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Ersatzteillager Mensch?

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Ersatzteillager Mensch?

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    Bei einer Podiumsdiskussion mit (von links) Martin Wachter, Dr. Peter Müller, Barbara Hellenthal und Prof. Dr. Wolfgang Schreml ging es um das Thema Organspende.
    Bei einer Podiumsdiskussion mit (von links) Martin Wachter, Dr. Peter Müller, Barbara Hellenthal und Prof. Dr. Wolfgang Schreml ging es um das Thema Organspende. Foto: Helmut Kircher

    Günzburg Wie weit darf man gehen, um ein Leben zu retten? Ist es legal, ein Kind zu zeugen, um es als quasi Ersatzteillager für seine leukämiekranke Schwester zu verwenden? Die herkömmliche Sterbedrama-Ästhetik des acht Jahre alten amerikanischen Spielfilms „Beim Leben meiner Schwester“ wirft durchaus hochkomplexe Fragenstellungen auf. Im Rahmen seines 20-jährigen Gründungsjubiläums zeigt der Raphael Hospiz Verein

    Die 15-jährige Kate, an Blutkrebs leidend, kämpft mit dem Tod. Anna, ihre jüngere Schwester, ringt um ihr Leben. Die Jüngere allerdings wäre ohne die Ältere gar nicht auf der Welt. Nach der frühen Erkrankung der einen haben die Eltern durch künstliche Reagenzglaszeugung, zweckgebunden bei der anderen für genetische Übereinstimmung gesorgt. Haben sozusagen ein Designer-Baby geschaffen. Blut, Knochenmark, Organe, alles transplantationsgeeignet. Anna lebt also ein klar bestimmtes, menschliches Ersatzteillager – verweigert jedoch, juristisch unterstützt, der Schwester die lebensnotwendige Nierenspende.

    Problemen der Ethik und wissenschaftliche Forschung nähert sich der Film zwar, gelegentlich sogar mit Humor, verfolgt sie aber nicht weiter. Nicht Tabus will er brechen, sondern ganzheitlich zu Tränen rühren. Also „nur“ ein simples Rührstück? Nur ein Krebsdrama? Wiederum nicht. Der Film hat durchaus starke Ansätze, die unter die Haut und buchstäblich an die Nieren gehen. Berührend, emotional, feinfühlig, dieses eigentlich simple Überwältigungskino, das das Leben der einen mit dem Sterben der anderen verknüpft. Die biedere Realität wird nach dem Abspann in Form einer von Prof. Dr. Wolfgang Schreml, Gründer und Ehrenvorsitzender des Raphael Hospiz Vereins, geleiteten Podiumsdiskussion vor die Filmleinwand verlegt. Die Fragen aus dem Publikum kreisen im Großen und Ganzen um das Thema: Treffen die filmischen Gegebenheiten auch auf deutsche Verhältnisse zu? Nur in eingeschränktem Maße und abweichend von amerikanischer Filmwirklichkeit, lautet die übereinstimmende Antwort.

    Die Organspende Minderjähriger sei, so betont Notar Martin Wachter, gesetzlich grundsätzlich nicht erlaubt. Verpflichtet für das Wohlergehen ihrer Kinder hätten diese sogar ein Vetorecht gegenüber den Eltern. Elternrecht habe nicht grundsätzlich Vorrang. „Eine schwierige Situation, die die Gerichte möglichst umgehen wollen.“ Barbara Hellenthal, beim Landratsamt zuständig für Jugendhilfe, pflichtet dem bei. „Wir setzen das Alter, in dem Kinder sich einbringen können, schon ziemlich früh an.“ Wichtig sei, mit allen Beteiligten intensive Gespräche zu führen.

    Ein gespendetes Organ abzulehnen sei im Möglichkeitsbereich eines Kindes durchaus denkbar, führt Dr. Peter Müller, Chefarzt beim Kreiskrankenhaus Günzburg, an. „Ein Kind, das eine Organspende ablehnt, hat in der Regel bereits eine medizinische Odyssee hinter sich. Hat bei Chemotherapien schon die Hölle durchlitten.“ Deshalb sei eine Ablehnungshaltung durchaus nachvollziehbar, meint er – er habe es selbst schon erlebt. Im Übrigen bemängelt er die im Film dargestellten Krankenhausmethoden als realitätsfern und, zumindest hier bei uns, nicht praktikabel. Die Frage der Ethik eines menschlich-medizinischen Ersatzteillagers wirft der gesprächsleitende Professor auf. „Jedes Kind hat seinen eigenen Wert und sein eigenes Recht“, antwortet die behördliche Jugendanwältin. Deutschland lebe mit der vom

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