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Günzburg: Umbau im Stadtschloss: So sieht es jetzt dort aus

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Umbau im Stadtschloss: So sieht es jetzt dort aus

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    Planer Theodor Merk vom Staatlichen Bauamt Krumbach (rechts) erklärt der Leiterin des Finanzamts, Petra Bergmüller, und ihrem Stellvertreter Markus Schwägerl die traditionelle Sgraffito-Putztechnik, die an einer Modellwand des Günzburger Schlosses nach Fragmenten rekonstruiert wurde. Sie gibt Einblick in die ursprüngliche Fassadengestaltung, die sich über das ganze Schlossgebäude erstreckt hatte.
    Planer Theodor Merk vom Staatlichen Bauamt Krumbach (rechts) erklärt der Leiterin des Finanzamts, Petra Bergmüller, und ihrem Stellvertreter Markus Schwägerl die traditionelle Sgraffito-Putztechnik, die an einer Modellwand des Günzburger Schlosses nach Fragmenten rekonstruiert wurde. Sie gibt Einblick in die ursprüngliche Fassadengestaltung, die sich über das ganze Schlossgebäude erstreckt hatte. Foto: Bernhard Weizenegger

    Es mag etwas anrüchig erscheinen, angesichts der Millionenschweren Sanierung des Günzburger Stadtschlosses den Blick erst einmal auf die Toiletten zu richten. Wenn besagtes Örtchen allerdings so spektakulär aussieht und historisch so bedeutend ausgefallen ist wie in diesem Fall, dürfte eine Ausnahme wohl erlaubt sein. Kein Geringerer nämlich als der einstige Hausherr der Günzburger Residenz, Markgraf Karl von Burgau, Sohn der Philippine Welser und des Erzherzogs Ferdinand von Österreich, hat dort ein kleines Denkmal gesetzt bekommen: Auf den Glaswänden, die dort eingebaut worden sind, ist neben seinem Konterfei auch seine Geschichte nebst Zitaten und Bildern seiner nächsten Anverwandten zu finden.

    Für Theodor Merk, der beim Staatlichen Bauamt Krumbach für das Großprojekt Schloss zuständig ist, ist Günzburgs historisch interessanteste Toilette eines der spannendesten, sichtbaren Details der Sanierung, die er beim Rundgang durch den neuen Bereich des Finanzamts zeigt. „Das meiste Geld und auch die meiste Arbeit sind aber in das Gebäude selbst geflossen, in Dinge, die man von außen gar nicht sieht.“ Für die Statik des Gebäudes musste eine ganze Menge getan werden.

    Die spektakulärste Aktion war dabei sicherlich das Anheben der Arkaden-Pfeiler vor der Renaissance-Außenwand, die eine neue Basis bekamen. „Das Natursteinfundament hatte sich stark zersetzt“, erklärt Merk. Jetzt ruhen die Pfeiler sicher auf Beton. Ein anderes Teilstück des Schlosses existierte gänzlich ohne Fundament: Die alte Stadtmauer aus dem 14. Jahrhundert stand praktisch im Dreck, die westliche Außenwand des Gebäudes hatte sich dadurch schon bedenklich nach außen gewölbt. „Auch an den Decken mussten wir viel machen“, sagt der Planer.

    Im Erdgeschoss des Finanzamts gibt es jetzt die wohl historisch interessanteste Toilette Günzburgs: Die Geschichte von Markgraf Karl ist an den modernen Glas-Zwischenwänden nachzulesen.
    Im Erdgeschoss des Finanzamts gibt es jetzt die wohl historisch interessanteste Toilette Günzburgs: Die Geschichte von Markgraf Karl ist an den modernen Glas-Zwischenwänden nachzulesen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Das Finanzamt kann immer einen Teil nicht nutzen

    Trotz alledem: Der Kostenrahmen von sieben Millionen für den Westflügel des Schlosses sei voll und ganz eingehalten worden, darüber freut sich auch die Leiterin des Finanzamts, Petra Bergmüller, sehr. Sie und ihre Kollegen haben eine anstrengende Zeit der Bauphase hinter sich: „Das erste, was wir gemacht haben, war Ohrenstöpsel für alle anzuschaffen“, sagt sie lachend.

    Dazu kommt eine Phase der Wanderschaft: Da das Schloss im laufenden Betrieb saniert wird, kann das Finanzamt immer einen Teil des Gebäudes nicht nutzen. Deswegen sitzen noch immer viele Kollegen auf engem Raum beieinander. „Aber wir halten das aus“, sagt Petra Bergmüller – schließlich wissen alle, dass mit dem Ende der Arbeiten (der zweite Bauabschnitt soll bis 2021 abgeschlossen sein, Nordflügel und Minholzhaus sind dann bis 2023 dran) auch mehr Platz für alle da ist.

    Die Telefonzentrale ist das "Prinzessinnenzimmer"

    Was geschaffen wurde, gefällt den Mitarbeitern sehr. Auf jedem Stockwerk gibt es jetzt eine Teeküche, im Erdgeschoss lässt es sich im hellen und freundlichen Servicezentrum gut arbeiten. Und die Gestaltung kommt gut an. „Ich finde die Verbindung zwischen Alt und Neu einfach sehr gelungen“, sagt die Chefin. Fragmente der Sgraffito- Putztechnik, mit der in der Renaissance die komplette Schloss-Fassade überzogen war, sind über zwei Stockwerke zu sehen, auch auf den Glaswänden im

    An der Außenwand des Servicezentrums ist die alte Mauer mit ihren unterschiedlichen Putzschichten erhalten geblieben – sie wurde lediglich weiß übertüncht. Hier werden die Besucher des Finanzamtes empfangen.
    An der Außenwand des Servicezentrums ist die alte Mauer mit ihren unterschiedlichen Putzschichten erhalten geblieben – sie wurde lediglich weiß übertüncht. Hier werden die Besucher des Finanzamtes empfangen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Weiter oben im Schloss führt eine dem Barock nachempfundene Türe in die Telefonzentrale des Hauses – „wir nennen es das Prinzessinnenzimmer“, verrät Petra Bergmüller. Aus dem Heimatmuseum gab es für diese Türe historische Original-Beschläge. Dahinter fällt der Blick sogar auf ein Stück des originalen Holzbodens, der abgeschliffen und eingeölt zu neuen Ehren gekommen ist – historisches Knarzen inklusive. Ein paar Meter weiter verbirgt eine Glastüre die nächste Baustelle: Hauptbau und Südflügel sind schon ausgeräumt und werden als nächstes in Angriff genommen, bis 2021 soll dann auch hier alles fertig werden. Die letzte Teilbaumaßnahme umfasst den Nordflügel des Schlosses und das angrenzende Minholzhaus, dafür sind weitere 5,9 Millionen Euro vorgesehen. Am Ende sollen Gesamtbaukosten von 20,25 Millionen Euro stehen. Dann werden auch der Schlosshof und die Außenanlagen in Angriff genommen.

    Eine einmalige Gelegenheit beim Tag der offenen Tür

    Nächsten Freitag, 20. September, wird der Abschluss der Arbeiten und die Eröffnung des Servicezentrums offiziell gefeiert – am Festakt wird auch Bauminister Hans Reichhart teilnehmen. Nachmittags gibt es dann eine Gelegenheit, die so schnell nicht wieder kommen wird: Ein Tag der offenen Tür ist im Finanzamt von 13 bis 17 Uhr vorgesehen. „Eine absolute Ausnahme“, betont Petra Bergmüller, die sich mit ihrem Stellvertreter Markus Schwägerl und den Kollegen seit geraumer Zeit Gedanken darüber gemacht hat, wie eine solche Aktion stattfinden kann. Schließlich dürfen Außenstehende nicht einmal erfahren, wer hier im Günzburger Finanzamt veranlagt ist.

    Das Günzburger Finanzamt und sein Sitz im Schloss

    Das Finanzamt Günzburg ist für den kompletten Landkreis Günzburg zuständig. In seinem jetzigen Umfang ist es aus den ehemaligen Amtsbezirken der Finanzämter Günzburg und Krumbach entstanden. Ab 2013 wurde zudem die Zentralfinanzkasse Krumbach aufgebaut. Sie gehört zum Finanzamt Günzburg und betreut die umliegenden Finanzämter Dillingen, Neu-Ulm, Nördlingen mit Donauwörth, Augsburg Land und Augsburg Stadt.

    Geleitet wird das Günzburger Finanzamt von Petra Bergmüller und ihrem Stellvertreter Markus Schwägerl. 134 der insgesamt 190 Beschäftigten sind am Standort Günzburg tätig. Sie arbeiten im Schloss und im benachbarten Minholzhaus, das im Zuge der Gesamtsanierung ebenfalls umgebaut werden soll.

    Das Günzburger Stadtschloss ist das einzige von den Habsburgern erbaute Schloss in Deutschland. Zusammen mit der Hofkirche wurde es in den Jahren 1577 bis 1586 unter Erzherzog Ferdinand II. von Tirol erbaut. Hier residierte sein zum Markgrafen erhobener Sohn Karl von 1609 bis 1618. Baumeister des Renaissance-Schlosses war Alberto Lucchese.

    Nach einem großen Brand im Jahr 1703 baute Valerian Brenner die Anlage im Stil des Barock wieder auf. 1767 wurden unter anderem die Fassaden unter der Leitung von Joseph Dossenberger mit einer aufwendigen spätbarocken Fassadenmalerei versehen, deren letzten Rest man 1960 abgeschlagen hatte. Ein tief greifender Umbau fand um das Jahr 1866 statt – hier wurden sämtliche Dächer erneuert bis auf das Masardenwalmdach des Hauptgebäudes. Der ehemalige Stadtmauerturm erhielt einen blechgedeckten Spitzhelm. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs gingen beim Wiederaufbau Ausstattungsstücke wie die barocke Haupttreppe, Fenster und Türen verloren, auch sämtliche historischen Putze verschwanden.

    Das Stadtschloss beherbergt heute neben dem Finanzamt auch das Günzburger Rathaus mit der Tourist-Info und dem Bürger-Service-Center. Durch den Umbau des Finanzamts-Flügels ist ein neues Servicezentrum entstanden. (rjk)

    Die Lösung: Die Besucher dürfen sich nicht frei durch die sanierten Räume bewegen, sondern werden in Gruppen eingeteilt bei Führungen durchs Haus gehen. Akten und Papiere werden abgedeckt, Fotografieren ist strengstens verboten. Dafür bekommen die Interessierten aber den Weg einer Steuererklärung näher gebracht, bekommen Infos durch den Architekten und den Kunsthistoriker und können sich auch über die angeschlossene Finanzkasse Krumbach informieren. Auch zum Thema Ausbildung und Karriere in der Bayerischen Finanzverwaltung gibt es an diesem Tag Wissenswertes.

    Die historischen Türen sind wieder eingebaut worden.
    Die historischen Türen sind wieder eingebaut worden. Foto: Bernhard Weizenegger

    Wer sein Wissen über das Gebäude auch nach dem Tag der offenen Türe noch erweitern will, kann das übrigens nicht nur auf Markgraf Karls Toilette: Direkt hinter der imposanten Eingangstüre wartet auf die Besucher eine große Tafel, die in Skizzen und Text die Baugeschichte des Günzburger Schlosses zeigt.

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