Die Nachricht aus dem politischen Berlin betrifft auch Handwerker im Landkreis: Die Große Koalition möchte zum Jahreswechsel ein Gesetz auf den Weg bringen, das die Meisterpflicht in zwölf Handwerksberufen wieder einführt. Zuletzt ist die Zahl der meisterpflichtigen Handwerksberufe von 94 auf 41 reduziert worden.
Vielen Handwerkern fehle das Fachwissen
„Sehr viele Handwerker gehen nach ihrer Ausbildung zum Gesellen gleich in die Selbstständigkeit“, erklärt Ulrike Ufken, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Günzburg/Neu-Ulm. Doch ihnen fehle so das Fachwissen, das bei der eineinhalb- bis zweijährigen Ausbildung zum Meister vermittelt werde. Besonders die Notwendigkeit einer kaufmännischen Ausbildung unterschätzen viele, so Ufken.
Seit der Änderung der Handwerksordnung im Jahr 2004 seien bundesweit etwa 160000 kleine, überwiegend Ein-Mann-Betriebe dazugekommen, die Zahl der größeren Betriebe sei um 8500 gesunken. Es gehe auch um die Qualität. „Wir sehen, dass die handwerklichen Standards zurückgehen“, meint Ufken. Bei gelockerten Anforderungen ein logischer Effekt. Das sei nicht im Sinne der Meisterbetriebe und der Kunden.
Die Zahl der Ausbildungsbetriebe ist gesunken
Die Abschaffung der Zulassungspflicht vor 15 Jahren haben auch strukturelle Probleme bereitet, so Ufken. „Die Zahl der Ausbildungsbetriebe ist gesunken.“ Nur Meister dürfen nämlich ausbilden. Gerade weil die Industrie in den letzten Jahren viele Fachkräfte abgezogen habe, sei nun im Handwerk ein
Aber ist die Wiedereinführung der Meisterpflicht für zwölf Berufe nicht kontraproduktiv, wenn es darum geht, den gestiegenen Bedarf an Handwerkern zu decken? Die Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft denkt eher umgekehrt. Man brauche mehr echte Fachkräfte und weniger nicht fertig ausgebildete, gar angelernte Handwerker. Es gehe auch um die Wertschätzung. „Eine Fachkraft ist, wer sich in einem Bereich spezialisiert.“ Es spreche nichts dagegen, eine Meisterprüfung zu absolvieren.
Ungelernte Handwerker drücken den Preis
Der Günzburger Raumausstatter Jörg Hiller hat den Meisterbrief. Er befürwortet die Wiedereinführung der Meisterpflicht in seiner Zunft. Jeder Ungelernte könne sich derzeit als Raumausstatter bezeichnen. Die Konkurrenzsituation am Arbeitsmarkt empfindet Hiller als ungerecht. Nicht die Meister, sondern die „Ungelernten“ drücken den Preis nach unten, so der Günzburger.
Auf Anfrage unserer Redaktion hat die Handwerkskammer Schwaben Zahlen zu den Handwerksbetrieben im Landkreis Günzburg zusammengestellt: Demnach gibt es 2091 Handwerksbetriebe, davon sind 1328 Betriebe zulassungspflichtig. 397 sind als zulassungsfrei eingetragen und weitere 366 Betriebe gelten als handwerksähnlich.
Für 173 Betriebe gilt Bestandsschutz
Insgesamt sind 173 zulassungsfreie Betriebe im Landkreis von der Rückkehr zur Meisterpflicht betroffen, davon sind 68 Fliesenleger, 39 Raumausstatter und ein Orgelbauer. Für sie soll laut dem Gesetzesentwurf Bestandsschutz gelten. Das heißt: Betriebe, die vor dem Jahreswechsel bei der Handwerkskammer eingetragen sind, dürfen weiterhin ohne Meisterbrief arbeiten.