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Günzburg: Auf dem Stundenplan stehen jetzt Mädchen

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Auf dem Stundenplan stehen jetzt Mädchen

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    Die Mädchen kommen. Dazu haben die Buben der 5b eine geteilte Meinung, wie aus ihren Beiträgen zu ersehen ist, die auf ein großen Plakat geklebt worden sind. Insgesamt aber ist die Vorfreude auf das kommende Schuljahr bei den allermeisten Lehrern, Schülern und Eltern groß.
    Die Mädchen kommen. Dazu haben die Buben der 5b eine geteilte Meinung, wie aus ihren Beiträgen zu ersehen ist, die auf ein großen Plakat geklebt worden sind. Insgesamt aber ist die Vorfreude auf das kommende Schuljahr bei den allermeisten Lehrern, Schülern und Eltern groß. Foto: Till Hofmann

    Auf das Miteinander kommt es an. Das wissen die 15-jährigen Realschüler Emre Acikgöz, Enes Yalcin, Erik Bischof und Daniel Holz. Auf den acht Zeigefingern der Jugendlichen liegt ein Stab. Und sie bekommen den scheinbar leichten Auftrag, diesen Stock von der Brusthöhe langsam auf den Boden zu bekommen. Das ist schwieriger als es sich anhört, denn keiner darf zu schnell, keiner darf zu langsam seine Zeigefinger nach unten bewegen, sonst kommt der Stock schnell schnell in eine bedrohliche Schieflage. Mit viel Sprechen und aufeinander Hören klappt es schließlich.

    Den Test kann einer allein nicht lösen, nur in der Gruppe gelingt es. Das will Lehrer Philip Piszczek den Jungs zeigen. Er und sein Kollege Ralf Wuchner beschäftigen sich in dieser Schulstunde mit den sogenannten Mint-Fächern. die längst keine Domäne der Männer mehr sind. Das sagen sie der Klasse 9a. Mint ist die Abkürzung für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.

    Frauen oder genauer gesagt Mädchen stehen am vergangenen Freitag in den Klassen der Dominikus-Zimmermann-Realschule im Mittelpunkt des Unterrichts für alle Realschüler – von der fünften bis zur zehnten Klasse. Die Schule möchte die Kinder und Jugendlichen darauf vorbereiten, dass es ab dem kommenden Schuljahr die Günzburger Knabenrealschule nicht mehr geben wird – so wie dann auch keine Maria-Ward-Realschule ausschließlich für Mädchen existiert.

    Wie Mädchen und Jungs dargestellt werden

    In der fünften Klasse beginnt ab September die Koedukation, was manch älterer Schüler schade findet: „Mit denen haben wir ja dann gar nichts zu tun“, bemerkt einer. Welche Aspekte zwischen den Geschlechtern thematisiert werden können, ist am Freitag deutlich geworden: Fridolien Michel arbeitet mit der 9c sprachliche Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei Mädchen und Jungen im Vokabular heraus. Es geht um Verrenkungen, die gemacht werden, um bei der Wortwahl eine vermeintliche geschlechtliche Korrektheit zu erreichen. Dabei sei es mit der sprachlichen Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht getan, wenn es daneben noch viele andere Geschlechtsidentitäten gebe, schreibt der Autor des Textes, der analysiert wird.

    Klasse 7 b hat mit Piktogrammen zu tun – und wie Mädchen und Jungs dargestellt werden. Nach einem theoretischen Teil dürfen die Schüler im Informatikraum an den Computern ihre Piktogramme gestalten. Mit wenigen Linien und Formen ist klar, um wen es geht. Buben der 5b behandeln mit Direktorin Roswitha Schön, was Mädchen und Buben biologisch und emotional unterscheidet und was sie verbindet. Danach schreiben sie bei Andrea Nickl unter der Überschrift „Die Mädchen kommen“ auf Zetteln, was sie von der neuen Zeit erwarten, auf was sie sich freuen oder was sie befürchten.

    Die Buben haben „keine Lust auf Gezicke“

    Die Skepsis bei manchem Zehn- und Elfjährigen ist noch vorhanden, denn die Buben haben „keine Lust auf Gezicke“, lautet die Formulierung. Einer glaubt, die Mädels würden bevorzugt. Ein anderer sieht dann gar den Tischkicker, der in der Schule steht, ständig besetzt. Natürlich gibt es auch die Optimisten in der 5b: In der Grundschule saßen Jungs und Mädchen ja auch beieinander, lautet ein Argument. Also kein Grund zur Aufregung. Und andere sehen in den Mädchen ohnehin die besseren Gesprächspartner oder gar – voraus gedacht! – eine künftige Freundin.

    Zwei, die es wissen müssen, sind Annika Jehle, 15, und Gracia Abmayr, 13. Es sind aktuell die beiden einzigen Schülerinnen, die mit 309 anderen Schülern die Knabenrealschule besuchen. Das können sie mit einer Ausnahmegenehmigung, weil es keinen handwerklich-künstlerische Zweig an der Maria-Ward-Realschule gab. Annika, jetzt in der Neunten und vor fast drei Jahren gekommen, kann sich noch gut daran erinnern, wie „meganett“ sie damals von ihren Mitschülern aufgenommen wurde. Und Gracia weiß, dass sich manche „wilden Kerle“ allenfalls in anderen Klassen herumtreiben. In ihrer Klasse genießt sie eine angenehme Atmosphäre und sagt voraus: Mit dem Einzug der Mädchen „werden sich die Jungs anders verhalten. Es wird ruhiger.“ Die Vorfreude ist auch den Schülersprechern anzumerken. Dennis Mendle, 18, und Denis Riemer haben zwar davon nichts mehr, weil es ihr letztes Realschuljahr ist. „Aber wir waren dabei, als das beschlossen worden ist.“

    Festakt Am Freitag, 5. Mai, steht um 11 Uhr bei einem Festakt eine Namensänderung der Schule an. Der Zusatz „für Knaben“ wird künftig entfallen. Ab 15 Uhr ist das Frühlingsfest.

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