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Förderungswerk Dürrlauingen: St. Nikolaus: Kündigungen und auch Einschnitte im Supermarkt

Förderungswerk Dürrlauingen

St. Nikolaus: Kündigungen und auch Einschnitte im Supermarkt

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    Die Umstrukturierung beim Förderungswerk St. Nikolaus in Dürrlauingen geht weiter. Jetzt wird es wohl auch Kündigungen für mehrere Mitarbeiter geben. Die Einrichtung soll nun für die Zukunft aufgestellt werden.
    Die Umstrukturierung beim Förderungswerk St. Nikolaus in Dürrlauingen geht weiter. Jetzt wird es wohl auch Kündigungen für mehrere Mitarbeiter geben. Die Einrichtung soll nun für die Zukunft aufgestellt werden. Foto: Bernhard Weizenegger (Archiv)

    Die Mitarbeiter und ihre Schützlinge im Förderungswerk St. Nikolaus in Dürrlauingen, das inzwischen eigentlich Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrum heißt und wie ein Dorf im Dorf am Rande der zusammen mit seinen Ortsteilen gut 1600 Einwohner großen Gemeinde liegt, kommt nicht zur Ruhe: Es wird weitere Einschnitte geben.

    Der kommissarische Gesamtleiter der zur Katholischen Jugendfürsorge (KJF) der Diözese Augsburg gehörenden Einrichtung, Michael Breitsameter, bestätigt auf Anfrage entsprechende Informationen unserer Zeitung, wonach 27 Mitarbeiter betroffen sind. Demnach sollen 18 Versetzungsangebote erhalten, neun aber wohl die Kündigung. In dieser Woche sei man an das Personal herangetreten, um es darüber zu informieren.

    Der Anlass war, dass die Auslastung zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres noch einmal geringer gewesen sei als geplant. Im Herbst 2018 sei sie weiter zurückgegangen, von einst mehr als 400 jungen Menschen in Ausbildung und Berufsvorbereitung sank sie auf nur noch 150, heißt es dazu in der offiziellen Mitteilung. „Nachdem für das neue Lehrjahr im Herbst 2018 wieder nur wenige Jugendliche und junge Erwachsene angemeldet wurden, müssen wir reagieren, um das Defizit der Einrichtung so um 800000 Euro zu verringern.“ Wie hoch das Minus ist, möchte Breitsameter auf Nachfrage nicht sagen. Es ist nicht der erste Einschnitt, bislang habe man aber direkte Entlassungen vermeiden können. Unter anderem wurden bereits Stellen abgebaut, die Öffnungszeiten des Nikolausmarkts gekürzt. Derzeit seien noch gut 320 Mitarbeiter in Diensten des Trägers KJF in Dürrlauingen tätig.

    Der Supermarkt als Dorfladen hat sich nicht durchgesetzt

    Aufgrund des weiteren Rückgangs sei überprüft worden, ob die Struktur und die Belegungszahlen noch zusammenpassen. Sparpotenzial wird vor allem im Supermarkt, bei den Ausbildungsberufen und der Essensausgabe gesehen. Das bedeutet, dass sich das Konzept eines Dorfladens nicht durchgesetzt habe und deshalb zum einen die Öffnungszeiten weiter reduziert werden, zum anderen wird der Ausbildungszweig in der Bäckerei aufgegeben. Künftig soll der Laden mit Backwaren beliefert werden. Der Lesen Sie hier: "Förderungswerk schließt Läden in Jettingen und Unterknöringen")

    Ebenfalls wird es künftig keine Ausbildung für Gärtner im Zierpflanzenbau mehr geben. Darüber hinaus müssen sich die Bewohner selbst um ihr Abendessen kümmern, bislang wurde es ihnen zentral vom Casino aus geliefert. Das werde in anderen Einrichtungen bereits so praktiziert und sei sinnvoll, um die jungen Leute zur Selbstständigkeit zu erziehen.

    Michael Breitsameter ist kommissarischer Gesamtleiter der Einrichtung in Dürrlauingen.
    Michael Breitsameter ist kommissarischer Gesamtleiter der Einrichtung in Dürrlauingen. Foto: Bernhard Weizenegger (Archiv)

    Derzeit würden Gespräche mit den betroffenen Bereichen geführt. Es könne auch sein, dass sich die Zahl der tangierten Kollegen noch reduziert. Das lasse sich jetzt nicht definitiv sagen. „Wir wollen transparent und offen mit den Mitarbeitern über alles reden“, das solle in Ruhe geschehen. Bis Ende Juli sollen die Anpassungen abgeschlossen sein, ihm tue es „wirklich sehr leid, dass wir einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht weiterbeschäftigen können und geschätzte und qualifizierte Leute gehen lassen müssen“, heißt es in der Mitteilung.

    Für den verstorbenen Konrad Fath soll ein Nachfolger gefunden werden

    Zur Zukunft der Einrichtung gibt es in Dürrlauingen angesichts der schwierigen Entwicklung, die bereits einige Zeit andauert, große Sorgen. Breitsameter betont aber, dass jetzt die Strukturen so angepasst würden, „um weiter überlebensfähig zu sein“. Einrichtungen wie St. Nikolaus hätten immer ihre Daseinsberechtigung, die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen könne man aber nicht beeinflussen. Es gebe keine Entscheidung zu einer Standortaufgabe. Ebenso seien keine weiteren Auslagerungen wie bei der Wäscherei geplant, die zum 1. Januar von der CAB Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH gepachtet worden war.

    Der Betrieb dort laufe gut – vom Pächter war zum Start auf Anfrage unserer Zeitung aber keine Auskunft zu bekommen, da der Geschäftsführer der Ansicht ist, dass dieses Thema keines für die Öffentlichkeit sei. Wie Breitsameter sagt, werde auch an einer Nachfolgeregelung für den kürzlich verstorbenen Gesamtleiter von St. Nikolaus, Konrad Fath, gearbeitet. Dafür brauche man aber Ruhe und Zeit, das operative Geschäft werde ja auch durch ihn selbst als kommissarischen Leiter wahrgenommen.

    Zweiter Bürgermeister: Die Einschnitte sind "gravierend"

    In der Mitteilung wird erläutert, Jugendämter und Arbeitsagenturen meldeten die Jugendlichen an und bezahlten für Förderung und Ausbildung. Bundesweit gelte die Dürrlauinger Einrichtung als beispielhaft. Gesellschaftliche Entwicklungen machten es aber schwierig, „die erfolgreiche Arbeit im früheren Umfang fortzusetzen. Die zur Ausbildung anstehenden Jahrgänge sind geburtenschwächer als die vorigen, der Trend wird noch einige Jahre anhalten. Die Wirtschaftslage ist so gut, dass Firmen auch solche Lehrlinge einstellen, obwohl sie für eine Ausbildung in der freien Wirtschaft kaum geeignet sind und mit ihrem Leben ohne gezielte Förderung nicht dauerhaft klarkommen.“

    Ein Dorf im Dorf, aber doch integriert: das Förderungswerk St. Nikolaus in Dürrlauingen und ein Teil des Ortes aus der Luft betrachtet.
    Ein Dorf im Dorf, aber doch integriert: das Förderungswerk St. Nikolaus in Dürrlauingen und ein Teil des Ortes aus der Luft betrachtet. Foto: Winfried Karg/KJF (Archiv)

    Dürrlauingens Zweiter Bürgermeister Franz Rosenfelder, der derzeit Edgar Ilg vertritt, bezeichnet die Einschnitte als „gravierend“. Das Förderungswerk habe zwar etwas in dieser Richtung anklingen lassen, die genauen Auswirkungen überraschen aber auch ihn. Er bedauert vor allem die Entscheidung in Sachen Supermarkt, so werde der Einkauf dort immer unattraktiver. „Ich hatte den Eindruck, dass gerade die Bäckerei mit dem Café und die Metzgerei gut laufen, im Laden ist die Nachfrage eher dürftig.“

    "Große Sorgen" um die Zukunft der Einrichtung

    Er kenne das Förderungswerk seit Jahrzehnten und ist der Ansicht, dass man dort viel getan habe, um die Einrichtung für die Zukunft gut aufzustellen – an den Rahmenbedingungen könne man nichts ändern. Nichtsdestotrotz habe es gewisse Versäumnisse dabei gegeben, Strukturen an neue Erfordernisse anzupassen und der Zustand der Bestandsgebäude sei vernachlässigt worden, während man neue errichtete. Er wie auch der Gemeinderat und die Bürger machten sich „große Sorgen“, wie es weiter geht und dass der Standort vielleicht aufgegeben wird. Darüber sei bereits im Rat gesprochen worden, doch man müsse abwarten, bis Klartext vom Träger gesprochen wird. Mit dem Dialog seitens des Förderungswerks ist Rosenfelder zufrieden. Man versuche dort, die Gemeinde ins Boot zu holen. Man habe ein gutes Verhältnis zueinander und St. Nikolaus sei für Dürrlauingen ein wichtiger Partner – nicht nur wegen der Einnahmen.

    Statt auf die Ausbildung will man sich künftig stärker auf die Jugendhilfe konzentrieren.
    Statt auf die Ausbildung will man sich künftig stärker auf die Jugendhilfe konzentrieren. Foto: Bernhard Weizenegger (Archiv)

    Der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung am Standort, Stefan Görge, kann die von Rosenfelder geäußerten Sorgen verstehen. Auch für ihn und die Kollegen seien die Nachrichten zur Umstrukturierung zunächst ein Schock gewesen – wobei man in Gesprächen schon vieles habe abmildern können und weiter Ideen einbringe. "Ich sehe den Standort nicht gefährdet", auch wenn es künftig sicher weitere Anpassungen geben werde. In bestimmten Bereichen könnten Jobs wegfallen, dafür in anderen neue entstehen.

    Mitarbeitervertretung will Zahl der Kündigungen reduzieren

    Man habe zu lange gewartet, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Als viele Flüchtlinge untergebracht wurden und sich die wirtschaftliche Lage dadurch besserte, hätte man die Gunst der Stunde nutzen müssen. Dass man dies versäumt habe, räche sich jetzt. Auch am schlechten Zustand einiger Gebäude zeige sich die Lage, wobei ein ganzer Komplex bis auf das Internat leer geräumt worden sei und abgerissen werden solle. Es werde alles etwas kompakter am Standort, und man werde sich mehr auf die Jugendhilfe statt auf die Ausbildung konzentrieren. Dafür werde auch investiert. Drei Kollegen müssten zwar definitiv gehen, für die sechs weiteren hofft er, eine Lösung innerhalb der KJF zu finden, oder bei anderen Trägern.

    Stefan Görge ist Vorsitzender der Mitarbeitervertretung in Dürrlauingen.
    Stefan Görge ist Vorsitzender der Mitarbeitervertretung in Dürrlauingen. Foto: Bernhard Weizenegger (Archiv)

    Die jungen Leute, die vom Wegfall von Ausbildungszweigen betroffen sind, sollen ihre Lehre beenden und solange weiter wohnen bleiben dürfen. Die Zierpflanzengärtnerei werde erst in einem Jahr geschlossen. Görge hofft, dass die Reduzierung beim Supermarkt nicht gerade den Samstag trifft. Er sei zwar der umsatzschwächste Tag, aber nur ein halber und mit vielen Kunden aus dem Dorf. Sollte hier gekürzt werden, würde sich das sicher auf die Frequenz unter der Woche auswirken. Auch hier gelte: Man bleibe mit der Leitung im Gespräch.

    Lesen Sie hier das Interview, das wir im Sommer 2017 mit dem inzwischen verstorbenen Konrad Fath geführt hatten: "Das Dorf, das eine Chance gibt"

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