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Günzburg: Als ein da Vinci in der Oberen Apotheke in Günzburg hing

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Als ein da Vinci in der Oberen Apotheke in Günzburg hing

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    Kaum zu glauben, aber wahr: Bis 1885 hing in einem Gang der Oberen Apotheke am Günzburger Marktplatz ein echter Leonardo da Vinci.
    Kaum zu glauben, aber wahr: Bis 1885 hing in einem Gang der Oberen Apotheke am Günzburger Marktplatz ein echter Leonardo da Vinci. Foto: Christian Kirstges

    Günzburg Leonardo da Vinci war ein Universalgenie. Als Maler, Zeichner, Schriftsteller, Wissenschaftler, Architekt, Anatom, Ingenieur, Erfinder und Naturphilosoph hat er Überragendes geschaffen. Nicht wenigen gilt Leonardo, geboren 1452 im toskanischen Örtchen Vinci, als der begnadetste Mensch, der je auf Erden gelebt hat. Weltberühmt ist er vor allem wegen seiner Gemälde – der rätselhaften Mona Lisa oder seinem nicht minder mysteriösen Wandgemälde, dem Abendmahl im Mailänder Dominikanerkloster Santa Maria delle Grazie. Kunstwerke von unschätzbarem Wert.

    Kaum zu glauben, aber wahr: Bis 1885 hing ein echter Leonardo da Vinci in einem Gang der Oberen Apotheke am Günzburger Marktplatz. Gertraud Jaud, Seniorchefin der Apotheke, hat die Spuren des Gemäldes „Madonna mit der Nelke“ verfolgt. Das Frühwerk des Meisters ist der einzige da Vinci in Deutschland – dank früher Günzburger Kunstfreunde zu bewundern in der Alten Pinakothek München.

    Zwei Schaufenster der Apotheke wurden speziell dekoriert

    Am 2. Mai ist es 500 Jahre her, dass Leonardo da Vinci auf Schloss Amboise, am Hof des französischen Königs Franz I., gestorben ist. In Erinnerung an den Todestag des Universalgelehrten hat Gertraud Jaud zwei Schaufenster der Oberen Apotheke dekoriert – mit Texttafeln und Kopien jenes Gemäldes, das einst, eher wenig beachtet, im zweiten Stock des 1811 erbauten Gebäudes am Marktplatz hing.

    Wie war es möglich, dass ein echter da Vinci nach Günzburg gelangt war? Gertraud Jaud hat sich auf Spurensuche gemacht. Zunächst war das Werk wohl im Besitz des florentinischen Kunstförderers Giulio Medici, dem späteren Papst Clemens VII. Später soll sich das Gemälde in den Spanischen Niederlanden befunden haben, wie die Markgrafschaft Burgau und damit Günzburg ein Teil des Weltreichs der Habsburger. Das Herrschergeschlecht hatte politische, geschäftliche und verwandtschaftliche Beziehungen in alle Welt – auch nach Italien. Erzherzog Leopold (1626-1648), ein Nachfahre von Markgraf Karl, für den das Günzburger Schloss erbaut worden war, hatte die Witwe des Herzogs von Urbino verheiratet.

    Gertraud Jaud, Seniorchefin der Apotheke, hat sich auf Spurensuche begeben.
    Gertraud Jaud, Seniorchefin der Apotheke, hat sich auf Spurensuche begeben. Foto: Kaiser

    Die Kunstschätze sind vielfach nur verscherbelt worden

    War auf diesen italienisch-habsburgischen Pfaden das Gemälde in den Raum Günzburg gelangt, womöglich in eines der zahlreichen Klöster der Umgebung? Genaues ist nicht bekannt. „Naheliegend“, so mutmaßt Gertraud Jaud, ist folgendes: Als der habsburgische Kaiser Josef II. um 1780 damit begann, eine Vielzahl von Klöstern aufzulösen, sind deren Kunstschätze versteigert, vielfach nur verscherbelt worden.

    Auch in Burgau und Günzburg. War dorthin im Laufe vieler Jahrzehnte die „Madonna mit der Nelke“ gelangt? Auf unbekannten Wegen? Denkbar, dass der Günzburger Apotheker Josef Auxilius Urbani oder sein Schwiegersohn Ignatz Wetzler, gleichfalls Apotheker und Kunstsammler, im Zuge dieser Versteigerungen das Werk erworben hatten.

    Für 22 Mark ging das Gemälde an einen Günzburger Arzt

    Jedenfalls: Nach dem Tod von Ignatz Wetzlers Sohn August und dessen Schwester Therese war deren Nachlass 1885 versteigert worden. Für sage und schreibe 22 Mark ging das in Teilen bis zur Unkenntlichkeit verschmutzte Gemälde da Vincis an den Günzburger Arzt Dr. Albert Haug. Um zu erfahren, aus wessen Hand das Bild stammt, wandte sich Haug 1889 an den Direktor der Alten Pinakothek in München.

    Bis 1937 bestritten die meisten Kunstexperten, dass die „Madonna mit der Nelke“ aus der Hand von Leonardo da Vinci stammt. Dennoch war Haug vom Direktor der Alten Pinakothek gebeten worden, das Bild an das Münchner Museum zu verkaufen – zum Preis von 8000 Mark. Haug beließ es bei 800 und einem Verdienstorden. Eine großzügige Geste im Sinne des Vaterlandes, unter dem Strich ein schlechtes Geschäft.

    "Ein Leonardo war nicht mehr dabei"

    Denn längst ist klar: Das Gemälde ist ein Frühwerk des Meisters, geschaffen 1475. Die Eltern des Schwiegervaters von Gertraud Jaud hatten 1905 die Apotheke am Oberen Marktplatz von den Erben der Familie Wetzler übernommen. Teil des Kaufs waren die Kunstwerke, die sich noch im Haus befanden. Gertraud Jaud: „Ein Leonardo war leider nicht mehr dabei.“ Es wäre auch zu schön gewesen.

    TV Einen Beitrag zu diesem Thema sendet das Bayerische Fernsehen am Dienstag, 30. April. Die Kultur-Sendung Capriccio beginnt um 22 Uhr.

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