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Günzburg: Gastronomie im Landkreis Günzburg kämpft mit Personalmangel

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Gastronomie im Landkreis Günzburg kämpft mit Personalmangel

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    Das Café Herzdame in der Kapuzinergasse in Günzburg sucht dringend Personal. Die Inhaberin Madeleine Le Claire möchte die Öffnungszeiten gerne erweitern, weil die Nachfrage bei den Gästen groß ist. Aber ohne mehr und feste Mitarbeiter, die „auf jeden Fall“ über Mindestlohn bezahlt werden, ist das nicht möglich.
    Das Café Herzdame in der Kapuzinergasse in Günzburg sucht dringend Personal. Die Inhaberin Madeleine Le Claire möchte die Öffnungszeiten gerne erweitern, weil die Nachfrage bei den Gästen groß ist. Aber ohne mehr und feste Mitarbeiter, die „auf jeden Fall“ über Mindestlohn bezahlt werden, ist das nicht möglich. Foto: Weizenegger

    Die Situation ist paradox. Die Zahl der Touristen und Ausflügler steigt stetig an. Und immer mehr Menschen lassen mal die Küche kalt – um sich bei einem Abendessen selbst zu belohnen oder im Lokal mit Verwandten und Freunden ein Fest zu feiern. Beste Voraussetzungen also für Gastronomen, gute Geschäfte zu machen. Sollte man meinen. Dem ist aber nicht so. Immer mehr Betreiber von Cafés, Bistros oder Gaststätten müssen schauen, wie sie über die Runden kommen. Ihr Problem ist der Personalmangel.

    Eine der vielen Leidtragenden ist Madeleine Le Claire. Im April ist ihr Café Herzdame in die Kapuzinergasse in Günzburg umgezogen. Neben Kaffee und Kuchen werden auch Frühstück und kleinere Gerichte am Mittag serviert. Ihre zentrale Frage lautet: „Wie komme ich an Mitarbeiter ran?“ Madeleine Le Claire hat nach eigenen Angaben alles versucht, um das momentane Viererteam aufzustocken – über die Agentur für Arbeit, über Zeitungsannoncen, die sozialen Netzwerke oder klassisch, wie so viele, per Aushang an der Eingangstür. Genutzt hat es bislang nichts. „Ich bekomme keine Bewerbungen.“ Nicht selten werde sie von Existenzängsten geplagt.

    Hotel-Gasthof Sonne in Röfingen findet keinen neuen Koch

    „Da ist sie nicht die Einzige“, erklärt Ingrid Osterlehner. Mit ihrer Familie führt sie den Hotel-Gasthof Sonne in Röfingen. Außerdem ist sie Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes. Sie kennt also die Sorgen und Nöte ihrer Kolleginnen und Kollegen. Auch aus eigener Anschauung. Um die Jahreswende hatte Ingrid Osterlehner nach langer Suche endlich einen vierten Koch gefunden. Ein anderer hat inzwischen gekündigt. „Auf die freie Stelle hat sich bis jetzt kein Einziger gemeldet.“

    Personal, auch im Service, ist insgesamt knapp. Besonders dramatisch ist die Lage bei Köchen. Ingrid Osterlehner: „Die Ausbildungszahlen sind stark rückläufig.“ Im Kampf um die Küchenchefs machen sich nicht nur die Gaststätten gegenseitig Konkurrenz. Nicht wenige Köche wandern in Kantinen ab. Auch wenn viele Gaststätten bei den Gehältern nachgezogen hätten – in Kantinen könne meist doch noch besser bezahlt werden, auch die Arbeitszeiten sind verlockend. Denn Firmenkantinen haben in aller Regel am Abend und über das Wochenende geschlossen.

    Vielfach werden nur Kräfte auf 450-Euro-Basis gesucht

    Das könnte auch Madeleine Le Claire bieten. Denn abends und am Wochenende hat die „Herzdame“ zu. Weitere Mitarbeiter findet sie trotzdem nicht. Vielfach, das dürfte ein grundlegendes Problem sein, werden nur Kräfte auf 450-Euro-Basis gesucht. „Flexibel“, wie bei vielen Arbeitsangeboten zu lesen, sollten sie trotzdem sein.

    Die Konsequenzen der Personalmisere sind für die Kunden vielerorts spürbar. Manches Restaurant hat mangels Mitarbeitern am Abend geschlossen, andere verkleinern die Speisekarte oder reduzieren die Öffnungszeiten, etwa in ihren Biergärten. Und wieder andere sehen sich nicht mehr in der Lage, größere Festgesellschaften anzubieten. „Und wenn, dann kann nicht mehr bis ultimo gefeiert werden“, lautet inzwischen ein geflügeltes Wort in der Branche. Um Personal zu finden und zu halten, muss auch Celia Feuchtmayr, die Chefin des Hotel-Gasthofs der Schlossbrauerei in Autenried, in vielfältiger Weise jonglieren.

    „Heuer haben wir zum ersten Mal Urlaub gemacht. Man muss den Mitarbeitern gerecht werden.“ Auch Freizeitregelungen, flexiblere Arbeitszeiten und Schichtdienste gehören zum Repertoire. Manches im Service könne durch Schüler und Studenten überbrückt werden, anderes in der Küche durch ausländische (Hilfs-)Kräfte. Doch versierte Fachkräfte sind auch in Autenried begehrt. Celia Feuchtmayr: „Wir suchen noch zwei Auszubildende.“

    Arbeitsplätze in der Gastronomie sind krisensicher

    Am Image der Gastronomieberufe werde seitens des Hotel- und Gaststättenverbandes vermehrt gefeilt, erklärt Ingrid Osterlehner. Denn die Arbeit sei „toll, interessant und abwechslungsreich“, bekräftigt auch Celia Feuchtmayr. Klar: Stress und ungünstige Arbeitszeiten seien nicht immer zu vermeiden. Aber dafür entschädigten der Kontakt mit anderen Menschen und netten Gästen oder die Freude am kreativen Kochen. Das Trinkgeld sei ein willkommenes Zubrot. Und krisensicher seien die Arbeitsplätze auch.

    „Die Leute wollen vermehrt zum Essen gehen“, erklärt Ingrid Osterlehner. „Arbeit gibt es also immer.“ Es müsste „nur“ mehr Menschen geben, die diese Arbeit machen wollen. Und womöglich mehr Gäste, die gute Lebensmittel und einen freundlichen Service zu schätzen wissen – und deshalb bereit sind, dafür entsprechend zu bezahlen.

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