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Dorfserie: Ein paradiesisch schönes Fleckle

Dorfserie

Ein paradiesisch schönes Fleckle

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    Ettlishofen im Bibertal erkennt man schon von Weitem am Fachwerkbauernhof der Familie Benz.
    Ettlishofen im Bibertal erkennt man schon von Weitem am Fachwerkbauernhof der Familie Benz. Foto: Bernhard Weizenegger

    „Des Dörfle schmiegt ins Tal sich nei, dr Osterbach – er fließt vorbei, s’gibt Felder, Wiesen und auch Wald, a richtig schönes Fleckle hald. Und als Bewohner, des isch gwieß, da moinsch du bisch im Paradies.“

    So beschreibt Dichter, Landwirt und Mesner German Schwehr seinen idyllischen Heimatort Ettlishofen. Das ehemals eigenständige Dorf gehört seit der Gebietsreform zur Einheitsgemeinde Bibertal und damit zum Landkreis Günzburg – nicht wie zuvor zu Neu-Ulm. 161 Menschen leben dort, die meisten von ihnen schon seit Generationen, zum Teil seit Jahrhunderten.

    Genausolang prägt ein Haus mitsamt seiner Bewohner das Ortsbild: Der Fachwerkbauernhof von Familie Benz an der Deiblerstraße. Wer durch den Ort fährt, kommt unweigerlich an dem großen Haus mit den leuchtend roten Balken und grünen Fensterläden vorbei, viele Autofahrer bleiben stehen und schauen es aus der Nähe an. Fünf Stockwerke ragen in den Himmel, oben im Kornhaus sind bis heute die alten Fenster mit Holzverkleidung und ohne Glas erhalten. 1741 wurde der Bauernhof erbaut, seit 1811 gehört er der Familie. Der heutige Besitzer Eugen

    Nicht nur handwerklich brachte sich der Landwirt in die Ortsgemeinschaft ein. Zeitweise verwaltete er die Gemeindekasse, war jahrzehntelang Mitglied im Pfarrgemeinderat, bei den Schützen und bei der Feuerwehr. Dort schaut er auch heute noch gern vorbei – wenn in Ettlishofen etwas los ist, dann meistens im Gemeinschaftshaus der

    Früher stand hier das Lagerhaus

    Das wurde im Zuge der Dorferneuerung vor 20 Jahren gebaut. Früher stand an der Stelle das Lagerhaus, erzählt Kommandant Alban Wolf. „Eigentlich war erst ein großes Gemeinschaftshaus im Ort geplant“, erinnert sich der 58-Jährige. Doch daraus sei nichts geworden. Stattdessen gibt es nun den großen Raum bei der Feuerwehr, der auch für private Feiern genutzt werden darf. Sogar den Gottesdienst feierten die Ettlishofer eine Zeit lang dort, als die Kirche renoviert wurde. Neben St. Georg und St. Leonhard haben die Bewohner einen Dorfplatz geschaffen, an dem sie jedes Jahr ihren Maibaum und an Weihnachten ihren Christbaum aufstellen.

    Eine Halterung erleichtert ihnen dabei das Aufstellen. „Wir wären wahrscheinlich gar nicht mehr genug Männer, um sie so wie früher mit den langen Holzstangen aufzustellen“, sagt Ulrich Wolf, der 45 Jahre der Wirt am Ort war und in dessen Stube es in den letzten Jahren immer leerer geworden ist. Traditionen – die sind den Ettlishofern wichtig. Erst vor Kurzem haben sie sich nach Mariä Himmelfahrt am Dorfplatz getroffen, Anfang August fand das jährliche Dorffest statt. Klein und beschaulich sei es, erzählen sie. Aber genau richtig für die Ettlishofer, sagt der 83-jährige Wirt. Organisiert wird es immer im Wechsel von Feuerwehr und Schützen. Die größte Veranstaltung im ganzen Jahr ist wohl der Leonhardiritt, bei dem zahlreiche Gespanne auch aus dem Umland durch den Ort ziehen, am Fachwerkhof der Familie Benz vorbei, hinauf zur Kirche.

    Im Dezember ist Klopferstag

    Und sogar einen selten gewordenen Brauch haben sich die Ettlishofer erhalten: den Klopferstag im Dezember. Die Kinder gehen von Haus zu Haus und kündigen mit einem Gedicht die baldige Ankunft des Jesuskindes an. Dafür bekommen sie Süßigkeiten geschenkt. Gerlinde Strzoda, die im Ort Kapelle und Friedhof pflegt und sich auch sonst einbringt, wo sie kann, erinnert sich noch genau an das Gedicht.

    „Jetzt kommen die Klopfer und sagen es an, dass Jesus Christ bald kommen kann. Wenn er kommt, ist Heil im Haus, holla, holla, Klopfer raus.“

    Den zweiten Teil des Reims kann Feuerwehrkommandant Alban Wolf beisteuern: „Äpfele, Birale, Nuss, der Klopfer der stot duss.“

    Äpfel und Birnen, so wie die armen Kinder vergangener Zeiten, seien nicht mehr besonders angesagt, erzählt er, lieber Schokoriegel. Keine Obstbäume, aber sonst fast alles, was die Gärtnerseele höher schlagen lässt, pflanzen die Ettlishofer an ihrem „Stranger“ an. Der ist ein Gemeinschaftsfeld, auf dem jeder kostenlos Gemüse und Blumen anbauen kann. Ein Bauer aus dem Dorf stellt ihn zur Verfügung, sogar Wasser zum Gießen stellt er bereit. Gerlinde Strzoda hat Zucchini angepflanzt, Leuchterblumen und sogar Artischocken. „Die wachsen hier wunderbar“, sagt sie. Überhaupt kommt die 77-Jährige gern zu dem Acker, der gleich neben ihrem Haus liegt. „Hier trifft man Leute, die man sonst nicht sehen würde. Und kommt unweigerlich ins Gespräch.“ Sie helfen sich gegenseitig, tauschen Gemüse und Setzlinge aus. Einen Teil bewirtschaften die Ettlishofer gemeinsam – den Kartoffelacker. Viel ernten werden sie dort heuer aber nicht, es hat zu viel geregnet. Wenn die Füße schwer werden, können sich die Gartler auf einer Bank ausruhen. „Da sitzen immer nur die Männer“, sagt Strzoda und lacht.

    Früher war die Wirtschaft sehr voll

    Früher, so erinnert sich Wirt Ulrich Wolf, saßen die Ettlishofer Männer jeden Sonntagabend bei ihm in der Wirtschaft. Es sei so voll gewesen, dass sogar die Fensterbänke als Sitzgelegenheiten herhalten mussten. Doch das sei lange her. Inzwischen hat er die

    Eine Bildergalerie finden Sie hier - und den zweiten Teil unserer Serie können Sie hier lesen.

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