne auch zu Beschädigungen von Armaturen führen, die für die Störfall-Beherrschung zwingend erforderlich seien.

    Die Ärztevereinigung kritisiert unter Berufung auf den Physiker Reiner Szepan zudem, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Atomunfall in Gundremmingen deutlich höher sei, als von der Gesellschaft für Anlagen und Reaktorsicherheit (GRS) und des TÜV Süd offiziell angegeben.

    "Gundremmingen muss umgehend abgeschaltet werden"

    Das ist das Atomkraftwerk Gundremmingen

    Die Anlage Gundremmingen zwischen Günzburg und Dillingen, die in dieser Form seit 1984 besteht, ist der leistungsstärkste Kernkraftwerksstandort in Deutschland. Die zwei Reaktoren erzeugen pro Jahr mehr als 20 Milliarden Kilowattstunden Strom. Dies entspricht rund einem Drittel des gesamten Verbrauchs in Bayern.

    Die Betreibergesellschaft der Anlage gehört zu 75 Prozent RWE und zu 25 Prozent Eon. Nach dem Atomausstiegsbeschluss der Bundesregierung 2011 sollen Block B im Jahr 2017 und Block C 2021 abgeschaltet werden.

    Das Zwischenlager in Gundremmingen ging im August 2006 in Betrieb. Die Halle liegt rund 150 Meter vom Reaktorgebäude entfernt und ist 104 Meter lang, 38 Meter breit und 18 Meter hoch. Die Wände aus Stahlbeton sind 85 Zentimeter dick. Die Halle verfügt über eine Kapazität von 192 Castoren. Ein Castor wiederum enthält 52 Brennelemente. Damit ist das schwäbische Zwischenlager das größte in Deutschland.

    Wie alle anderen Zwischenlager ist auch dieses für eine Betriebszeit von maximal 40 Jahren ausgerichtet. Das heißt, in Gundremmingen endet die Genehmigung 2046. Spätestens dann, so die ursprüngliche Planung, sollte ein Endlager in Deutschland zur Verfügung stehen.

    Die Kritiker befürchteten schon bei der Genehmigung des Zwischenlagers, dass es de facto zu einem Endlager werden könnte. Außerdem argumentierten sie, dass in jedem der Castoren mehr Radioaktivität enthalten sei, als bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 freigesetzt wurde.

    Gegen den Bau der Zwischenlager wurde bundesweit prozessiert. Im Fall von Gundremmingen reichten fünf Anwohner aus umliegenden Gemeinden Klage beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München ein. Der VGH wies die Klage mit seinem Urteil vom 2. Januar 2006 ab.

    „Die Betriebsgenehmigung beruht insofern auf fehlerhaften Grundlagen“, sagt Paulitz. „Selbstverständlich ist es auch unzulässig, dass bei einem mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Störfall Druckspitzen weit oberhalb des Auslegungsdrucks auftreten." Derartige Belastungen seien in einem Atomkraftwerk ungeheuer gefährlich und könnten jederzeit zum Super-GAU führen. "Keine Frage: Gundremmingen muss umgehend abgeschaltet werden, bevor dort etwas passiert", so Paulitz.

    Beim Kraftwerksbetreiber weist man die Vorwürfe entschieden zurück und verweist auf das anerkannt hohe Sicherheitsniveau. "Das haben sowohl die Sicherheitsüberprüfung in Deutschland als auch der EU-Stresstest bescheinigt. Und das hat uns jüngst die bayerische Aufsichtsbehörde bestätigt", sagt Sprecher Tobias Schmidt. Der Ausfall des Kondensators wie auch das schnelle Schließen von Frischdampfarmaturen gehöre zu den sogenannten Auslegungsstörfällen, die bei der Konstruktion der Anlage berücksichtigt würden und die von der Anlagentechnik sicher beherrscht werden.

    Kraftwerksbetreiber wehrt sich gegen Vorwürfe

    "Es drängt sich der Eindruck auf, dass hier erneut mit technisch nicht nachvollziehbaren Unterstellungen der Versuch unternommen werden soll, unsere Anlage zu diskreditieren", betont Schmidt gegenüber AZ-Online. "Wieder einmal werden Ängste bei der Bevölkerung geschürt. Das ist aus unserer Sicht unverantwortlich. Ähnliche Unterstellungen von Herrn Szepan erwiesen sich schon in der Vergangenheit als haltlos."

    Szepan hatte in der Vergangenheit mehrfach die Sicherheit des Kernkraftwerks Gundremmingen angemahnt. Der 72-Jährige ist auch der Meinung, dass die beiden Blöcke B und C des Gundremminger Kernkraftwerks nicht hätten genehmigt werden dürfen. Mit einer Klage auf Herausgabe der Genehmigungsunterlagen scheiterte er unlängst jedoch vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht.

    Im November des vergangenen Jahres hatte zudem eine von Kraftwerksgegnern in Auftrag gegebene Studie eine "große Zahl offener Sicherheitsfragen und Risiken beim aktuellen Betrieb" in Gundremmingen kritisiert.

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