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Extremtour: Von Meer zu Meer

Extremtour

Von Meer zu Meer

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    Ankunft unter Palmen: 7500 Kilometer radelte Raimund Kraus von Peru zur brasilianischen Atlantikküste.
    Ankunft unter Palmen: 7500 Kilometer radelte Raimund Kraus von Peru zur brasilianischen Atlantikküste.

    „Ich habe meinen Augen nicht getraut“, erinnert sich Raimund Kraus an diesen besonderen Augenblick. Ein Alligator und nicht weit davon entfernt ein Wasserschwein stehen am Straßenrand. Kraus macht seine Kamera bereit, doch dann sind die exotischen Tiere so schnell verschwunden, wie sie aufgetaucht sind. „Exotisch“: So kann man in der Tat manches Erlebnis von

    Diese Selbsterfahrung der Dinge, das Hinterfragen des scheinbar Selbstverständlichen: Das ist über all die Jahre hinweg ein wesentlicher Antrieb für die extrem langen, auch ausgesetzten Touren des Ziemetshausers Raimund Kraus, der seit 1992 mit dem Rad in vielen Ländern der Erde unterwegs ist. Diesmal schwerpunktmäßig im Juli und August quer durch Südamerika vom Pazifik zum Atlantik. Es war allein schon klimatisch eine Tour der Extreme. Bittere Kälte in den Hochlagen der Anden, dann die feuchte Hitze mit Temperaturen um 35 Grad in der sumpfigen Landschaft Brasiliens.

    Kraus vertraut bei seinen Touren auf traditionelle Technik, auf ein Rad, das auch ohne Hightech in einer Hinterhofwerkstatt eines Entwicklungslandes wieder flottgemacht werden könnte: Alurahmen, 14-Gang-Nabenschaltung, 26-Zoll-Bereifung. Doch glücklicherweise muss er eine solche Hilfe nicht in Anspruch nehmen. Bis auf einen Plattfuß kommt Kraus pannenfrei durch die Tour.

    Hinten drauf rund 25 Kilogramm Gepäck, mit Zelt, das bei der Fahrt durch Südamerika wieder für etliche Nächte sein Zuhause ist. Aber das Zelten in einer sumpfigen Landschaft mit hoher Luftfeuchtigkeit hat seine Tücken. Das Material muss oft mühsam getrocknet werden. Kraus weicht daher in Sachen Quartier immer wieder auf preisgünstige Hotelzimmer aus. Oder übernachtet mit dem Zelt neben Tankstellen, in denen es Duschen gibt. Tankstellen haben in einem weiten Land wie Brasilien eine ganz andere Bedeutung wie in Deutschland. Gerade für die Fernfahrer, die hier übernachten, sind sie wichtige Anlaufstellen.

    Die Fernfahrer sind in ihrer Fahrweise offensichtlich nicht gerade rücksichtsvoll. Kraus ist, wie er berichtet, immer wieder froh, wenn er auf einen etwa zwei Meter breiten Seitenstreifen neben der Straße radeln kann.

    Eine weitere Herausforderung ist es, in Sachen Geld „flüssig“ zu bleiben. So mancher Geldautomat hat den Geist aufgegeben. „Und dann habe ich auch noch Automaten benötigt, die meine Kreditkarte annehmen“, sagt Kraus. Er fährt angesichts der klimatischen Herausforderung meist recht früh, gegen 7 Uhr los. Mit der Verpflegung klappt es, wie Kraus berichtet, insgesamt reibungslos. Reis und Bohnen werden zum Standardgericht, das sich für lange Radfahrten (Kraus radelt immer wieder Tagesetappen von rund 150 Kilometern Länge) als gute Grundlage erweist. „Irgendwann habe ich aber Reis und Bohnen nicht mehr sehen können“, erinnert er sich. Dann aber entdeckt er, dass in Brasilien oft preisgünstige Mittagsbuffets angeboten werden.

    Auch sprachlich ist Brasilien durchaus eine Herausforderung. Kraus hat, auch mit Blick auf frühere Touren, etwas Spanisch gelernt. Doch das Portugiesische ist, insbesondere im mündlichen Bereich, eine ganz andere Welt. Hier und dort hilft Englisch, immer wieder Zeichensprache – und natürlich die Erfahrung, die Kraus bei vielen früheren Touren gesammelt hat.

    Gesundheitlich geht bei der Tour insgesamt alles gut. Einmal hat Kraus Glück, als ihm auf einer staubigen Straße von einem vorbeifahrenden Lkw ein kleines Metallteil ins Auge gewirbelt wird. Kraus findet einen Augenarzt, nach kurzer Behandlung kann er weiterradeln.

    In Südamerika war er bereits mehrfach unterwegs. Vor allem in Peru fällt ihm die Landflucht auf, dafür gibt es Dörfer, die zu regelrechten Städten angeschwollen sind. Vor allem in

    Er habe seine Fahrt aber nie als wirklich gefährlich empfunden, sagt er. Und dann sind da diese unvergleichlichen Erlebnisse. Die fantastische Hochwelt der Anden, Fahrten mit dem Rad in eine Höhe von über 4700 Metern, die exotische, ursprüngliche Landschaft Brasiliens. Und das Gefühl, von Meer zu Meer (Kraus ist in Lima/Peru am Pazifik gestartet) einen Kontinent aus eigener Kraft zu durchfahren. Auch das Loslassen, das sich in der Zeit verlieren. Die Begegnung mit vielen Menschen, die trotz Armut auf eine mitreißende Weise freundlich sind. Begegnungen, die einen auch zu sich selbst finden lassen. Kraus hat dies bei seinen Fahrten immer gesucht. Und all das wird ihn weitertragen bei dem, was kommt.

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