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Günzburg: Fernverkehrsbahnhof Günzburg: Für Rollstuhlfahrer ist der Einstieg unmöglich

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Fernverkehrsbahnhof Günzburg: Für Rollstuhlfahrer ist der Einstieg unmöglich

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    Auf den Bahnsteigen in Günzburg ist es für Rollstuhlfahrer unmöglich, in Fernzüge einzusteigen. Auch für die als behindertengerecht ausgewiesenen Türen wird ein Lift oder eine Rampe benötigt, um Rollstuhlfahrern den Zustieg zu ermöglichen. Das Foto zeigt den Behindertenbeauftragten der Stadt Günzburg, Thomas Burghart.
    Auf den Bahnsteigen in Günzburg ist es für Rollstuhlfahrer unmöglich, in Fernzüge einzusteigen. Auch für die als behindertengerecht ausgewiesenen Türen wird ein Lift oder eine Rampe benötigt, um Rollstuhlfahrern den Zustieg zu ermöglichen. Das Foto zeigt den Behindertenbeauftragten der Stadt Günzburg, Thomas Burghart. Foto: Bernhard Weizenegger

    Dank der Aufzüge ist der Günzburger Bahnhof barrierefrei. Einen Zug zu nutzen sollte daher auch für Rollstuhlfahrer kein Problem sein. Sollte. Denn im Gegensatz zu den Regionalzügen sind die Einstiege des Fernverkehrs selber nicht barrierefrei, wobei beim Nahverkehr der Lokführer eine Rampe zwischen Zug und Bahnsteig legen muss, was vorher anzumelden ist. Aber um beim ICE oder Intercity zuzusteigen, braucht es gar eine vom Bahnpersonal zu bedienende Einstiegshilfe, eine Art Hublift – was es am Günzburger Bahnhof nicht gibt. Darauf hat ein Leser unsere Redaktion aufmerksam gemacht. Er wünscht sich nicht nur von der Bahn, sondern auch vom Landkreis und der Stadt mehr Engagement, um das zu ändern.

    Außer diesem Herrn habe sich bislang aber niemand für eine Fahrt ab Günzburg mit einem „Rollstuhltransport“ interessiert und dies bei der Stadt Günzburg kundgetan, erklärt die städtische Sprecherin Julia Ehrlich. Der Mobilitätsservice der Deutschen Bahn stehe in Günzburg tatsächlich nur für Regionalzüge, nicht aber für den Fernverkehr zur Verfügung. Für diese Züge werde ein Hublift pro Bahnsteig benötigt. „In Günzburg sei die Nachfrage hierfür zu gering, so unsere Information.“ Stattdessen könnten Fahrgäste bis Ulm mit dem Regionalzug fahren und dort etwa in den ICE oder Intercity umsteigen. Zustiegsmöglichkeiten mit Rollstuhl gebe es auch in Augsburg. Man müsse das aber rechtzeitig beim Mobilitätsservice der Bahn anmelden, damit der Hublift bereitgestellt wird.

    Auch die Schließung des Reisezentrums in Günzburg ist für Behinderte problematisch

    Günzburgs Behindertenbeauftragter Thomas Burghart ergänzt, dass die Bahn bereit sei, am Bahnhof Hublifte vorzuhalten. Allerdings nur, wenn etwa eine Hilfsorganisation sich darum kümmern würde. Aus eigener Erfahrung als Rollstuhlfahrer wisse er, dass das keine wirkliche Unabhängigkeit beim Reisen bedeute, schließlich stünden Bayerisches Rotes Kreuz (BRK) oder Johanniter ja nicht rund um die Uhr dafür bereit, wenngleich es solche Angebote an anderen Bahnhöfen durchaus gebe. Seitens der Stadt Günzburg habe man sich in dieser Sache mehrfach mit der Bahn in Verbindung gesetzt, das Unternehmen sei allerdings völlig unflexibel.

    Wenn die Bahn ihr Reisezentrum Ende nächsten Jahres schließt (wir berichteten), bedeute das nicht nur weniger Service beim Fahrkartenkauf, sondern auch bei der Reservierung einer Einstiegshilfe für einen anderen Bahnhof. Im direkten Gespräch gehe das unkompliziert und besser als übers Internet oder Telefon. „Die Bahn zieht sich immer mehr zurück, es ist traurig.“

    Auf den Bahnsteigen in Günzburg ist es für Rollstuhlfahrer unmöglich, in Fernzüge einzusteigen. In den Agilis-Nahverkehrszügen ist dies grundsätzlich hingegen möglich, weil die Waggons eine Rampe eingebaut haben. Eine Voranmeldung ist laut dem selbst im Rollstuhl sitzenden Behindertenbeauftragen der Stadt Günzburg, Thomas Burghart, dennoch nötig.
    Auf den Bahnsteigen in Günzburg ist es für Rollstuhlfahrer unmöglich, in Fernzüge einzusteigen. In den Agilis-Nahverkehrszügen ist dies grundsätzlich hingegen möglich, weil die Waggons eine Rampe eingebaut haben. Eine Voranmeldung ist laut dem selbst im Rollstuhl sitzenden Behindertenbeauftragen der Stadt Günzburg, Thomas Burghart, dennoch nötig. Foto: Bernhard Weizenegger

    Er persönlich fahre auch lieber mit dem Nahverkehrs-Konkurrenten Agilis, weil man dort nur zwei Stunden vorher Bescheid sagen müsse, damit der Lokführer die Rampe zwischen Bahnsteigkante und Zug legt. Bei der DB solle das mindestens acht Stunden vorher sein. Würde Personal am Bahnhof vorgehalten, gäbe es viel weniger Umständlichkeiten, findet Burghart, wenngleich er auch sagt, dass dieses an einem Bahnhof wie Günzburg im Gegensatz zu Ulm oder Augsburg natürlich viel weniger zu tun hätte. An größeren Bahnhöfen kümmere sich übrigens die Bahnhofsmission um die Hublifte.

    Johanniter haben 30 bis 40 Hilfseinsätze in Donauwörth im Monat

    Was die Hilfsorganisationen angeht: BRK-Kreisgeschäftsführer Daniel Freuding erklärt auf Anfrage, dass dem Roten Kreuz im Landkreis dazu keine Anfrage vorliege. „Wir halten ein solches Konzept mit der Einbindung einer Hilfsorganisation für ein Angebot der DB auch für kritisch“, etwa was eine mögliche Bereitschaft rund um die Uhr, die Vorlaufzeit oder die Versicherung angeht. Die Johanniter haben nach Auskunft von Sprecherin Iris Nowak auch keine Anfrage der Bahn erhalten, würden eine solche aber prüfen. Denn am Bahnhof Donauwörth bieten sie einen solchen Service an, der an die in der Stadt angebotene Tagespflege angegliedert ist. Zum Vergleich: Vor Corona habe es am Bahnhof Donauwörth im Monat im Schnitt 30 bis 40 „Einsätze“ gegeben, zur Corona-Hochzeit seien es fünf bis zehn.

    Das Landratsamt verweist in dieser Sache an die Deutsche Bahn beziehungsweise die Stadt. Auch Kreis-Behindertenbeauftragter Georg Schwarz erklärt, dass solche Beschwerden und generelle zur Barrierefreiheit des Bahnhofs Günzburg ihm bislang nicht bekannt seien. Ohnehin würden sich Betroffene wohl eher direkt an die Stadt als an den Landkreis wenden.

    Neue Züge der Deutschen Bahn haben bereits einen eingebauten Hublift

    Jörg Bruchertseifer vom Fahrgastverband Pro Bahn ist jedenfalls auch der Ansicht, dass dieses Problem in Günzburg „bisher nicht zufriedenstellend gelöst ist“. Um Barrierefreiheit zu gewährleisten, seien mobile Rampen erforderlich, wenn die Bahnsteighöhe nichts anderes erlaube. Der IC2 habe sie bereits, der ECx werde eine Bodenhöhe von 76 Zentimetern erhalten und damit einen stufenlosen Einstieg ermöglichen. Daher gebe es zumindest bei diesen neuen Zügen Verbesserungen. Und wie in einer Mitteilung der Deutschen Bahn steht, verfügten der ICE 3 der Baureihe 407 sowie der ICE 4 über eine fahrzeuggebundene Einstiegshilfe, also einen Hublift, für Fahrgäste im Rollstuhl.

    Das sagt die Deutsche Bahn zum Bahnhof Günzburg

    Auch wenn es kein Servicepersonal gibt, um einen Hublift zu bedienen: Auf Anfrage unserer Zeitung zum Bahnhof Günzburg erklärt die DB, die Mobilitätsservicezentrale zu kontaktieren sei in jedem Fall hilfreich, um eine möglichst barrierefreie Verbindung zu finden. Der Bahnhof Donauwörth sei derzeit eine Großbaustelle. Dieser werde aktuell sukzessive barrierefrei ausgebaut.

    „Bis zum Umbau wurde über einen höhengleichen Zugang von der Bahnhofsvorplatzseite über die Gleisanlagen zu den Bahnsteigen eine Einstiegshilfe von den Johannitern angeboten. Die Bahnsteige 1 und 2/3 sind barrierefrei zugänglich, an diesen Gleisen kann auch eine Hilfe von den Johannitern angeboten werden. Diese kann bis 24 Stunden im Voraus über die Mobilitätsservicezentrale angemeldet werden. Die Bahnsteige 4/5 und 6/7 wurden bereits umgebaut. Derzeit wird der Zugang über die Unterführung umgebaut. Die Aufzüge zu den Gleisen können erst im kommenden Jahr in Betrieb genommen werden. Bis dahin ist keine Hilfeleistung an diesen Bahnsteigen möglich.“

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