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Günzburg: Astrid Barnert verlässt nach 36 Jahren ihre „Kinder“ in Günzburg

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Astrid Barnert verlässt nach 36 Jahren ihre „Kinder“ in Günzburg

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    Astrid Barnert hatte am Freitag ihren letzten Arbeitstag im Maria-Ward-Gymnasium. Bis zum letzten Tag räumte sie ihr Büro aus.
    Astrid Barnert hatte am Freitag ihren letzten Arbeitstag im Maria-Ward-Gymnasium. Bis zum letzten Tag räumte sie ihr Büro aus. Foto: Bernhard Weizenegger

    Der Gong ertönt, die Stimme von Christian Hörtrich, Schulleiter vom Maria-Ward-Gymnasium, ist zu hören. Seine Ansage ist klar: Unvermittelt soll die Hauptperson des Tages vor seinem Büro erscheinen. „Das wollte ich schon immer einmal machen“, sagt Hörtrich und lacht. Nein, er hat am Freitag keinen Schüler ausgerufen, vielmehr war es seine langjährige Stellvertreterin. Denn Astrid Barnert hatte ihren letzten Arbeitstag – nach 36 Jahren am Maria-Ward-Gymnasium. Und die stellvertretende Schulleiterin erzählt an diesem Tag über sich, ihre Raufereien als Schülerin und natürlich über ihre Schüler, die sie liebevoll als ihre Kinder bezeichnet.

    Ein Kulturschock sei es gewesen, als sie im Alter von zwölf Jahren mit ihrer Familie nach Augsburg zog. Zwar war sie in Nürnberg geboren, doch aufgewachsen ist sie in Hamburg. Auf eine gemischte Schule ging sie, prügelte sich dort mit den Jungs. „Das hat zu der Zeit einfach dazugehört“, sagt Barnert und lacht. Ein komplett anderer Wind wehte in Augsburg – eigentlich gar keiner. Denn das stürmische Wetter vermisste Barnert, dazu der ungewohnte Dialekt und die Freunde aus Hamburg, die fehlten. Sie besuchte das Augsburger Maria-Ward-Gymnasium, eine reine Mädchenschule. An die Aussage einer Ordensschwester erinnert sie sich noch genau: Sie werde mit Sicherheit die Klasse wiederholen müssen, für ein Mädchen aus Hamburg sei die Umstellung auf das bayerische Schulwesen zu schwer. Doch Barnert kämpfte und schaffte die Klasse.

    Astrid Barnert kam 1985 ans Günzburger Maria-Ward-Gymnasium

    Nach ihrem Abitur studierte sie Lehramt für Sport und katholische Religionslehre. Der Wunsch, Lehrerin zu werden, reifte in der elften Klasse, als sie eine ältere Sportlehrerin hatte und sich dachte: Das kann ich besser. „Ob ich es besser konnte, weiß ich nicht, aber ich habe es gemacht“, sagt Barnert und lacht. 1985 wurde sie Lehrerin in Maria Ward in Günzburg. Nach einiger Zeit nahm sie eine einjährige Auszeit. Die Turnhalle wurde umgebaut, Sport konnte nur noch eingeschränkt stattfinden und es gab deshalb zu viele Sportlehrer. Barnert machte eine Pause, sie ging in den Osten Kanadas, nach Montreal. Sie arbeitete in einem Krankenhaus mit, zeigte Kindern in Führungen, wie Ahornsirup hergestellt wird. Barnert gerät geradezu ins Schwärmen, wenn sie von den dortigen Ahornwäldern spricht, der fantastischen Natur, dem Schlittschuhlaufen im Hafen und den fast unendlichen Langlaufmöglichkeiten.

    Zurück in Günzburg unterrichtete sie weiter ihre Schülerinnen – und ab 2017 auch Schüler. Denn nach fast 260 Jahren öffnete sich das Gymnasium für Jungs. Barnert fühlte sich an ihre eigene Kindheit erinnert, damals, als sie von einer gemischten auf eine Mädchenschule ging. Sie freut sich, dass Maria Ward diesen Weg gegangen ist, Unterschiede zwischen Schülern und Schülerinnen gebe es fast keine. Außer dass die Jungs etwas mehr Bewegung benötigen.

    Astrid Barnert war seit 2012 stellvertretende Schulleiterin in Günzburg

    Acht Jahre lang war Barnert Beratungslehrkraft, kümmerte sich intensiv um die Anliegen und Probleme von Schülern, sprach viel mit deren Eltern und Lehrern. „Der Kontakt zu den Kindern kann auch schön sein, obwohl sie vielleicht weinend vor einem sitzen. Man begleitet ihre Entwicklung und unterstützt sie“, sagt Barnert. Seit 2012 ist sie stellvertretende Schulleiterin, musste das Unterrichten reduzieren und sich stattdessen viel um administrative Aufgaben kümmern. Das sei eine der negativen Seiten als stellvertretende Schulleiterin, denn sie ist Lehrerin von ganzem Herzen.

    Auch in den vergangenen Monaten tat sie dies mit Leidenschaft – obwohl es wegen der Corona-Pandemie massive Einschränkungen gab und gibt, Stichwort Distanzunterricht. „Der Distanzunterricht hat sich eingependelt und es ist schön, zu sehen, was technisch möglich ist. Trotzdem ist es eine unbefriedigende Situation“, sagt Barnert. Sie erinnert sich noch gut, als ein Faxgerät das technische Highlight war und jetzt jeder Lehrer, auch sie, gekonnt mit Tablets, Laptops und Co hantiert. Was sich noch verändert hat? Früher seien Schüler schüchterner gewesen. „Da hat vielleicht ein strenger Blick gereicht. Jetzt sind es drei Blicke und eine klare Ansage“, sagt Barnert. Dass die Schüler nun selbstbewusster sind, sei für sie eine schöne Sache.

    Corona macht den Abschied von Barnert von Maria Ward etwas leichter

    Der Abschied von der Schule falle ihr wegen Corona etwas leichter – da sie sich nicht von jedem persönlich verabschieden kann. Sie habe beim Verfassen ihres Abschiedsbriefs an ihre Kollegen einige Taschentücher verbraucht, gibt Barnert zu. Beim voraussichtlich großen Abschied, der im Sommer stattfinden soll, werde sie mit Sicherheit auch die eine oder andere Träne verdrücken. Barnerts Nachfolgerin wird Monica Bayer-Kulle, die seit vielen Jahren an der Schule tätig ist.

    Ihre letzte Amtshandlung war am Freitag das Abgeben der Schlüssel. Die Schule wird sie trotz ihres Ruhestands weiterhin jeden Tag sehen – ihr Zuhause liegt nämlich in Sichtweite von Maria Ward. Barnert freut sich auf die nächsten Monate und Jahre. Sie kann endlich ausschlafen – steht also nicht mehr um 5 Uhr auf, um in Ruhe in der Schule verschiedene Dinge vorzubereiten, sondern erst um 6 Uhr. Sie will in Ruhe frühstücken, lesen, puzzeln und mit ihrem Mann der gemeinsamen großen Leidenschaft nachgehen: Golf spielen – egal ob in der Pfalz, im Odenwald, am Gardasee oder auf Mallorca. „Ich weiß es zu schätzen, dass es mir gut geht.“ Sie freut sich, dass so viele Eltern in der Vergangenheit ihre Kinder der Schule anvertraut hätten.

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