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Günzburg: Bremse für den Boden-Boom

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Bremse für den Boden-Boom

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    In Günzburg entstehen auf einer Industriebrache am Auweg nordöstlich des Bahnhofs 22 Reihenhäuser mit 190 Wohnungen. Erstmals wird ein Investor durch die Soziale Bodenordnung dazu verpflichtet, 20 Prozent der Wohnungen sozial verträglich anzubieten und sich an Infrastrukturkosten zu beteiligen.
    In Günzburg entstehen auf einer Industriebrache am Auweg nordöstlich des Bahnhofs 22 Reihenhäuser mit 190 Wohnungen. Erstmals wird ein Investor durch die Soziale Bodenordnung dazu verpflichtet, 20 Prozent der Wohnungen sozial verträglich anzubieten und sich an Infrastrukturkosten zu beteiligen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Eine bezahlbare Wohnung in Günzburg zu finden gleicht derzeit einem Sechser im Lotto. Heimische Firmen klagen, dass sie zwar Arbeit für viele Mitarbeiter haben, sie jedoch nicht in der Region unterbringen können. Legoland baut nun schon zum zweiten Mal eigene Unterkünfte auf seinem Gelände, in denen Saisonkräfte wohnen können, weil nichts anderes frei ist. Und auf den Wartelisten von Stadtbau, Baugenossenschaft und Bezirk stehen hunderte Menschen, die ein finanzierbares Zuhause suchen. Gleichzeitig steigen die Preise für Bauland in schwindelerregende Höhen. Es ist ein aufgeheizter Markt, dem die Stadt

    Ein erstes Gebiet, das nach den Regeln dieser Sozialen Bodenordnung bebaut werden könnte, hatte der Stadtrat am Montagabend gleich mit auf dem Tisch: Ein Vorentwurf für ein Grundstück zwischen Auweg und Wiesweg, auf dem neun Mehrfamilienhäuser, 22 Reihenhäuser und fünf Einfamilienhäuser, gesamt 190 Wohnungen, entstehen sollen. Wie bisher wird auch bei diesem Vorhaben zwischen Stadt und Investor ein städtebaulicher Vertrag geschlossen, bei dem es um die Übernahme für Erschließungs- und Planungskosten geht. Neu ist, dass die Verträge nun auch vorsehen, dass ein Fünftel der Wohnungen – in unserem Beispiel wären es 38 – als öffentlich geförderte Wohnungen errichtet werden muss. Die Hälfte davon als Sozialwohnungen, die andere Hälfte im bezahlbaren Rahmen. Und: Auf den Investor kommen auch Folgekosten für die soziale Infrastruktur seines Bauprojektes zu, besonders den Bau eines Kindergartens.

    „Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums wird hier sichtbar gemacht“, so CSU-Stadtrat Thomas Ermer. „An den Baukosten lässt sich kaum etwas machen. Die Grundstückskosten sind das entscheidende.“ Genau hier setzt die Soziale Bodenordnung an, wie Oberbürgermeister Gerhard Jauernig im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt. Investoren müssten Sozialwohnungen und Folgekosten mit einkalkulieren – und damit den Grundstücksverkäufern vernünftige Preise vorgeben. Der weitere Vorteil der Quoten-Lösung: Es entstehen keine „Sozial-Gettos“. Jauernig: „Wir erhalten Gebiete, in denen die Arztfamilie genauso wohnt wie die alleinerziehende Mutter.“

    Vorreiter in Schwaben

    Günzburg steht mit dem Programm nicht alleine da, wenn die Große Kreisstadt auch in Schwaben Vorreiter ist. Im Einzugsbereich von München beispielsweise nutzen bereits Erding, Germering, Fürstenfeldbruck und Landsberg am Lech das Konzept. Während in Günzburg eine Bagatellgrenze von 1000 Quadratmetern das Konzept erst ab etwa 15 Wohnungen zum Einsatz bringt, gilt es in Landsberg schon bei halb so großen Vorhaben, hier ist sogar eine Quote von 30 Prozent geförderten Wohnungen vorgesehen.

    Stadträtin Simone Riemenschneider-Blatter (SPD) wünscht sich für Günzburg ebenfalls eine niedrigere Bagatellgrenze und eine höhere Quote an Sozialwohnungen in der Weiterentwicklung dieser Richtlinie. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, wenn auch ein Zaghafter“.

    Auch aus Unternehmersicht bewertete UWB-Stadtrat Ferdinand Munk die Situation: „Wir brauchen dringend Wohnraum für die Menschen, die hier beschäftigt sind. Deswegen ist es für uns so wichtig, gemeinsam mit der Stadt Wohnungen zu schaffen. Nach diesem Beschluss müssen wir deswegen unbedingt noch einen Schritt weiter gehen und uns gemeinsam mit den Unternehmen an einen Tisch setzen, wie wir diese Möglichkeiten nutzen können.“

    Bedenken hatte im Stadtrat nur Manfred Proksch (FWG). Er äußerte unter anderem die Befürchtung, die Umlage der Kosten für Kindergärten auf die Investoren sei gewagt. Außerdem fürchte er, die Anbieter könnten die entstehenden Zusatzkosten auf die nicht-geförderten Wohnungen umlegen und diese noch teurer machen. Als einziges Stadtratsmitglied stimmte Proksch gegen die Soziale Bodenordnung. Der Vorentwurf für die Entwicklung am Auweg hingegen bekam ein einstimmiges Ja.

    So funktioniert die Soziale Bodenordnung

    Diese Eckpunkte gelten künftig für die Soziale Bodenordnung (SoBon) in Günzburg: Bei Vorhaben ab 1000 Quadratmetern Gesamtwohnfläche (das entspricht etwa 15 Wohnungen) müssen 20 Prozent der Wohnungen als öffentlich geförderte Wohnungen errichtet werden. Mindestens die Hälfte aller geförderten Wohnungen müssen geförderte Mietwohnungen sein. Dabei muss es einen Mix an Wohnungsgrößen geben – Familienwohnungen haben Vorrang. Für geförderte Wohnungen gibt es Kriterien für drei Einkommensstufen, die angebotenen Wohnungen sollen jeweils zu einem Drittel den Stufen 1, 2 und 3 entsprechen.

    Folgekosten für soziale Infrastuktur, besonders für Kindergärten, sollen auf den Investor umgelegt werden. Vor allem im Münchner Einzugsbereich wird das Modell der Sozialen Bodenordnung oder -Nutzung bereits angewandt – ein Beispiel ist Landsberg am Lech, wo die Richtlinie bereits seit zwei Jahren gilt. Landsberg arbeitet allerdings mit einem Anteil von 30 Prozent gefördertem Wohnungsbau und einer Bagatellgrenze von nur 500 Quadratmetern Gesamtgeschossfläche.

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