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Dürrlauingen: Versuchter Mord bei altem Klärwerk: Wie krank ist der Angeklagte?

Dürrlauingen

Versuchter Mord bei altem Klärwerk: Wie krank ist der Angeklagte?

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    Nahe dem alten Klärwerk von Dürrlauingen ereignete sich die Tat. Der Angeklagte und sein Opfer hatten sich dort zufällig getroffen. Als der 15-Jährige ihm den Rücken zudrehte, stach der 18-Jährige mit einem mitgebrachten Messer in dessen Nacken.
    Nahe dem alten Klärwerk von Dürrlauingen ereignete sich die Tat. Der Angeklagte und sein Opfer hatten sich dort zufällig getroffen. Als der 15-Jährige ihm den Rücken zudrehte, stach der 18-Jährige mit einem mitgebrachten Messer in dessen Nacken. Foto: Bernhard Weizenegger

    Im Prozess wegen versuchten Mordes vor dem Landgericht Memmingen dreht sich weiter alles um die Frage, inwiefern der Angeklagte überhaupt für seine Tat verantwortlich gemacht werden kann. Wie berichtet, hat ein 18-Jähriger im Juni 2019 einen 15-Jährigen in Dürrlauingen von hinten mit einem Messer angegriffen. An zwei Verhandlungstagen sind nun mehrere Ärzte und Polizeibeamte zu Wort bekommen. Sie zeichnen ein zwiespältiges Bild.

    Schon zum Prozessauftakt hatte der Angeklagte mit eigenen Worten über den Verlauf seiner psychischen Erkrankung berichtet. Von Depressionen hatte er gesprochen, von Angststörungen und Autismus, von mehrfacher Selbstverletzung und Suizidversuchen.

    Versuchter Mord in Dürrlauingen: "Kein einheitliches Bild" von Krankheit des Angeklagten

    Ärzte des Günzburger Bezirkskrankenhauses (BKH) und des Augsburger Josefinums, wo der Angeklagte zeitweise untergebracht war, schilderten als Zeugen ihren Eindruck vom Patienten. Sie beschrieben den 18-Jährigen am zweiten Prozesstag teilweise als nicht besonders auffällig eingestuft, andererseits jedoch als schizophren und suizidgefährdet, wie Jürgen Brinkmann, Sprecher des Landgerichts, unserer Redaktion berichtete. Insofern habe sich über das Krankheitsbild des Angeklagten für die Strafkammer „kein einheitliches Bild“ ergeben.

    Wie Richter Christian Liebhart am dritten Prozesstag informiert, sei der Angeklagte aber dazu bereit, weitere medizinische Untersuchungen mitzumachen. Sie werden am BKH in Regensburg durchgeführt, wo der junge Mann derzeit in der Forensischen Psychiatrie sitzt. Das Gericht erhofft sich dadurch weitere Erkenntnisse über den Zustand des Angeklagten. Eine endgültige ärztliche Einschätzung über die Schuldfähigkeit des 18-Jährigen wird aber erst durch den psychiatrischen Gutachter erfolgen, der den Prozess derzeit genau verfolgt. Er wird seine Einschätzung voraussichtlich am letzten Prozesstag geben, der für den 19. Februar angesetzt ist.

    Dürrlauingen: Polizisten nehmen vorbeiradelnden Angeklagten fest

    Während beim zentralen Thema der Schuldfähigkeit immer noch vieles unklar ist, wird der Ablauf der Tat immer klarer. Mehrere Polizisten erzählten im Zeugenstand ihre Sicht der Dinge. Sie deckt sich weitgehend mit der Erzählung des Opfers. Zunächst war der 15-Jährige nach dem Angriff zu Boden gegangen, der Angeklagte fuhr mit dem Fahrrad davon. Das Opfer blieb jedoch bei Bewusstsein. Ärzte stellten später fest, dass es wohl Zufall war, dass der etwa 20 Zentimeter tiefe Stich weder Lunge noch große Blutgefäße verletzt hatte. So konnte der Jugendliche Richtung St.-Nikolaus-Heim laufen und ein Auto anhalten.

    Aus dem Wohnheim im Förderungswerk St. Nikolaus in Dürrlauingen kannten sich der Angeklagte und sein Opfer. Die Bluttat geschah nicht weit davon entfernt.
    Aus dem Wohnheim im Förderungswerk St. Nikolaus in Dürrlauingen kannten sich der Angeklagte und sein Opfer. Die Bluttat geschah nicht weit davon entfernt.

    Eine Streife fand den 15-Jährigen nahe dem Wohnheim am Straßenrand auf dem Boden sitzend. Er konnte nur den Vornamen seines Angreifers angeben. Wenig später radelte der 18-Jährige aber in einiger Entfernung vorbei, Beamte der Polizeiinspektion Günzburg setzten ihn fest. „Er ist sofort hergekommen, hat nicht nachgefragt, um was es geht“, erzählt ein Polizist vor Gericht. Andere bestätigen, dass der 18-Jährige alles stillschweigend hingenommen habe, sogar „auffällig ruhig“ gewesen sei. In seinem Rucksack fand sich, eingewickelt in ein Handtuch, die Tatwaffe.

    18-jähriger Angeklagter war bei der Festnahme nüchtern

    Zu alldem sagt der Angeklagte nichts. Still verfolgt er die Verhandlung. Ob er alles Gesagte überhaupt wahrnimmt, ist schwer zu sagen. An die Tat und die folgenden Stunden erinnert er sich nicht. Das sagte er zu Beginn des Prozesses. Alkohol und Drogen scheiden als Grund dafür aus. Das bestätigen zwei Gutachter, die Blut- und Haarproben des Angeklagten untersucht hatten. Er hatte zum Zeitpunkt seiner Festnahme 0,0 Promille. Dabei hatte der Angeklagte angegeben, wenige Stunden vor der Tat noch mehrere Gläser Wodka getrunken zu haben. Lediglich Rückstände von Psychopharmaka wurden gefunden. Die hatte er allerdings von einem Arzt verschrieben bekommen.

    Der Prozess wird am 14. Februar mit weiteren Zeugenaussagen fortgesetzt.

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