Illegaler Welpenhandel, kaum vermittelbare Tiere, unvorhersehbare Unglücke im Tierheim - das alles hat Laura Waschek bereits erlebt. Dabei ist die 29-Jährige erst seit wenigen Monaten Leiterin des Günzburger Tierheims Arche Noah.
Die Corona-Pandemie wirkt sich in mehreren Punkten auf das Tierheim aus. So hat der illegale Handel mit Tieren, meistens Hundewelpen, zugenommen. Wenn der Zoll bei einer Kontrolle dies entdeckt, kündigt er sich telefonisch an und bringt die Tiere vorbei. In der Zwischenzeit wird im Tierheim ein Zimmer für die Welpen vorbereitet, ehe die Erstversorgung beginnt. "Die Welpen sind oft in keinem guten Zustand. Sie bekommen während des langen illegalen Transports meist nichts zu essen und sind dehydriert", sagt Waschek. Auch in diesem Jahr sind in der Region solche Welpentransporte aufgedeckt und die Tiere ins Günzburger Tierheim gebracht worden. Dort läuft die weitere Versorgung ab. Die kleinen Tiere werden gefüttert und schnellstmöglich von einem Tierarzt begutachtet. Sie werden entwurmt, geimpft und das Alter anhand der Zähne bestimmt.
Illegal transportierte Tiere können meist erst nach zwei Monaten vermittelt werden
Bis die illegal transportierten Tiere vermittelt werden können, dauert es aber noch viele Wochen. Erst wenn alle rechtlichen Angelegenheiten von der Staatsanwaltschaft geklärt sind, werden die Tiere freigegeben, und das Tierheim kann sich auf die Suche nach neuen Besitzern machen. Laut Waschek sind das in der Regel zwei Monate. Sie weiß aber von Fällen, in denen es acht Monate gedauert hat.
Bei der Vermittlung von Tieren gibt es eine Faustregel: Je kleiner und je jünger die Hunde sind, desto leichter findet sich für diese ein neues Zuhause. Es gibt aber auch erfreuliche Ausnahmen. So hat ein 13 Jahre alter Jack Russell Terrier vor Kurzem eine neue Heimat gefunden. "Es freut mich besonders, wenn sich Menschen für ältere Tiere erwärmen können", sagt Waschek.
Die 29-jährige Tierheimleiterin läuft währenddessen über das Gelände und zeigt die Außengehege für Hunde. Sie bleibt immer wieder stehen, ruft den Namen des Hundes und streichelt jedem Tier gefühlvoll über den Kopf. Bei einem 13-jährigen Appenzeller Sennenhund verweilt sie noch etwas länger. Der Hund ist seit Anfang des Jahres in der Arche Noah, sein Besitzer konnte sich nach vielen Jahren aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr um ihn kümmern. "Nero wird wegen seines Alters schwierig zu vermitteln sein, dabei ist er so lieb", sagt Waschek. Wie zum Beweis begrüßt er den unbekannten Gast von der Zeitung mit wedelndem Schwanz und lässt sich genüsslich streicheln.
Günzburger Tierheimleiterin Laura Waschek studierte unter anderem in den Niederlanden
Dass Laura Waschek seit Jahresbeginn das Tierheim leitet, hat auch mit einer veränderten Stellenausschreibung zu tun. Die Arche Noah suchte zwar eine neue Leiterin, aber eine Ausbildung als Tierpfleger war vorgeschrieben - und die konnte Waschek nicht vorweisen. Dabei waren Tiere schon immer ihre Leidenschaft. Ihre Eltern hatten einen Hund, auch ein Pony zählte zu den tierischen Begleitern. Als "liebes, böses Pony" bezeichnet die 29-Jährige das damalige Pony, denn es mochte keine Kinder.
Das tat ihrer Liebe zu Tieren aber keinen Abbruch. Im Gegenteil: Nach ihrem Abitur studierte sie im Nordosten der Niederlande Tiermanagement mit dem Schwerpunkt auf Pferd. Sie brach das Studium zwar nach zwei Jahren ab, machte aber in Nürtingen ihren Master in Pferdewirtschaft. Sie arbeitete zwei Jahre in einem Reitsportgeschäft in Langenau und erhielt zu Jahresbeginn die Stelle als Tierheimleiterin in Günzburg, weil statt der Tierpflegeausbildung "nur" noch ein Sachkundenachweis Voraussetzung war.
Mit Waschek sind nun wieder sechs Personen zum Teil in Vollzeit im Tierheim tätig. Dazu kommen noch mehrere ehrenamtliche Helfer. Zu tun gibt es in der Arche Noah einiges, auch wenn es ein vergleichsweise kleines und familiäres Tierheim ist. Sechs Katzenstuben mit Platz für jeweils acht Katzen, 20 Hundezwinger und diverse Kleinkäfige stehen zur Verfügung. Reptilien oder größere Vögel werden an andere Tierheime weitergegeben, dafür fehlen in Günzburg schlichtweg die Kapazitäten.
Wegen Corona gibt es im Tierheim "Arche Noah" seit Monaten einige Einschränkungen
Mit den Hunden Gassi gehen, die Tiere pflegen, die Anlagen in Schuss halten, Tiere vermitteln oder den Online-Auftritt pflegen. Derzeit hat das Tierheim noch mit den Folgen eines Wasserschadens zu kämpfen - es gibt also viel zu tun. Und diese abwechslungsreiche Arbeit macht für Waschek den Reiz ihrer neuen Stelle aus. Wegen Corona gibt es allerdings seit Monaten einige Einschränkungen im Tierheim. So dürfen beispielsweise keine Besucher ohne Voranmeldung kommen und sich "einfach mal so" die Tiere anschauen. "Sie müssen ganz konkretes Interesse an einer Katze oder einem Hund haben. Nur dann dürfen sie vorbeikommen", sagt Waschek.
Wegen der Pandemie sei die Nachfrage nach Haustieren gestiegen. Ob nach Corona allerdings vermehrt Tiere wieder abgegeben werden, mag die 29-Jährige nicht zu beurteilen. "Ich hoffe es nicht. Aber die Gefahr besteht natürlich gerade bei größeren Hunden, da man sie nicht immer mit ins Büro nehmen oder bei Verwandten abgeben kann."
Tierpension in Günzburg wird weniger nachgefragt
Eine weitere Folge von Corona: Die Tierpension wird deutlich weniger nachgefragt. Wegen der Reisebeschränkungen bleiben viele Menschen zu Hause und müssen ihre Tiere deshalb nicht für eine bestimmte Zeit abgeben. Vergangenes Jahr wurden lediglich 30 Prozent der verfügbaren Plätze gebucht, auch in diesem Jahr bleiben viele Plätze frei. Was Hund und Herrchen freut, ist für das Tierheim problematisch, denn die Tierpension ist neben den Mitgliedsbeiträgen und den Spenden die einzige Einnahmequelle.
Daher freut sich Waschek beispielsweise über die Zusammenarbeit von Nicole Hess und der Firma Prowin, die im Rahmen einer Vertriebsaktion im vergangenen Jahr zweimal 500 Euro an das Tierheim spendeten. Mit den unterschiedlichen Geldern werden Renovierungsarbeiten durchgeführt, aber auch Spielzeug oder Futter bezahlt. Der Wasserschaden ist hingegen ein Fall für die Versicherung.
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