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Günzburg: Äußerst angespannte Lage im Altenheim Heiliggeist in Günzburg

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Äußerst angespannte Lage im Altenheim Heiliggeist in Günzburg

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    Ein Bauzaun sichert während der Corona Pandemie das Freigelände des Heiliggeist-Spitalstifts in Günzburg. Mehrere Bewohner sind mit dem Virus infiziert und gestorben.
    Ein Bauzaun sichert während der Corona Pandemie das Freigelände des Heiliggeist-Spitalstifts in Günzburg. Mehrere Bewohner sind mit dem Virus infiziert und gestorben. Foto: Bernhard Weizenegger

    Es sind traurige Nachrichten, die in den vergangenen Wochen im Zusammenhang mit dem Alten- und Pflegeheim der Heiliggeist-Spitalstiftung in Günzburg bekannt wurden. Immer wieder starb ein Bewohner im Zusammenhang mit dem Corona-Virus. Günzburgs Oberbürgermeister Gerhard Jauernig spricht auf Nachfrage unserer Zeitung von zehn Bewohnern. Was in den vergangenen vier Wochen seit Bekanntwerden des ersten Corona-Falls im dortigen Altenheim alles geschehen ist.

    Dem Gesundheitsamt und der Heimleitung ist nicht bekannt, wie das Virus vor etwa einem Monat in die Einrichtung kam. Klar ist hingegen, dass eine im Altenheim lebende Frau Ende Oktober während eines Krankenhaus-Aufenthalts corona-positiv getestet wurde. Das Landratsamt ordnete daraufhin eine Sammeltestung aller Bewohner und Mitarbeiter an. Das Ergebnis damals: 28 der 79 Bewohner und vier von 80 Mitarbeitern waren corona-positiv. „Die hohe Zahl an Infizierten ist für uns eine große Bürde. Wir haben nach unserem Kenntnisstand alle uns bekannten und uns vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen ergriffen und eingehalten“, sagt Jauernig.

    Infektionsketten in Günzburg so gering wie möglich halten

    Das bedeutet, dass die Bewohner nach „positiv“ und „negativ“ in unterschiedliche Bereiche getrennt wurden. Diese Quarantäne und Isolation sei unvermeidlich, um die Verbreitung des Virus einzudämmen. Es werde versucht, dass Mitarbeiter immer die gleichen Bewohner treffen, um den Kreis möglicher Infektionsketten so gering wie möglich zu halten. Einige der nicht infizierten Bewohner wurden in anderen Alten- und Pflegeheime in der Region untergebracht. Der Alltag der aktuell 63 Bewohner und der 77 Beschäftigten in Heiliggeist hat sich in den vergangenen Wochen drastisch verändert. Die Bewohner nehmen ihre Mahlzeiten in den Zimmern ein und können Kinder und Enkelkinder seit Wochen nicht persönlich sehen.

    Es gilt ein strenges Besuchsverbot, die Einrichtung steht unter Quarantäne, dennoch tauscht sich das Personal mit den Angehörigen aus, informiert diese laut Jauernig per Mail oder im Bedarfsfall auch telefonisch über die Gesundheitszustände der Bewohner. Alle paar Tage werden Pfleger und Bewohner auf das Virus getestet. Bislang wurde laut Jenny Schack vom Landratsamt acht Mal abgestrichen, der letzte Abstrich datiert vom 17. November.

    Ein Bewohner infizierte sich demnach neu, bei zehn weiteren Bewohnern wurde die bereits bei einem vorangegangenen Test bestehende Infektion bestätigt. Von den fast 80 Mitarbeitern wurden laut Jauernig beim letzten Abstrich noch immer 26 positiv getestet. Diese Pfleger dürfen derzeit nicht arbeiten. „Zum Teil liegt bei positiv getesteten Mitarbeitern inzwischen ein negativer Abschlussabstrich vor, sodass diese nach und nach auch wieder eingesetzt werden können. Bei all den getroffenen Maßnahmen stehen wir stets in aktueller Abstimmung mit dem Gesundheitsamt“, sagt Jauernig. Die Lage im Heim sei äußerst angespannt.

    Infiziertes Personal arbeitete unter strengen Maßnahmen in Günzburg weiter

    Der Oberbürgermeister erklärt, dass zu Beginn des Ausbruchs selbst infiziertes Personal unter strengen Auflagen und mit entsprechender Schutzausrüstung der Tätigkeit im Heim nachgehen musste – wegen personeller Engpässe. Auch das geschah in enger Zusammenarbeit und mit Genehmigung des Gesundheitsamts. Der Versuch, weiteres Pflegepersonal zu akquirieren, scheiterte. Allerdings wurden rein administrative Aufgaben des Heims wie Abrechnungen, aber auch Telefondienste teilweise vom Rathaus-Personal übernommen.

    Im Gespräch mit unserer Redaktion merkt man dem Oberbürgermeister an, wie sehr ihn die derzeitige Situation rund um das Thema Corona – speziell in Altenheimen – berührt. „Das beschäftigt mich jeden Tag und geht mir menschlich sehr nahe. Ich kenne die Sicht der Betroffenen nur zu gut“, sagt Jauernig. Seine Mutter lebe selbst in einem Pflegeheim und der Besuch ist dort ebenfalls verboten oder war über lange Zeit nur sehr eingeschränkt möglich.

    „Wir erleben derzeit eine enorme Belastung für Mitarbeiter, Bewohner und deren Angehörige. Unsere Pflegekräfte kümmern sich mit großer Fürsorge und sehr engagiert um die Senioren. Sie selbst sind seit Bekanntwerden der Pandemie im Heim einer extremen physischen und psychischen Belastung ausgesetzt. Ihnen gilt ebenso mein Dank, wie den Angehörigen, die oftmals verständnisvoll auf die getroffenen Maßnahmen reagieren. Am einschneidensten ist die jüngste Entwicklung mit den eingeleiteten Maßnahmen natürlich für unsere Senioren. Sie leiden unter der Entwicklung“, so Jauernig.

    Corona-Virus stellt zusätzliche Belastung für betroffene Heimbewohner in Günzburg dar

    Ein Befall mit dem Virus wie in Heiliggeist zeige, wie heimtückisch und infektiös das Virus sei. Eine Covid-19-Infektion darf laut Jauernig nicht verharmlost werden. Auch bei symptomlosem Verlauf seien die Langzeitfolgen noch nicht bekannt. „Allerdings gilt es bei einem Alten- und Pflegeheim auch zu berücksichtigen, dass dort eine nicht unwesentliche Anzahl palliativ behandelter Bewohner ihr letztes Zuhause hat. Unsere Bewohner sind auch mit, nicht ausschließlich an Covid-19 verstorben. Je nach Zusammensetzung der Bewohnerschaft kann es in den Herbst- und Wintermonaten durchaus vorkommen, dass es zehn Todesfälle im Monat gibt. Sicherlich stellt das Corona-Virus eine zusätzliche Belastung für die Betroffenen dar und kann bei schlechtem Allgemeinzustand Einfluss auf den Todeszeitpunkt nehmen“, sagt Jauernig.

    Außer in Heiliggeist sei die Lage in den Altenheimen im Landkreis Günzburg nach Auskunft von Jenny Schack derzeit recht stabil, die Versorgung der Bewohner bleibe gewährleistet. Gute Nachrichten gibt es aus dem Wahl-Linderschen Altenheim Günzburg: Alle positiv getesteten Bewohner haben die Infektion überwunden. „Am meisten freut uns, dass dabei niemand wirklich zu Schaden kam und die Normalität wieder in unser Haus zurückkehrt“, sagt Einrichtungsleiterin Eva Schmied. Die Quarantäne dort wird schrittweise wieder abgebaut und ab nächster Woche können auch die Angehörigen wieder zu Besuch kommen. Werkleiter Martin Neumeier freut sich, dass auch in Burgau eine positive Entwicklung zu verzeichnen ist, dort wird aber erst Anfang nächster Woche über die Aufhebung der Quarantäne entschieden.

    Arzt in Fachklinik Ichenhause positiv auf Corona getestet

    In der Fachklinik in Ichenhausen hingegen ist nach Auskunft von Personalleiterin Jenny Schall ein Arzt positiv auf Corona getestet worden, im Pflegebereich gibt es drei Fälle. Sie alle wurden in die häusliche Quarantäne geschickt. 15 Patienten, die an Corona erkrankt sind, aber bislang keine schweren Verläufe zeigten, würden auf der Isolierstation behandelt. Es werde im ganzen Haus getestet, um niemanden zu übersehen, „wir haben die Situation im Griff, es gibt keinen Engpass“. Daher habe man bislang keinen Aufnahmestopp verhängen müssen. Aus anderen Häusern seien auch Corona-Patienten mit leichteren Symptomen aufgenommen worden, ergänzt der Kaufmännische Direktor Stefan Krotschek. (mit cki)

    Aktuelle Corona-Zahlen: Das Landesamt für Gesundheit hat am Freitag 1697 Corona-Fälle im Landkreis gemeldet (Vortag 1637). Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 steigt um einen auf 21 - hier gibt es laut Landratsamt keine Relation zu Heiliggeist. Die Sieben-Tage-Inzidenz sinkt von 224,36 auf 209,40. In der Kreisklinik Günzburg liegen drei Corona-Patienten auf der Intensivstation und werden jeweils beatmet. Auf der Isolierstation sind acht Patienten. In Krumbach wird ein Corona-Patient intensivmedizinisch versorgt und beatmet. Auf der Isolierstation sind acht Patienten.

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